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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Gustav, Leopold: Die Ausstellung im Glaspalast 1903, [1]
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0394

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3^

Die Run st-Halle.

Nr. 22

öfters luftlose Malerei gern mit in Rauf nimmt. Daun
wäre kurz ein farbensatter „Märchenzug" von Bauern-
feind zu nennen, ein „Herkules" von Alfred Schwarz-
schild, dessen Malerei gar zu sehr in „brauner Sauce"
schwelgt, und einige hübsche Köpfchen von Lchtler,
denen freilich der Katalog zu gewichtige Namen giebt.
Recht gut ist ferner Defregger vertreten, mit einem
Wilderer, reizenden Kindern, die den kranken Dackel
auf einem Wägelchen zum „Viechdoktor" fahren, und
natürlich fehlt auch das bekannte saubere „Dearndl"
nicht. Larl Seiler's feine und duftig gemalte
Genres, Holmberg's delikate und technisch so aus-
gereifte Interieurs, Simm's liebenswürdige Bieder-
meier-Szenen und Otto Na sch's liebevoll gemaltes
Interieur aus der Zeit der Herzogin Anna Amalie
sind auf diesem Gebiete erwähnungswerthe Leistungen.
Nun zu den Landschaftern, die zwar manch'
schönes und stimmungsreiches Gemälde bieten, aber
im Ganzen doch wenig Hervorstechendes. Lud. Will-
roider's feintönige Landschaften sind wieder in der
Wolkenbildung von erstaunlicher Beobachtungsschärfe;
eine tiefe, kontemplative Ruhe liegt über diesen Bildern.
Auch der feinsinnige Hellra th kommt ihnen an intimer
Wirkung nahe; Ahrweiler bietet einen fein gesehenen
Herbsttag. Andersen-L-undby und Aug. Link sind
in ihrer bekannten sympathischen weise vertreten, wie
Tanal mit seiner stimmungskräftigen Mühle, wilh.
Feldmann schildert großzügig die Haide, der worps-
weder am Ende einen frischen Herbstmorgen, Bracht
ist mit einigen großzügigen Landschaften bedeutsam
vertreten, Nüdisühli bringt einen bemerkenswertsten
Sommerabend. Sympathisch wirkt mit seinen herbst-
lichen Birken Max Ed. Giese, vielleicht in dem
Winterbild in Bezug auf atmosphärische Tonwerthe noch
bedeutender; in seinem „Schäfer aus Langwie" darf
man ihn neben Braith nennen ... In der Marine-
malerei dominirt Hans v. Petersen. In seiner
virtuosen, aber etwas kühlen Art schildert er die in die
Hochsee tauchende Abendsonne und andere Farben-
stimmungen des immer wechselnden Elementes.
Die Kollektion Hans Sandreuter's, zu der ich
mich jetzt wende, bietet einen guten Blick in die Kunst
dieses bedeutendsten Schülers Arnold Böcklin's. Sie
zeigt uns vor Allem, daß wir bei ihm das Wort
Schüler ohne jeden Rest von Geringschätzung aus-
sprechen dürfen, auch da, wo er sich in den Motiven
mit Böcklin äußerlich berührt: in der Flora, den
Rittern, einem griechischen Tempel mit hochragenden
Bäumen. Insbesondere die Flora zeigt, wie er trotz
der Uebereinftimmung des Motivs aus Eigenem
schöpfen konnte. Die jugendliche Gestalt ist von einem
seltenen Reiz der Bewegung. Das blaue Gewand ist
in das Grün der wiese prächtig hineingestimmt. Der
größte Theil der Nachlaßausstellung besteht aus Land-
schaften. Hier sucht Sandreuter sich eigene Pfade, und
nur die kräftigen, leuchtenden Farben könnte man
böcklinisch nennen. Seine Temxerakoloristik verdient
Bewunderung; bei aller Kraft der Farbentöne erscheint
Alles wie in Atmosphäre gehüllt, wie wunderbar
zart und weich er malen konnte, sieht man in einigen
Frühlingsstimmungen und an dem Moos, das auf den
Felsblöcken im Walde wuchert. Lin Selbstbildniß aus
den Iugendtagen und eins von H900 bekunden eben-
falls die eminente Beherrschung der Technik, mit der
Sandreuter Alles wiederzugeben wußte. Neben den
Temxerafarben bediente er sich auch des Aquarells,
jedoch meist nur zum Skizziren flüchtiger Eindrücke.
Er hat auch durch Bemalung seiner Nahmen die
koloristischen Noten seiner Bilder zu verstärken gesucht;

oft zierte er die Nahmen durch Schnitzereien. Inter-
essant sind seine primitiven Holzschnitte, die einen rein
dekorativen Lharakter tragen. Mit Teppichentwürfen
sehen wir ihn dann ganz auf dem Gebiete der an-
gewandten Kunst angelangt. Sandreuter hat ferner
zwei Medaillen mit den markig gegebenen Zügen
seines großen Lehrmeisters geschaffen. Mithin sehen
wir in dieser Nachlaßausstellung die Erzeugnisse eines
vielseitigen Talentes, das die Natur mit durchaus
eigenen Augen schaute, und für das es technisch kaum ein
Hinderniß gab, Alles so darzustellen, wie der Künstler
es gesehen und empfunden hatte.

Unsere Milöung.
Die märkischen Landschaften, die der Berliner Aquarell-
maler Max Zaeper seit mehreren Jahren u. a. im Kunst-
salon Ed. Schulte ausstellte, haben durch die schlichte Wahrheit
der Schilderung und durch die flotte reine Aquarellmanier, in
der auch die vorliegende Grunewaldlandschaft ausgeführt ist,
sich einen Kreis von Liebhabern zu verschaffen gewußt, wir
hatten schon vor einiger Zeit eine hübsche Arbeit des Künst-
lers veröffentlicht.

AunLtclironik.
* Athen. Bei Lhaeronea, wo seit einiger Zeit vr.
Sotiriadis an der Aufrichtung des Löwenstandbildes arbeitet
und gelegentliche Ausgrabungen vornimmt, wurde der antike
Narmorbruch entdeckt, aus welchem das zur Herstellung des
Löwen verwandte Material stammt. In Folge dessen beschloß
die griechische archäologische Gesellschaft, den Sockel für den
Löwen aus diesem Marmor Herstellen zu lassen. Nach Be-
endigung dieser Arbeit, die etwa einen Monat in Anspruch
nehmen dürfte, wird die Aufstellung des Löwen erfolgen, an
dein nur noch wenige Stücke ihrer Zusammensetzung harren.
* Berlin. Der Kaiser hat den Kgl. Museen ein äußerst
werthvolles Gemälde von Rubens als Geschenk überwiesen.
Ls stammt aus der spätesten Zeit des Meisters, der hier in
einer Darstellung der Diana, die mit ihren Nymphen von
Satyrn bestürmt wird, den ganzen Reichthum seines glühenden
Kolorits und die ganze Genialität seiner Mache entfaltet. Es
zeigt den Künstler auf der vollen Höhe seiner Meisterschaft.
Gleichzeitig ist es durch die Unterstützung des Kaisers und
durch Beiträge von Mitgliedern des Kaiser Friedrich-Museums-
vereins ermöglicht worden, den Königlichen Museen ein anderes
Werk aus der früheren Zeit des großen Meisters, das Porträt
seiner ersten Gemahlin Isabella Brant nebst einigen anderen
kleineren Kunstwerken aus dem Kunstnachlaß der Kaiserin
Friedrich zuzusühren. Das Bild ist einer älteren Generation
von Künstlern vertraut aus der Zeit, wo es sich im Besitz des
bekannten pariser Porträtmalers Winterhalter befand. Ls
zeigt die anmuthige junge Frau bis zu den Knieen, sitzend,
in geschmackvoll reicher, farbiger Tracht und giebt auch den
liebenswürdig frischen Ausdruck des anziehenden Kopses höchst
reizvoll wieder. — weitere Bereicherung erfuhren die Kgl.
Museen durch die lebensgroße Bronzebüste eines Knaben von
Antonio Rossellino, eine Statuette des heiligen Sebastian aus
Buchsbaum, wahrscheinlich von Giov. Franzesco da S. Agata
aus Verona, und zwei kleine knieende Engel aus vergoldeter
Bronze, rheinische Arbeiten vom Ende des Jahrhunderts.
 
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