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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Hood, Fred: Fortschritte in der Kunstgiesserei
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0324

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282

Die A u n st a l l e.

Nr. (8

Erfindung ist es, das Modelliren auf gewöhnliche Art zu er-
möglichen, d. h. ohne Anwendung erwärmter Werkzeuge, sowie
die Anordnung des Ausschmelzmodells in der negativen Form
zu erleichtern, und zwar auch bei umfangreicheren Güssen, für
welche ein Kern angewendet wird. An Stelle des in erstarrtem
Zustande unplastischen Wachses wird nun eine Masse angewandt,
die auch in kaltem Zustande so bildsam wie Ton ist, so daß
sie mit gewöhnlichen Modellirwerkzeugen bearbeitet werden
kann. Außerdem soll die Masse sich noch leichter und schneller
als Wachs ausschmelzen lassen.
Die Masse erhält nach Elmqvist am besten folgende Zu-
sammensetzung: Paraffin q.5 Theile, parz 8 Theile, Wachs so
Theile, Vaselin 3 Theile, in Gel lösliche Farbe z—5 Theile.
Namentlich Paraffin und Vaselin besitzen die Eigenschaft, die
Masse bildsam zu machen. Der große Vorzug dieser Erfindung
besteht nun darin, daß der Künstler bei kleineren Arbeiten, die
keines Kernes bedürfen, sein Werk direkt in dieser Masse
modelliren kann, ganz wie bei Perstellung eines Griginal-
Tonmodells. Ebenso kann er bei umfangreicheren Arbeiten
verfahren, bei denen am besten zuerst der Kern, dann die
Wachsschicht auf demselben erzeugt wird, wie z. B. beim
Modelliren großer Vasen. Neber diesem vom Künstler selbst
ausgeführten Modell kann nun ohne weiteres die Form her-
gestellt werden, in welche später nach Ausschmelzen der Masse
das Modell Angegossen wird. Auf diese Weise werden viele
umständliche Vorarbeiten vermieden, welche ich oben beschrieben
habe, denn wir haben es hier eben nur mit einen: einzigen,
vom Künstler selbst gefertigten Modell zu thun. Daß dieses
Griginalwerk durch das Ausschmelzen verloren geht, ohne
daß eine Kopie desselben vorhanden, ist ohne Bedeutung, weil
jedes gegossene Stück die volle Frische des Griginalwerkes
offenbart.
wenn das Ausschmelzmodell fertig ist, so wird auf dieses
die Masse aufgetragen, welche die Gußform bilden soll. Darauf
gelangt das Ganze in einen Gfen, in welchem die Wachs-
masse ausgeschmolzen und der Mantel (die Form) vollkommen
fest gebrannt wird. Die Perstellung einer einwandfreien Form,
welche einerseits genügend fest und dauerhaft ist und sich
andererseits weder verziehen, noch Risse erhalten darf, um stets
gleichmäßige Stucke zu erzielen, ist für das Resultat von
ebenso großer Wichtigkeit, wie die Perstellung eines tadellosen
Ausschmelzmodells. Man hat schon früher die Tonformen,
welche die mannigfachsten Zusätze erhalten, durch hohe
Temperaturen widerstandsfähig zu machen gestrebt. Aber die
Folge war gerade das Zerspringen, bezw. Schwinden oder
Zusammenziehen des Formmaterials. Elmqvist sieht den
Uebelstand darin, daß das Formmateria! mit dem Feuer, nut
der zur Unterhaltung des Feuers erforderlichen zuströmenden
Luft, sowie mit den Verbrennungsgasen in unmittelbare Be-
rührung kam. Man ging dabei von den Gfenkonstruktionen
aus, die zur Verfügung standen, und war in der Anschauung
befangen, daß man eine kompakte Masse nicht anders durch-
glühen könne. Elmqvist hat nun einen gleichfalls in mehreren
Staaten patentirten Muffelofen konstruirt, bei welchem die im
Gfen entwickelten warmen Verbrennungsgase all ihre Wärme-
energie gleichmäßig auf die ganze Wandung der Muffel ver-
theilen, ohne daß irgend ein Saugen oder Ziehen stattfindet.
So wird es erreicht, daß die von der Muffel eingeschlossene
Form weder Sprünge erhält, noch schwindet. Auf die Kon-
struktion des Gfens will ich hier nicht näher eingehen, da
mich dies zu weit auf das keramische Gebiet hinüberleiten
würde; es genügt mir, zu konstaliren, daß der Gfen zur Er-

reichung des Zweckes offenbar sehr geeignet ist und gleichsam
der vorbeschriebenen Erfindung des vielseitigen schwedischen
Künstlers den Erfolg sichert. Ich finde leider in den mir
vorliegenden Patentschriften keine Angabe, aus welchem Stoff
der Erfinder die Formmasse bilden will. Er scheint auch hierin
von dem bisherigen Gebrauch abzugchen, da angedeutet wird,
daß ein Material zur Verwendung kommen soll, das beim
Erhitzen weniger als das sonst übliche die Neigung zur Gas-
bildung zeigt. Vielleicht haben wir noch weitere Patente des
Erfinders zu erwarten.
Die große Bedeutung des Verfahrens dürfte einmal in
der Vereinfachung und Abkürzung der ganzen Arbeit, in der
getreuen Uebereinstimmung der Masse mit dem Driginalmodell
des Künstlers und endlich in der Sicherheit zu finden sein,
mit der man stets auf ein gutes Gelingen des Gusses rechnen
kann. Wäre nämlich diese Sicherheit nicht vorhanden, dann
würde der Künstler sicher nicht sein Driginalmodell hergeben,
um es ausschmelzen zu lassen. Wird aber der praktische
Beweis geliefert, daß man dem neuen Verfahren absolut sicher
vertrauen kann und daß die Güsse sehr schön oder vielmehr
vollkommen ausfallen, dann wird der Künstler den Verlust
des Griginalmodells gern verschmerzen. Ls wird auch betont,
daß es kein billigeres Verfahren für den Kunstguß gäbe und
daß dasselbe ebenso sehr zum Gießen von Bronze und Silber,
wie für alle anderen Metalle geeignet sei, welche überhaupt
für Kunstgüsse Verwendung finden.

Unsere MiHung.
Franz Stuck hat in mehreren bekannten plastischen und
malerischen Schöpfungen seiner Vorliebe für die Darstellung des
nackten athletischen Körpers Ausdruck gegeben. So auch in
diesem Gemälde „Sisyxhus" von t899, das, nach F. panf-
staengl's Photographie, neuerdings in dem von Georg pirth
in München herausgegebenen Fo rmenschatz (Pest 5, 27. Ihg.)
erschienen ist. Lin Lob diesem ausgezeichneten, sehr verbrei-
teten Sammelwerk heute zu widmen, seine Vorzüge, die nicht
nur in der großen Mannigfaltigkeit des aus Vergangenheit
und Gegenwart geschöpften Kunststoffes jeglicher Gattung be-
stehen, zu erläutern, hieße gewissermaßen Eulen nach Athen
tragen, wir freuen uns indeß, den frischen Fortgang des
langjährigen Unternehmens bei dieser Gelegenheit zu konsta-
tiren.

Xunrtcdronik.
* Amsterdam. Neuer Börsenbau. Die plastisch-maleri-
schen Schilderungen in der Vorhalle sind nach Entwürfen von
Jan Toorop ausgeführt worden.
* Berlin. Städtische Kunstdeputation. Die Re-
novirung des Rathhauskellers ist mit 72 500 Mk. veranschlagt.
Line auf der Kunstausstellung vorhandene Marmorbüste des
f Stadtschulraths Bertram vom Bildhauer Riesch soll er-
worben werden. Das Gelgemälde „Ischia" von Zeidler ist der
Stadt geschenkt.
* Telle. Der Museums-Neubau nach den: Entwürfe
des Architekten Sasse-Pannover wurde begonnen.
 
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