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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Die angewandte Kunst und ihr Rechtsschutz
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Kunstbrief
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D i o R u n st - L) a l l e.

Nr

69

heutigen Runstleben geläufig sein, welche darthun, Laß
in Zeiten hoher Runstblüte die Grenzen der reinen und
der angewandten Runst in der praktischen Runstpflege
schwinden, daß in Zeiten kraftvollen Kunstschaffens ein
Bedürfniß, fremde Runstschöpfungen nachzuniachen, all-
gemein nicht besteht, und daß umgekehrt nur eine tief-
stehende, an künstlerischer Erfindung arme Industrie
auf das Nachmachen und Nachemxfinden fremder Runst
werke angewiesen ist.
Sind diese Sätze richtig und lassen sie sich hinrei-
chend belegen, so wird sich daraus auch die Nothwendig-
keit ergeben, unsere Gesetzgebung so zu gestalten, daß
der Schutz der Werke der angewandten Runst gegen
unbefugte Nachbildung ganz genau ebenso gehandhabt
werde, wie der Schutz der Merke der reinen Runst.

Frankfurt s. Mn.
Almrtbriej.

l/V in Lreigniß der Saison auf künstlerischem Gebiet ist die
Adolf Schreyer-Ausstellung, mit der 6 ermes die
Besucher seines Salons bekannt macht. Der vor zwei Jahren
zu Lronberg im Taunus verstorbene frankfurter Meister tritt
uns in der hier gezeigten Gruppe vor: Bildern, darunter zahl-
reiche Hauptwerke, in seiner ganzen Ligenart entgegen.
Schreyer, der lange in Paris lebte und seine Bilder meist nach
Amerika und frankreich frisch von der Staffelei weg verkaufte,
war mehr als ein „Thiermaler" schlechtweg. Mir können
seine Bilder in zwei Pauptarten unterscheiden: in Motive, die
aus Ungarn und der Walachei stammen, und in solche, die
uns nach Tunis, nach Algerien und Marokko führen. In
ersterem bevorzugt der Künstler Winterstimmungen; öde und
traurig liegen die verschneiten Steppen an der unteren Donau,
über die ein kalter Wintersturm braust. Lin Rudel Pferde
steht schutzlos vor einer Bretterhütte und eines der Thiere
blickt hilfesuchend und einlaßbegehrend nach der Thür. Wie
Schreyer die Thierseele zu schildern verstand, stempelt ihn allein
schon zum Meister. Seine Pferde sind keine indifferenten
animalischen Geschöpfe — sie find die Träger von Empfindungen
und Leidenschaften! In den marrokkanischen Reiterszenen ist
der Maler nun vollends in seinem Element. Der stolze
Beduinenscheikh, der mit seinem Troß, in weißen, flatternden
Burnus gehüllt, durch die Wüste reitet — diese Szenen muß
inan gesehen haben, um Schreyer's Meisterschaft voll würdigen
zu können. Mehr als das rein Stoffliche interessirt den Künstler
aber die sprühende, temperamentvolle Technik, die in den
Details oft an die Skizze gemahnt. Ich verhehle mir nicht,
daß Schreyer im Grunde genommen nur einem großen Bor-
bild — dem franzosen fromentin folgte, aber Schreyer hatte
es dennoch verstanden, eine eigentchümliche Charakteristik, die
nur ihm eigen war, in seine Werke zu legen. Die Serie ent-
hält auch ein größeres pauxtbild, das der Künstler testamen-
tarisch dem hiesigen Staedel'schen Museum vermachte.
Gegen diese prachtvolle Sammelausstellung haben die
übrigen neuen Arbeiten einen schweren Stand. Paul Albert
B esnard-Paris zeigt sich mit seinem experimentirenden Kolo-
rismus von keiner neuen Seite, so wenig wie John Lavery
mit seinem Damenbildniß der Schottenmanier neue Seiten ab-

zugewinnen weiß. Der Düsseldorfer Lrich Nikutowski
schlägt in seinen 6 Landschaften eine ganz eigenartige Note
an; das Architektonische zumal ist mit besonders geistvoller
Technik behandelt. — Von Ludw. v. 6ofmann-Berlin und
Dario de Regoyos-Madrid zeigte permes zwei Serien,
pofmann's farbenproblcme kommen am besten in den Pastellen
und in den Meerbildern zur Wirkung; recht unbefriedigt läßt
aber die Zeichnung, und auch Regoyos Landschaften lasten in
der figürlichen Staffage ein bedenkliches Manko an zeichne-
rischen fähigkeiten erkennen; aber einzelne koloristische Noten
in den Bildern aus Estremadura und Andalusien (z. B. ein
seltsam fesselndes, purpurglühendes Blau) intcressirten.
Im Kunstverein zeigte der frankfurter I. p. Limpert
eine größere Serie von Arbeiten, die besonders im landschaft-
lichem fach eine gediegene Technik mit geschmackvoller Auf-
fassungsgabe verbinden. Die Aquarelle und Pastelle von
Pans Baluscheck behandelten Szenen und Typen aus
Berliner Milieus, die nut einer Art „bodenständigen" pumors
durchsetzt sind und beim Beschauer eine mehr amüsante, als
ernstkritische Stimmung auslöscn. Die hierauf folgende Jahres-
ausstellung frankfurter Künstler hatte wiederum die
verfügbaren Räume des Kunstvereins bis auf den letzten Platz
gefüllt, und doch sind nicht alle in frankfurt schaffenden
Künstler vertreten. Da aber eine ganze Reihe geborener
frankfurter, die in Karlsruhe, Düsseldorf, München und Stuttgart
leben, die Ausstellung beschickt haben, ist es begreiflich, daß der
Gesanrmteindruck ein, diesen heterogenen künstlerischen Elementen
entsprechender ist. Es ist nicht eine spezifisch „frankfurter
Schule", die hier dominirt, wenn auch eine kleine Gruppe
führender Künstler — Bürger, Becker, Trübner, Altheim,
Böhle u. A. — als die Vertreter einer Art peimathkunst gelten
können. Da die Ausstellung an 250 Nummern zählt, möchte
ich mich darauf beschränken, lediglich diesen allgemeinen
Gesanrmteindruck zu konstatiren. Die Plastik ist äußerst spärlich
vertreten; die Mehrzahl der ersten Kräfte wurden in diesem
Jahre stark für das neuerbaute Schauspielhaus (erbaut von
Seeling-Berlin) in Anspruch genommen; Pausmann, Varnesi,
Krüger, perold, Weber, Klimsch u. A. haben für diesen Pracht-
bau hervorragende Arbeiten geschaffen. — Eine Kollektion von
Arbeiten Mesdags, die der Kunstverein noch weiterhin seinen
Besuchern vorführte, war eine Llite-Ausstellung „irrst EiZ-";
eine Anzahl der großen Galleriebilder, wie die beiden Morgen-
und Abendstimmungen sind perlen der modernen Malerei.
In den kleineren Wasserfarbenbildern machte sich dagegen
eine reizlos gehandhabte Technik unangenehm bemerkbar.
Mesdag, der alte Barde des Meeres, der die Lyrik des Vzeaus
in allen Tonarten gesungen hat, entwickelt in seinen Marinen
eine eigene Spezialität — er führt den Beschauer austs freie
Meer, wo Pimmel und Wasser den porizont begrenzen und
nichts weiter sichtbar ist. Das Gros der übrigen Marinemaler
dagegen schildert das Meer von der Küste aus und zieht vor
Allem die Staffage von Schiffen und Seeleuten in den Bereich
malerischer Darstellung. — Mit einer Serie interessanter Thom a-
bilder bot Schneider-Andreas den Verehrern des Meisters
eine neue Anregung. Wie tief und beseelt ist doch die Kunst
dieses urdeutschen Malers! Die Landschaften „Iulitag" und
„Sommerwolken" mit dem schlichten Taunusmotiv aus Vber-
ursel athmen jene friedliche Stimmung, die uns gerade bei
Thoma echt und ungekünstelt anspricht. In den Kompositionen:
„Christus und Magdalena" und „Paradies" stören einzelne
zeichnerische Schwächen, aber die Stimmung des Gstermorgens
auf dem ersteren Bilde ist prächtig getroffen. Der Dresdener-
Rob. Sterl hat sich in seinen neueren Arbeiten der Manier
 
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