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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Dworaczek, Wilhelm: Wiener Ausstellungen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0267

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Nr. (5

Die A u n st - H a l l e.

23 t

so gut vertreten, wie schon lange nicht. Lr hat eine
etwas stärker austragende Farbenbehandlung gewählt
und scheint auch im Motiv vertiefter, und namentlich
in dem sehr guten Temperabild „Zypressen" voll
Stimmung und Kraft in der Durchführung. Lin ähn-
liches gilt von Ld. Kasp arides. Lr hat aus seinen
kühnen, zuweilen spielerischen Beleuchtungsexperimenten
diesmal reine und tiefe Wirkungen geholt. Leine Vor-
liebe, die Natur — mit besonderer Berücksichtigung des
koloristischen Gefühls — zu stilisiren, hat ihn allmählich
zu einer größeren und dennoch nicht unwahren Natur-
auffassung geleitet. Lein großes Bild „Winterabend"
ist von prächtiger und farbig schöner Wirkung. Lin
neuer, und wie es scheint begabter Mann, tritt im
„Hagenbund" mit Naoul Frank auf den plan. Lr
hat eine breite, frisch zugreifende Art, die sich kurz und
klar auszusprechen liebt. Freilich ist seine Behandlung
der Farbe noch nicht völlig durchgebildet und erscheint zu-
weilen noch ein wenig eintönig. Lin neuer Name im
„Hagenbund" ist auch Frau Wisinger-Florian. Die
ausgezeichnete Künstlerin, die erst kürzlich bei pisko jn
einer neuen Kollektivausstellung wieder ihren großen
Fleiß und ihr starkes Können erwies, hat ein „Hirsch-
futter" betiteltes Bild ausgestellt, den Fuß eines wilden
Kastanienbaumes darstellend — das mit seiner Frische
und Naturwahrheit, seiner energischen und kräftigen
Farbenbehandlung mit unseren besten Landschaften in
die Lchranken treten darf. Auch Ferdinand Dorsch,
der gleichfalls kürzlich bei pisko in der Kollektion der
„Elbier" ein paar vortreffliche Bilder hatte, ist recht
gut vertreten. Lein Ltimmungsbild „Der wirthin
Töchterlein", das ein freilich durchaus nicht neues
Motiv, („Der Heimgekehrte an der Bahre der Geliebten")
behandelt, hat eine feine tieftönige Farbenstimmung
und ist von echter Nomantik angehaucht.
Bedeutende Fortschritte hat auch Hans Nanzoni
gemacht, dessen „Alter Friedhof bei Marienbad" viel-
leicht Las beste Bild dieses Künstlers ist. Ich habe
wenigstens noch niemals soviel Konzentration, Einheit-
lichkeit der Ltimmung und glückliche Wahl des Motivs
bei ihm verschmolzen gefunden. Möchte man noch von
den Landschaften Richard v. Drasch e's frische Tempera:
„Frühling", Hans v. Hayek's „Der Dorfkanal", Josef
Z. Beyer's farbigfeines Pastell „Frühlingsabend an
der Donau", sowie Gustav Bamberger's vorzügliche
„wintersende", „Alt-Kraus" und,, Winterabend" in der
ruhigen und kräftigen Art dieses Künstlers lobend er-
wähnen, dann bliebe immer noch ein Wort besonderer
Beachtung dem prächtigen Münchener Lmanuel Hegen'-
ba rth, dessen breite, wuchtige, sedes Detail verachtende
Art so unendlich srisch und überzeugend wirkt. Auch
Rudolf Konopa's Landschaft und dessen frisch und
gesund empfundene „Hirtin" sollen nicht vergessen
bleiben. Lehr stark mit dem unmittelbaren Reiz echter
und tiefer Heimatkunst wirkt Zo2a Uprka mit einer
prächtigen „Herbststimmung" und dem „Ochsengespann"
— in einigem Abstande, aber noch immer voll feiner
Kräfte, der Prager Llavieek, während ich mich dies-
mal mit den koloristischen Effekten Hudaöeks in zwei
Meerbildern nicht recht befreunden kann.
Ganz vortrefflich ist hingegen Ludwig Ferdinand
Graf, dessen „Lelbstbildniß" von außerordentlicher
Feinheit und entzückender Farbenwirkung ist. Ungleich
kühner wird desselben Künstlers „Legelboot" mit einer
Fülle von unglaublich schwierigen Lichteffekten und
einer Leuchtkraft, des reflektirten Sonnenlichtes, die be-
wundernswerth ist. Auch Robert Lchiff hat mit
seinem großen Melgemälde, „Das Kreuz", einen Zug
ins Große erwiesen, dessen man sich freuen darf. Das

Bild ist wohl etwas groß in den Dimensionen, ent-
schädigt aber durch das eigenartige, vielleicht an die
Geistesrichtung Uhde's gemahnende Motiv. Arbeiter
zimmern an dem Kreuz des Herrn, indes ein junges,
blühendes Weib, das Kind an der Brust, halb neugierig
halb mitleidig zusieht. Ls ist viel Kraft und Empfin-
dung hier auf das glücklichste verschmolzen und auch
die technische Durchführung muß durchaus gelobt
werden. Von einer kecken, fast nervösen Noblesse ist
L chiff's Ausdrucksstudie „portrait der Frau Aberbanell".
Walter Hampel's feine Koloristik bewährt sich auch
diesmal in dem portrait der Tänzerin Eva Touquay,
das überdies durch die lebensechte temperamentvolle
Haltung und eine dabei zu Tage tretende überaus
kühne Verkürzung in der Zeichnung des rechten Armes
besonders bemerkenswert^ ist. Nur der etwas ä la
Klimt stilisirte Kopf hat mich ein wenig befremdet.
Auch desselben Meisters Oelbild „Der Zwerg und das
Weib" wird durch seine kühne und virtuose Verschmel-
zung von breiter Behandlung des Ganzen neben sorg-
fältigster bis zur Feinheit des Zeichenstifts gehenden
Behandlung bestimmter einzelner Details, sowie durch
den feinen Vorwurf interessieren. Zn Fritz Heg en-
bar th lernen wir einen Radirer von feinem Geschmack,
guter technischer Durchbildung und interessanter
Gedankenkraft kennen, während Joseph Heu sich durch
die eine vorzügliche portraitbüste und die große, den
Mittelraum der Ausstellung einnehmende Brunnen-
gruppe „Befreiung der Ouelle" hervorragende Beach-
tung sichert. Die beiden Riesen, die mit ungeheurer
Kraftanwendung die Felsblöcke wegwälzen, um eine
unterirdische Ouelle freizulegen, sind Akte von wuchtiger
Durchbildung und überaus geschickt verwerthet. Man
muß diese starke und kräftige Leistung des noch sehr
jungen Bildhauers nach Gebühr würdigen, denn es
spricht sich ein keckes, bildhauerisches Empfinden darin
aus, von dem man auch nicht befürchten müßte, daß
es etwa in den Banden der plastischen Konvention stecken
bliebe. Alles in allem diesmal eine sehr erfreuliche
Auslese.
3. Lalon pisko.
Im Kunstsalon Pisko ist z. Zt. eine Kollektion von
Werken ungarischer Künstler zu sehen. Ls ist viel gutes
darunter. Merkwürdigerweise vermißt man gerade
eine gewisse bodenwüchsige nationale Selbstständigkeit.
Belgische und französische Kunst hat vielleicht am
meisten Einfluß geübt. Lehr klar, angenehm und sinn-
haltig wirkt L. Bihari in einer Reihe Landschaften,
während K. Ferenczy recht roh in der Farbe erscheint
und nur durch ein paar glückliche koloristische Effekte
interessirt. Aehnliches gilt von Ad. Fönyes, dessen
breite und etwas rohe Technik mehr Kraft vermuthen läßt,
als in den gewählten Motiven liegt, so daß der Ein-
druck eines äußerlich robusten Wesens ohne künstlerische
Vertiefung zu Tage tritt. Das Gleiche ist bei Kern-
stock der Fall, auf den der französische Impressionismus
stark eingewirkt, ohne daß seine Natur denselben glück-
lich zu verarbeiten vermöchte. Bei Kszdi KovLcs
tritt der Einfluß Tourtens' hervor, während Glatz,
Hari, paäl, Rippl-Nonai, Kann und Zzlänyi
zum Theil recht tüchtige gut gesehene Landschaften
bieten, die auch zuweilen das nationale Kolorit
erkennen lassen. Voszary, der zuletzt bei Laurens und
Tonstant in Paris studirte, liebt große Farbenflecke mit
rein koloristischer Wirkung, etwa wie Valloton, jedoch
ohne dessen Ltilisirung zum Dekorativen, die dieser
Art von Technik noch am ersten Berechtigung verleiht.
Dadurch wirken seine Landschaften zuweilen fast wie
 
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