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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Dworaczek, Wilhelm: Wiener Ausstellungen, [2]
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Kunstausstellung der Berliner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0268

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Die Kunst-Halle

Nr. la

ein roher Maueranwurf. In der Farbe ungleich feiner
ist er merkwürdigerweise im Figuralen, wie das Bild
„Frauen vor dem Spiegel" erweist. Lin paar gute
Portraitstudien sind von Kriesch, Vayda, Telcs und
Mark vorhanden. Namentlich des Letzteren prächtiges
Lildniß der schönen Frau v. Nathonyi-Morothy ver-
dient besondere Erwähnung. F. LLszlo — gegen-
wärtig der am meisten genannte portraitkünstler Un-
garns — hat einen Bauern aus der Betragne, eineu
interessauten Modellkopf, ausgestellt, in etwas älterer
Malweise verarbeitet, und ein portrait des deutschen
Gesandten in Peking, Freiherrn Mumm v. Schwarzen-
stein, das ein Repräsentationsbild im guten Sinne ge-
nannt werden kann, vielleicht hat der Künstler dem
Gesammteindruck manche von seinen feinsten künstlerischen
(Qualitäten geopfert — er erscheint gefälliger und an-
schmiegsamer als sonst —, aber es bleibt noch immer
genug an straffer Wirkung und vertieftem Eindruck zu-
rück. G. Magyar-Mannheimer ist wohl von allen
der vielseitigste. Freilich nicht immer aus eigener Art
heraus. So gemahnt er zuweilen flüchtig an Petten-
kofer, dann an die Böcklinschule (nicht direkt an diesen)
sowie an einige Franzosen und auch zuweilen an
deutsche Landschafter. Er wechselt auch die Stimmun-
gen sehr vielfach, ebeuso die technische Behandlung,
bevorzugt eine gewisse nicht ungefällige Buntheit des
Kolorits, eine Freudigkeit der Farbe, die uoch als sein
persönliches Element gelten kann. So kommt man bei
ihm, gleich wie bei den meisten andern, trotz ihrer
Tüchtigkeit und Versatilität auf den verschiedensten
Gebieten nicht zum Eindruck einer vollen eigenen Per-
sönlichkeit. Dies ist noch am ehesten der Fall bei dem
Plastiker M. Ligeti, dessen Bronze „Anonymus" eine
eigenartig vertiefte Arbeit ist und der auch einige
charakteristische Büsten ausgestellt hat. -—
Im Anschluß an diese Ausstellung veranstaltete G.
Pis ko im Verein mit dem Kunsthändler T. I. Wawra
in der Dorotheergasse eine Ausstellung und Auktion des
Nachlasses zweier interessanter Künstler, des vor einem
Jahre auf so tragische Weise dahingegaugenen Wieners
David Moss und des hervorragenden dänischen Land-
schafters Ierichau. Der jüngere der beiden, Moss,
war ein Künstler von hoher Begabung, den tiefe innere
Unbefriedigung dazu trieb, im Juni (902 in Venedig
sein Leben durch eine Revolverkugel zu endeu. Dies
mußte umsomehr überraschen, als es Mose an äußeren
Erfolgen nicht gefehlt hatte. Er hatte zweimal in
Berlin den Michael Beer-Preis und in München mit
seinem besten Bilde, dem Triptychon, „Begrabene
Hoffnungen", die goldene Medaille errungen. Wie
reich das Können des jungen Künstlers gewesen, und
welch schöne künstlerische Entwickelung ihm noch be-
schieden gewesen wäre, läßt die (Zf Nummern um-
fassende Kollektion seines Nachlasses: portraits, Land-
schaften, Studien, Zeichnungen u. s. w. erkennen. Noch
fehlte ihm die starke persönliche Note, aber seine Ar-
beiten sind durch technische Tüchtigkeit und eine warme
und tiefe Empfindung, wie man sie nicht häufig findet,
ausgezeichnet. Holger H. Ierichau, der am 2ö. De-
zember fsjOO in Horsholm starb, war einer der hervor-
ragendsten dänischen Landschafter. Eine rast- und ruhe-
lose Künstlernatur, hatte er die halbe Welt durchreist
(war auch eine Zeit lang Gast der Tzarin in Livadia)
und hatte von überall eine Fülle werthvoller Motive
und Bilder mitgebracht. Bewundernswerth sind die
Mannigfaltigkeit und der Umfang seiner künstlerischen
Ausdrucksmittel, seine virtuose Technik und sein sicheres,
von echter Naturliebe durchglühtes Schaffen der eigen-
artigsten Stimmungen der Landschaft, deren Zauber,

mag es nun die Wüste, die Farbenpracht Indiens, den
lichtfreudigen Süden, oder den nebelgrauen Norden,
Dänemark, Norwegen, die Lofoten u. s. w. schildern, —
er mit gleich liebevoller künstlerischer Macht und Ein-
dringlichkeit gerecht zu werden vermochte. Auch Ierichau
ist in verhältnismäßig jungen Jahren (kaum 40 alt)
seinem künstlerischen Streben jäh entrissen worden, als
er eben den Entschluß gefaßt hatte, sich an der öster-
reichischen Riviera (in Lovrana) für mehrere Monate
jedes Jahres dauernd niederzulassen. Dadurch ist uns
nun auch die Kenntniß seines reichen künstlerischen
Nachlasses vermittelt worden.
Paul Wilhelm.

VII. AliN5lslirLte!llmg l>erZerliner5ere5Lion.
(Fortsetzung statt Schluß).
(c^^
^?^?as Reiterbildniß von Max Slevogt hat bei all
jenen Beurtheilern, die mit zweierlei Maaß zu
messen lieben, mit einem kleinen in der Tharlottenburger
Sezessionsausstellung und mit einem großen im Moabiter
Glaspalast, gradezu Sensation erregt. In der That,
die lockere Malweise in ihrem hellgrauen Ton, die
Schilderung der Ruhe bei Roß uud Reiter verfehlen
nicht eine gute Wirkung, aber solch einen Kavallerie-
gaul, dessen Schenkel etwas dürftig gerathen sind, und
solchen Lieutenant, bei dem der „Schneid" absichtlich
vermieden wurde, haben schon Andere mit mehr Sicher-
heit und Verve gemalt. Doch, wie gesagt, bei einem
Sezessionisten wird jegliches Können gar hoch ange-
schlagen; man erwartet zu weuig davon, und man ist
in diesen Kreisen unverwöhnt, bescheiden und dankbar.
Darum gelten hier auch die äußerst schwachen Leistungen
der Breyer, Hancke, Klara Siewert u. a. Berliner als
wichtige Nummern, während sie bei der Gegenpartei
sofort als das, was sie wirklich find, erkannt werden
würden, nämlich als Malversuche, aus denen sich für
die Urheber vielleicht mal etwas Annehmbares ergeben
könnte. Nicht höher ist Turt Hermann's „Frühlings-
morgen" zu bewertheu, eine weiße Landschaft, auf
welche gelbe, grüne, blaue, violette Schneeflocken herab-
fallen: eine brutale Probe pointillistischer Scheinkunst, an
der Niemand ein Vergnügen hat.
Aber andererseits konstatire ich gern, daß in diesem
Kreise, wenn auch nur vereinzelt neue Ideen, so doch
wirkliche Fähigkeit bei Malern wie Philipp Franck,
den beiden Hübner, Paul Baum, M. Liebermann,
w. Leistikow, R. Lepsius u. a. zu treffeu ist. In der
Umgebung der Uebrigen wirken die Arbeiten der
Genannten als kräftige Schlager. Franck, der immer
mehr in's Genrefach einrückt, zeichnet nut entschiedenem
Glücke Berliner Typen, kleine Leute, die ihre Feste
feiern wie sie fallen, mit mehr Humor als z. B.
Baluschek, der einst Vielversprechende, der sich ganz
in seine Karrikaturen der Berliner Enterbten wie in
eine Sackgasse verrannt hat; ihm ist die Hand für
Natürlichkeit zu schwer geworden, womit nicht gesagt
sein soll, daß Franck's Handgelenk schon leicht genug
sei. Aehnlich hängt sich bei dem Idealisten Branden-
burg, der dieses Mal die Frau Minne als feurige
Vision eines Ritters, die Stille im Walde durch eine
träumende Jungfrau u. dgl. mehr verbildlicht, die
 
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