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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Heilmeyer, Alexander: Internat: Ausstellung der Sezession 1903, (Schluss) [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0407

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Nr. 23

Die Kunst-Halle.

335

„Ich forderte ihn (Stremel) auf, mein „Paletten-
doktor" zu sein und mir aus dem dunkeln (Munkäcsy-)
Ton herauszuhelfen, den ich schon beim Landschaftlichen
abgestreift, im Figuralen aber noch nicht ganz über-
wunden hatte. Er acceptirte gegen ein vereinbartes
Honorar von sO Mk. für jede „Visite" den Vorschlag
. . . Im Ganzen war ich mit längeren Unterbrechungen
ungefähr Jahr sein „Patient" und nicht 3 Jahre,
wie er behauptet. Im Jahre (89? malte ich unter
seiner Korrektur verschiedene Studien, darunter auch
das Bild „Nach dem Bade", das er jetzt als „seine
geistige Arbeit" in Anspruch nimmt."
So die beiden Gegner, wäre das in der That
sehr wünschenswerthe Gesetz in Uebung, daß jeder
junge Künstler etwa noch während fünf Jahre nach
beendigter Lehre gezwungen sei, in Ausstellungskatalogen
die Namen seiner hauptsächlichen Lehrer anzuführen,
dann hätte Herr Stremel wenigstens in bedingter Weise
mit seiner Auffassung Recht. Wie die Dinge aber
thatsächlich liegen, möchte ich den wohl kennen, der
hier die Unredlichkeit eines so weit fortgeschrittenen
Schülers, der mit seinem „Doktor" durchaus kollegial
verkehrte, tadeln wollte, ohne beispielsweise unsere
Akademien schlechtweg als Diebesinstitute zu bezeichnen
und ohne vor Raffael und van Dyck zu erröthen, die
doch Beide nicht blos ihre nn86 en pLZss und ihre
Palette ihren Lehrmeistern verdankten. Als besonders
geeigneter Sachverständiger in dieser Frage sollte sich
Lugen Bracht hören lassen; seiner Entscheidung würden
sich die Parteien unzweifelhaft fügen.
was aber die Lage der einen Partei moralisch er-
heblich verschlimmert, ist, abgesehen von der Feststellung
der viel kürzeren Dauer der Lehrzeit, die Angabe der
Broschüre, daß der „Doktor" in die Studie „Nach dem
Bade" überhaupt nicht hineingemalt und daß Letzterer,
als das Bild (898 in der Abtheilung der Dresdener
Sezession im Münchener Glasxalast unter Stremel's
eigener Aegide, der dort als Juror und Hänge-
kommissar fungirte, bereits ausgestellt war, damals
nicht die mindeste Wallung seines künstlerischen Ge-
wissens verspürte. Warum damals nicht? Warum
erst nach fünf weiteren Jahren? warum also dieser
auffällig späte Anspruch auf die impressionistische Palette
Borchardt's, die, wie die Broschüre richtig bemerkt,
weder von Stremel erfunden, noch von den pariser
Erfindern Pissarro, Sisley u. A. als Geheimmittel für
ihren deutschen Kolporteur patentirt wurde? . . . Die
Antwort auf diese Fragen lautet bei B. mehr kurz als
schön, sie kann von uns auch nicht hier auf ihre Wahrheit
geprüft werden. Sie bringt die verspätete plötzliche
Regung des künstlerischen Gewissens Stremel's in eine
ursächliche Verbindung mit einem vergeblichen Versuch,
von dem „reichen Dilettanten" 3000 Mk. leihweise zu
erlangen, und fügt nur noch die interessante Mittheilung
hinzu, daß bei dieser fruchtlosen geschäftlichen Verhand-
lung Herr Meier-Gräfe (Paris), der litterarische Ver-
treter des Hauses Bing, als Mittelsmann agirte. . . .

Das aber sind Interna, die uns hier nichts weiter an-
gehen.
Nur so weit sind sie herangezogen, um zu be-
weisen, was von jenen Verdächtigungen, die der An-
greifer und Zeuge vor den wiener Geschworenen unter
seinem Eide formulirte, wirklich zu halten ist. Auch die
Insinuation, B. habe sich in einem pariser Interview
„schnoddrige" Bemerkungen über deutsche Künstler er-
laubt, wird durch den wörtlichen Nachdruck jenes im
erschienenen Artikels vollständig widerlegt.
Im gleichen Lichte erscheint endlich eine fernere
Aeußerung des angenehmen Palettendoktors, der den
Herren Geschworenen in Wien u. A. vorredete, daß man
seinen Schüler in Dresden niemals ernst genommen
habe und dabei hinzuzusetzen vergaß, daß B. bereits
(896, also noch vor Beginn seines Palettenwechsels,
von der Dresdener Kunstgenossenschaft als Juror und
Hängekommissar nach Berlin entsandt wurde . . .
Ich meine, alle jene Beschuldigungen und Be-
leidigungen müssen einen nicht gerade fischblütigen
Künstler — und solch' ein Exemplar dürfte in der
schlechtesten der Welten kaum zu finden sein — bei uns
zur Selbsthilfe drängen. Und wenn der in seiner künst-
lerischen und bürgerlichen Existenz Bedrohte nun vor
der Oeffentlichkeit, Böses mit Bösem vergeltend, es
schließlich doch dem Urtheil der Künstlerwelt überlassen
muß, zu entscheiden, wer von beiden Seiten in der
Hauptsache gesündigt und Buße zu thun habe, dann
wird man es vor Allem sicherlich bedauern, daß nicht
von vornherein ein deutscher Künstler-Gerichtshof
für diesen lehrreichen Fall zu haben, ihn nicht ohne
jede persönliche Verunglimpfung beider Parteien, rein
sachlich zu entscheiden berufen war. Dem Stande hätte
dies, wie gesagt, vor dem Publikum und den Künstlern
in ihrer Selbstachtung entschieden genützt.
G. G.

Mncken:
Internst. Erstellung Ser 5ererrion IW.
Von A. Heilmeyer, München.
(Schluff)
chAn einem anderen Bilde „Interieur" verlegt sich Uhde
mehr auf die Darstellung des Innenraums als
malerisches Problem. Man erhält einen Einblick durch
mehrere insinandergehende Zimmer. Durch ein ge-
öffnetes Fenster sieht man ins Grüne. Eine Flut von
Licht dringt herein, spielt und webt um jeden Gegen-
stand, ganz besonders aber läßt es die Gestalt eines
blonden Mädchens anmuthig und liebreizend erscheinen.
Etwas von deutscher Heimlichkeit liegt über dem
Ganzen gebreitet. Gotthardt Kuehl beschäftigt sich in
seinen Bildern aus einem Waisenhause und besonders-
 
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