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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Haenel, Eric: Dresdner Kunstbrief
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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0286

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2^8

Die Aunst - Halle.

Nr. H6

tonig hingestrichenen dekorativen Evabild eine eigne Note nicht
absprechen, ebensowenig Rod. Schiss, der einen ausgezeichnet
lebensvollen weiblichen Ganzakt bringt, und Ferd. Gras mit
einem etwas gesuchten, aber immerhin vornehmer: Damenporträt.
Die Landschafter Kasxarides, Bamberger und Wilt zeigen
einen flotten, in: Kolorit ost sehr wirkungsvollen Stil; Germela
erreicht mit den Studien spanischer Tänzerinnen nicht die pöhe
seines, aus München OO, Düsseldorf (Y02 und sonst bekannten,
Damenbildnifses. Den Radirungen von Fritz Degenhardt, die
eine von Klinger naturgemäß lebhaft beeinflußte Natursymbolik
mit höchst gewandter Technik pflegen, ist man auch schon
früher begegnet. Das, was böse Menschen „Gschnasstil"
nennen, entsaltet sich in reinster Nuanee in dem Katalog, der
für so Pfennige wohl die Namen der Aussteller etwa vier-
mal in stolzester Antiqua auf Büttenpapier, dafür aber keine
Illustrationen bringt. Das Publikum ist den Reizen des
dekorativer: Femininismus, unter dessen Zeichen das Auftreten
der pagenbündler steht, widerstandslos zum Mxfer gefallen.
And das Publikum ist ja, nach D. Fr. Strauß, eine Kuh . . .
der das Ende des Versleins, das ein Jeder zur Beruhigung
selber nachlesen möge, noch die erbaulichsten Dinge nachsagt.
Das sächsische Kunstgewerbe, dessen rasche und ener-
gische Entwicklung nach neuen Zielen wir öfters beobachten
konnten, wird auf der Weltausstellung zu St. Louis in
einer einheitlichen, repräsentativen Raumgruppe ausstellen. In
einer Besprechung, die perr Architekt Möhring in Vertretung
des Reichskommissars kürzlich auf Einladung des Dresdner
Oberbürgermeisters mit einer Anzahl Repräsentanten des Kunst-
gewerbes hatte, u. a. den perren Dir. Grast, Pros. Schumacher,
Gußmann, Groß, Architekten Kreis, Kühne, MalerKleinhempel,
Juwelier Berger, bildete sich ein vorbereitender Ausschuß unter
Vorsitz von Prof. Karl Groß. Man beschloß, einen Raum von
300 <prn zu belegen, und von den Städten Dresden und Leipzig
die Erlaubnis; zur Ausstellung geeigneter Zimmer fArbeits-,
Lesezimmer, Standesamt ::. dergl.), ebenso von der Regierung
einen Beitrag zur Ausstattung eines dritten Raumes nachzu-
suchen. Um die Kraftprobe, die das sächsische Kunstgewcrbe
mit solchem Auftreten unternimmt, zu einen: positiven Ergebniß
zu führen, muß freilich noch genug Vorarbeit, manche Ver-
tiefung und sachliche Beschränkung der gegenwärtigen Produk-
tion geschehen. Daß auch Manufakturen von ausgesprochen
konservativer Richtung dem Andringen des neuen Geistes zu
weichen beginnen, zeigt eine Gruppe von Erzeugnissen, die
Villeroy u. Boch, die größte Firma auf diesem Gebiet, jetzt
unter der Flagge „Moderne Feuerkunst" im Kunstgewerbe-
museum ausgestellt haben. Das Neue liegt in der Verwendung
der geflossenen und geflammten Glasuren und der, aus west-
asiatischen Gefäßen bekannten Lüsterfarben mit Metallschimmer,
weiter besonders in dem Gebrauch der Kristallisation, wie sie
Kopenhagen und, ihm folgend, Meißen für das Porzellan auf-
genommen haben für Steinzeug. Die „art än Mn", d. h. die
künstlerische Verwerthung eines chemischen Vorganges, geht vor-
wiegend auf koloristische Effekte aus; und so findet man auch
hier eine Anzahl feiner, besonders bräunlicher und bläulicher
Töne, die den Reiz des Zufälligen tragen wie die meist lichtblauen,
schneeblumenartigen Kristalle. In den Formen dagegen wird
Anmuth und Eigenart bei diesen Töpfen, Schalen, Tintenfässern,
Vasen und Freiplastiken oft schwer vermißt. Doch wird der
Anlauf zu zeitgemäßen: Schaffen, den diese kleine Ausstellung
dokumentär:, der mächtigen und mit beneidenswerthen Mitteln
arbeitenden Organisation sicher nicht verloren gehen.
Erich paenel.

Dncliener Zriej.

nter dem Namen „Münchener Vereinigung für ange-
gewandte Kunst" hat sich, wie auch a. a. Stelle bemerkt,
ein Verein Münchener Künstler gebildet, zu welchem
das Nichtzustandekommen der Kunstgewerbeausstellung OOH
den ersten Anstoß gegeben hat. Wie schon aus dem Namen
der Gründer ersichtlich ist, sind hier so ziemlich unsere
„modernsten" Geister vertreten, deren verhältniß zum Baye-
rischen Kunstgewerbeverein nie allzu intim gewesen ist. Line
Vereinsgründung ist gewiß an und für sich noch kein Grund
zum Frohlocken. Man wird abwarten müssen, welche Früchte
aus dem neuen Bunde hervorgehen, wir sind jedoch in den
letzten Jahren etwas bescheidener geworden und freuen uns
über jedes Symptom, das uns zeigt, daß ein frischerer Zug
durch unser Kunstleben geht. Aus diesem Grunde begrüßen
wir auch das angekündigte Wiederaufleben der „Phalanx".
Wenn wir auch nicht alles bewundern konnten, was diese
Künstlervereinigung bot, so ist eine größere Vielgestaltigkeit
unserer Ausstellungsmöglichkeiten nur von Nutzen. Vorläufig
aber wird, was wir in der Zeit, wo der Glaspalast und
Sezession feiern, an zeitgenössischen Kunstwerken ausgestellt
sehen, auch die schwächsten Nerven nicht überlasten und es giebt
auch nicht halb einen Ueberblick über das Schaffen in hiesigen
Ateliers, geschweige denn in auswärtigen.
Die Kunsthandlung D. peinemann läßt sich von Emanuel
Seidl am Maximiliansplatz ein paus bauen, um seine schöne
Galerie aufzunehmen. Die jetzigen Lokalitäten in der Prinz-
regentenstraße eignen sich allerdings wenig hierzu. Trotzdem
hat diese Firma schon oft Gelegenheit gehabt, in der Kunst
des pängens sich im günstigen Lichte zu zeigen, was man
von der gegenwärtigen Ausstellung leider nicht behaupten
kann. Es ist dies recht schade, denn die „holländischen Meister",
wie die „neu erworbenen Werke" hervorragendster Künstler desIn-
und Auslandes enthalten manche perle, die aus der dicht gedrängten
Mengeherauszufinden nicht immer leicht ist. Das bedeutendsteBild
ist wohl Israels „alter Thorschreiber"; die Leinwand hat
weiche, feine Töne von ganz wundervollem malerischen Reiz
und trotzdem nichts von Verschwommenheit, sondern kraftvoll
modellirt ist der charakteristische Schädel des Alten, ein voll-
endeter Rasfetypus. Dann darf man nennen Mesdag's, wie
immer, interessante Nordseemarine, Theophile de Bock, der das
Teichwafser mit weichen, fließenden Tonvaleurs giebt, und
Iosselin de Iong's wirkungsvoll aufgefaßte „Eisengießerei";
Breitner's „Ruhestunde" und „Kavallerie-Palt" sind groß in
der Ausschöpfung der rein malerischen (Dualitäten, famos ist
Bilders van Bosse f in feinem herbstlichen Walde, Blommers
in feinem Dünenbilde. Klinkcnberg sucht seine Motive mit
Glück in Venedig, als Schafmaler sind Steelink und Weele be-
deutend, kräftige Eigenart weiß Zwart in einem Stillleben zu
zeigen. Nennen wir noch Thoorop's „Ein Kindchen", so wären
die markantesten Erscheinungen der holländischen Gruppe er-
schöpft.
Von deutschen Künstlern fiel mir ein von der Abendsonne
bestrahltes Stück Wald auf, dessen aufgelöste Töne den
Schotten sehr nahe kommen, jedoch dabei Selbstständigkeit be-
wahren. Stuck's „Glühwürmchen" sind dekorativ im guten
Sinne. Ernst Zimmermanns ff) Portraitköpfe sind uns be-
kannt; man wird aber bei öfteren: Begegnen sein feines kolo-
ristisches Empfinden und die solide Arbeit an sich bewundern.
Earl Marr malt Damen in sonnenbeschienener Laube. Von
 
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