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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Brosch, L.: Venedig: V. Internat: Kunstausstellung
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Dworaczek, Wilhelm: XXX. Jahresausstellung im Künstlerhause, (Schluss) [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0319

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Nr. j8

Die K u n st - b) a l l e.

277

Ochsen hingeschrieben. In einer ganzen Sammlung
Bildchen hat Faber du Faur das Militärleben mit großen:
Temperament geschildert. Auch Lenbach ist nicht aus-
geblieben, besonders ist sein Prinzregent von Bayern
eine eminente Leistung; selbst Tintoretto hätte hier die
Augen nicht besser malen können.
Von Franzosen sind die Impressionisten: Monet,
Renoir, pissaro erschienen. Falsch im Lokalton erscheinen
venezianische Veduten von Alfred Smith, etwas platt,
immerhin großartig eine Prozession von Lottet; geistreich
in der Pinselführung und dabei tief erscheint L. Simon.
Sehr dekorativ ist eine Riesenleinwand des Luministen
Henry Martin. Raffaölli's Porträt in Weiß ist vor-
züglich gehängt und macht Effekt. Besnard's Bildniß,
aus dem ein zarter Silberton der Untermalung hervor-
schillert, ist ganz vorzüglich, vieles auch von Blanche;
warm und satt im Kolorit sind auch die Sachen von
Gaston La Touche.
Zuloaga's Werke, die bis jetzt in Italien unbe-
kannt waren, bilden so zu sagen den Tlou der Aus-
stellung. Seine „Trinker" haben schon einen Käufer
gefunden. Unter anderem ist auch das realistisch hinge-
xinselte „Tante Louise" da; einige Damen, die mit
ihren Schoßhündchen dargestellt sind, scheinen wirklich
Lebenswärme auszuströmen, alsdann eine mit Verve
aufgefaßte Tänzerin und dergleichen mehr. Den Gegen-
satz bildet der raffinirte, pariserische Gandara, der be-
sonders ein Porträt in Blau aufs feinste abgestimmt hat.
Mit Kühnheit malt S orolla Luft, Sonne und Menschen,
Alles breit und fett.
Der Engländer Brangwyn in seiner „Aepfel-
Ernte" zeigt sich vortheilhafter als je; saubere Land-
schaften sind auch von A. East da; farbenkräftige Bilder
aus dem Orient mit Mohrenfiguren von D. Hardy;
im Porträt exzelliren Whistler und Lavery, der Schotte;
breit und doch merkwürdig verschmolzen ist die Pinsel-
führung Sargent's. Von Dänemark möchte ich das ge-
spenstige Bild Hammershoi's erwähnen: auf den fünf
Gesichtern, von welchen einige meisterlich charakterisirt
sind, bricht sich der Schein von kaltem Kerzenlicht, es
gruselt Einem, wenn man davor steht. Der Künstler
wollte dies, hat es erreicht und verdient alle Anerken-
nung. So lebensstrotzend, wie Kroyer sein Porträt des
Dr. Schandorph aufgefaßt, haben nur Wenige Derartiges
vermocht, wirksam ist auch des Schweden A. Zorn's
Bildniß der Frau M., man glaubt das Ewigweibliche
herauszuspüren; noch eine Dame in Roth, brillant in
koloristischer Wirkung, stellt derselbe Künstler aus. Helles
Freilickt giebt der Belgier Tlaus in seinem „Herbstbild".
Mystisch wie immer wirkt auch diesmal Khnopff in einem
Diptychon und einein Porträt.
In der graphischen Abtheilung sieht man Baertson,
Neuenborn und Rnger, letzteren mit einem „Bachanal"
nach Stucks Bild. Auf den Armenier Edgar Thahine
sind wir schon oft aufmerksam geworden: keiner hat die
Technik so von den Fingern weg; er erzielt famose
malerische Wirkungen und die feinste Transparenz, wie
es bei der Radirkunst äußerst selten ist. Als Sohn des
sonnenhellen Orients besitzt er Phantasie und kühne,
rasche Auffassungsgabe. Eigenartig wird von ihm der
Tharakter jeder Figur erfaßt; all das prickelnde,
Moufsirende und Raffinirte der modernen Pariserin wird
mit Vornehmheit präsentirt, die verschwiegensten Laster
und Allüren werden mit Decenz berührt. Der Bummler
auf den Boulevards, der Trinker und Andere kommen
ebenfalls nicht zu kurz. Durch die kalte Nadel werden
das zarteste Sfumato und gedämpfte Töne, durch wieder-
holte Aetzung der Partien, zur richtigen Anwendung

gebracht. Und doch merkt man dies mühsame Können
der Technik nie heraus.
Der Bildhauerei ist nut zwei Worten zu ge-
denken: Rodin, Meunier, Rousseau, Frampton, van der
Staxpen und Troubetzkoy sind vertreten; ein viel ver-
sprechendes Talent bekundet der junge Belgier Bins-
broek mit seinen zwei korrekt und gefühlvoll gehaltenen
Uochreliefgruppen.
Hier brechen wir nun unsere mühevolle Durch-
wanderung der V. Internationalen ab. Bisher war
thatsächlich fortschreitender Verfall zu buchen: fZHö
stellte sich die englische und schottische Kunst beinahe
vollzählig ein; f897 bildeten die Japaner den Tlou;
j899 mußte ein Todter aus dem Grabe geholt werden:
Giacomo Favretto. Das vorletzte und das jetzige
Unternehmen haben die Situation des Bergabs nicht
verändert. Was nun? Wird künftig der Nullpunkt
eintreten, oder wird endlich der ersehnte Aufschwung
der italienischen Kunst folgen? Die reklamehafte
Inszenirung allein giebt absolut keine Garantie dafür.
Die That allein wird entscheiden. Und erst dann kann
die venezianische Ausstellung auch in den Augen der
fremden Nationen an Bedeutung und Ansehen gewinnen.

Vien:
XXX. ZslireLEckeHung im XünrtlerkLULe.

(Schluß.)
(Z))^ächst dein portrait nimmt wie stets auch diesmal
die Landschaft den breitesten Raum ein und hat
auch die besten Darbietungen aufzuweisen. Da sind
vor Allem die Worpsweder! Voran Hans am Ende, der
diesmal in so ungewöhnlich großem Format erschien, daß
er mit seinem „Herbstpracht" betitelten Gemälde mit
einem Platz im Stiegenhause vorlieb nehmen mußte,
was aber der Wirkung desselben glücklicherweise keinen
Abbruch thut. Ls ist so voll bewundernswürdiger Leucht-
kraft der Farbe, daß man fast an Makart denken
möchte, wenn dieser ein Landschafter gewesen wäre,
und auch nur etwas von dem erdfrischen Natur-
empfinden der Worpsweder besessen hätte. Desselben
Künstlers „Ouelle im Harz" ist gleichfalls voll feiner
Farbenkräfte. Fritz Overbeck's „Im Moor", „Buch-
weizenfeld am Berge" und „Der Tannenwald" sind voll
der starken und innigen Naturbeobachtung und der
kräftigen Liebe, die aus diesen Künstlern spricht.
Sehr stark und recht gut ist ferner Hugo Tharle-
mont vertreten, der auch eben bei pisko eine reich-
haltige Kollektion zur Ausstellung brachte. Ohne ge-
rade besondere Sensationen zu bieten, wirken in seinen
gefälligen Landschaften ein angenehmer diskreter
Farbensinn und anspruchslose Naturstimmung glücklich
zusammen. H. Tomec scheint diesmal aus seiner be-
reits beliebt gewordenen Art herausgetreten zu sein.
Er wirkt minder frisch und unnüttelbar, als man es
von ihm gewöhnt ist. Ganz vortrefflich in Farbe und
kräftiger Durchbildung ist diesmal Adolf Ditscheiner,
während Tarl Pipxich im „Blick auf die Ringstraße",
wieder eine seiner prächtigen Veduten bietet, denen
man immer gern begegnet. Rudolf Nibarz, der sich
an den Franzosen so fein gebildet hat, scheint diesmal
 
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