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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Haenel, Erich: Dresdner Brief [2]
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0069

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4 D i e A u It st - a l l c.

eine kräftig zugreifende Beobachtung und ein gesundes, einer
breiteren Technik zuneigendes Rönnen nicht absprechen darf.
Mehrere Bilder aus Griechenland schaffen für die atmos-
phärischen Besonderheiten der sonnendurchglühten Bergöden
eine zwar nicht neue, aber überzeugende malerische Ausdrucks-
weise. Von den ausgeführten Bildern steht uns am höchsten
eine kserbstlandschäft, Motiv aus der Rhön, aus der ein echter
dramatischer Accent spricht; auch der Blick auf die Wartburg
verdient, seines musikalisch empfundenen Etimmungsgehalts
wegen, genannt zu werden. Der pauch von Liebenswürdig-
keit und würde, der das Werk dieses letzten Repräsentanten
einer, trotz allein, großen künstlerischen Epoche umschwebt,
wird allen denen zum wehmüthigen Genuß werden, die der
nut den sympathischesten menschlichen Eigenschaften begnadeten
Persönlichkeit des Dahingeschicdenen im Leben haben nahe-
treten dürfen.
Dein Wege, der uns zuletzt, gelegentlich der Ausstellung
von Werken französischer Künstler bei E. Arnold, von den
Fontainebleamrn zu den Impressionisten führte, ist jetzt eine
neue Etappe airgereiht; indem eine gewählte Zahl von
Arbeiten des Reoimpressionissmus, der Signac, Tross,
Seurat, Theo van Rysselberghe, Luce, neu aufgestellt wurden.
Daß der Theorie ihres Schaffens, wie sie Paul Signac in seiner
Schrift „D'Lugäne Dälacroix au Räoimpressionisme" mit klarer
Systematik festlegt, eine starke Dosis wissenschaftlicher, ver-
standesmäßiger Berechnung innewohnt, ist oft betont worden.
Die Analyse des Lichteindrucks in primäre Farben, die mosaik-
artig nebeneinandergesetzt dem Auge zur Verschmelzung über-
lassen werden, muß bei konsequentem Vorgehen zu einem
malerischen Stil sichren, der die Persönlichkeit als stilbildenden
Faktor nahezu vollständig ausschaltet. Diese Folgeerscheinung
ist auch in der That nicht ausgeblieben; die Arbeiten dieser
Künstler sind kaum für den Renner nach der Individualität
des einzelnen Meisters von einander zu scheiden. Das große
Bild von Signac „Im Pafen von St. Tropez", das man
ohne Schwierigkeiten als Entwurf für eine Scherrebeksche
Weberei ansehen und schätzen könnte, würde in dem Meuvre
Rysselberghes durchaus kein Befremden erregen. Riemand
wird leugnen, daß es den Künstlern fast stets gelungen ist,
das grelle Sonnenlicht, wo es darauf ankommt, mit der vollsten,
geradezu blendenden Energie zu firiren, die Leuchtkraft der
Farbe selbst bis zu einer unerhörten Intensität zu steigern;
feinere Gefühlswerthe indeß wird man vergeblich in diesen
Arbeiten suchen, die theilweise schon hart an der Grenze des
Dekorativen stehen. Dagegen wird der „Knabenakt mit Ratze"
von Auguste Renoir, dem Gesinnungsgenossen Degas', ein
feines Stück kühler und diskreter Malerei, der klassischen Zeit
des Impressionismus leicht Freunde erwerben. —
Line Monumentalkonkurrenz eröffnet unsrer Stadt die an
uird sür sich ganz erfreuliche Aussicht, einen neuen Schmuck in
Gestalt eines M o z ar td e n k m a ls, in den Anlagen der
Bürgerwiese zu erhalten. Vorläufig indeß itt das klrtheil noch
nicht gefallen, welche Arbeit des durch den Mozartverein ver-
anstalteten Wettbewerbs die erlesene sein soll. Unter den drei
Dresdner Künstlern hat Richard König zweifelsohne die
stärkste Taleirtprobe abgelegt. Seine Gestalt eines begeistert
aufblickendes Weibes, zu deren Füßen sich ein gebändigter
Löwe schmiegt, ist von hohem Schwung der Bewegung und
jenem spezifisch plastischen Formengefühl, das alle Arbeiten
dieses hochbegabten Künstlers auszeichnet. Auch als monu-
mentale Silhouette wirkt die Gruppe vorzüglich; den Sockel
möchte man sich etwas weniger massig wünschen. Die Idee

einer, vom Spinett während des Spieles zum Reliefbild
Mozarts emporschauenden Frauengestalt, die in zwei weiteren
Entwürfen verkörpert ist, hat in der Ausführung zu wenig
vom Geiste des Zeitalters, der der Schöpfer von „Figaros
Pochzeit" angehörte; auch ist hier die Architektur zu anspruchs-
voll und großartig, wede meyer läßt eine Schaar jubelnder
Putteil das Medaillon des Meisters emportragen, und seine
Komposition weist manchen anmuthigen Zug auf; aber weder
hier noch in der lebensgroßen Gestalt des jungen Mozart, die
ein andrer Entwurf aufweist, sind die Elemente eines persön-
lichen Stils stark genug, um dem wenig originellen Gedanken
besonderen Reiz zu verleihen. Partmanns Entwurf er-
innert allzusehr an einen Verkaufskiosk, und auch die Arkade
mit Bank ist keine glückliche Lösung. Es blribt zu bedauern,
daß keiner der Künstler dem Motiv eines Brunnens, das in
die gegebene Gertlichkeit so gut hineinpassen würde, mit größerer
Konsequenz nahegetreten ist.
L. paencl.
M
Zerliner AunLkcllsii.
Unter den Gemälden Münchener Künstler, die zur Zeit
den Pauptsaal im Künstler Haus füllen, ragt vor allen
Pans voll Bartels' große „Brandung in Lornwall" hervor
durch die wunderbare Raturwahrheit und Frische der Malerei.
Es ist als sähe und hörte mail den Donner der anprallenden
wogen, als athmete man den frischen, stärkenden pauch des
Meeres. —- Ein Bismarckbildniß Lenbach's aus dem Jahre
t8y6 fesselt nicht nur, wie gewöhnlich, durch die mächtige Zu-
sammenfassung des Wichtigen, nicht nur durch die Kraft der
Lharakteristik, sondern besonders dadurch, daß es eines von
den Bildnissen ist, in denen der Meister weniger als gewöhn-
lich mit den von ihm so bevorzugten altmeisterlichen Tönen
gearbeitet hat. Im Gegentheil hat er hier die frische, beinahe
jugendliche Gesichtsfarbe des Kanzlers, die ihm bis ins späte
Alter geblieben, stark, wirkungsvoll und mit großer Treue
geschildert. Von Philipp Läszlo sieht man sein schon bekanntes
Porträt des Papstes, das durch Feinheit der Töne und Tiefe
der Auffassung über die meisten seiner neuereil Arbeiten sich er-
hebt. Diese Feinheit der farbigen Erscheinung zeichnet auch
den anmuthigen Etudienkopf aus, den der Künstler ebenfalls
hier ausstellt; bedeutender aber erscheint doch der gegenüber
aufgehängte Kopf eines alten „Ungarischen Bauern". In
dieser flüchtig hingestrichenen skizzenhaften Etudie tritt mehr
als iil sehr vielen seiner sorgsam durchgeführten Bildnisse sein
starkes, ursprüngliches Talent zu Tage.
Auch Rafael 5 ch uster-w old an stellt ein Porträt aus,
das einer Dame, einen vollwichtigen Beweis seines großen
Könnens und seiires malerischen Empfindens. Lehr schön steht
das Mattrosa des Kleides gegen den dunkelbraunen pinter-
grund, und sehr lebenswahr hebt sich die schlanke Gestalt, die
sich mit den pänden auf einen mit weißem Fell bedeckten
Divan stützt, heraus. Ganz anderer Art, aber nicht minder
schön, ist eine zweite Arbeit des Künstlers, sowohl in zeichne-
rischer wie in malerischer Pinsicht, ein stimmungsvolles phan-
tasieftück „An deir Pforten der Dämmerung", das drei weibliche
Gestalten vor einer weithin sich dehnenden blühenden Land-
schaft zeigt. —- Auch Georg Echuster-Woldan ist gutven
 
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