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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Gustav, Leopold: Münchener Brief
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Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0251

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Nr.

Die A u n st - H a l l e.

2(7

ein jedes hat in seiner Stimmung und Farbe eine gewisse
Melodie.
Im Porträtfach steht Fritz August von Kaulbach oben-
an, der in dem Bildnis seiner Gattin, einem liebenswürdigen
Kinder- und einigen Frauenporträts seinen vornehmen Farben-
sinn und sein großes Können wieder in einschmeichelndster Art
zeigt. — Richard Scholz hat eine Dame im Redoutenkleid tem-
peramentvoll gemalt, Marie Jensen bringt das Bild ihres
Vaters und das Porträt Lugos in sorgfältiger Lharakteristik.
von durchaus künstlerischer Wirkung ist das Porträt des
perzogs von Sachsen-Meiningen, welches sein Sohn, Prinz
Ernst gemalt hat. Er weiß die schlichte Vornehmheit des
greisen Fürsten sehr gut zu charakterisiren, auch ist der Aus-
druck des Gesichtes äußerst lebensvoll. Auch der Kopf eines
jungen Mannes zeigt den prinzlichen Maler von günstiger
Seite. Lchtler bringt ein gutes Prinzregentenbildmß;
Edmund Blume's perrenxortrait ist von sprechendem Ausdruck.
Victor Frisch hat den „Scharfrichter"-Komponisten pannes Ruch
am Klavier in flotter, markiger Pinselführung gemalt; minder
glücklich ist er in einem Mädchenbildniß.
Gberländer bringt einen jungen, flötespielenden Faun,
dessen Tönen eine Löwin lauscht. „Dämmerung" nennt er
seine intim ausgesührte Malerei, welche uns feinen stillen,
bedächtigen pumor wieder von seiner liebenswürdigsten Seite
zeigt. Neu ist mir der Name Pans Böhm. Sei:: Entwurf
zu einem Wandgemälde ist von flotter, großzügiger Pinsel-
führung. In kraftvollem Kolorisinus führt er uns in an-
muthigem Tanzrhythmus junge Mägdlein und Putten vor. —
Bei Krause L Finckh haben zwei neue Kollektionen
Aufnahme gefunden. Victor puen malt Schlachtenszenen und
Stallinterieurs ohne besonders hervorspringende (Dualitäten,
viel interessanter ist Bauernfeind. Mit überlegenem pumor
schildert er die kleinstädtische Feuerwehr, Stiftsdamen, Rübezahl
und anderes. Seine Eharakteristik ist prachtvoll, dagegen ist
seine Malkunst technisch noch weiterer Vervollkommnung be-
dürftig. Line Reihe Zeichnungen sind politische Satiren, die
der Künstler für den Tiroler „Scherer" schuf. Er zeigt auch
hier pumor, Witz und geistreiche Einfälle.
Leopold Gustav.

Miner Ruikkcksli.
7^/7^
>ie Ausstellungen im Künstler Haus haben in letzter
Ms/ §bit entschieden einen ganz erheblichen Aufschwung
genommen; schon mehrfach offenbarte sich neuerdings,
nach den früher oft so öden Darbietungen, ein frischerer pauch,
ein ernsteres Streben nach Besserung. Aber kaum je ward
uns in diesen Räumen etwas Erfreulicheres, Gesunderes und
Bedeutenderes geboten, als jetzt, wo die Pauptwand des großen
Dberlichtsaales bedeckt ist mit neuen und älteren Arbeiten eines
Alten, immer Jungen, Adolf von Menzels. Das Bild
dieses Gewaltigen im Reiche der Kunst steht so rein und klar
und abgerundet vor unseren Augen, daß man tausend Mal
Gesagtes wiederholen müßte, wollte man den Werken, die er
hier zeigt, Worte der Besprechung widmen. Das gilt —
wunderbar genug zu sagen! — auch von den neuesten, aus
dem Vorjahre stammenden Schöpfungen des Siebenundachtzig-
jährigen; die Kritik verstummt vor solchen Meisterwerken.
Aber das ist gerade das Unglaubliche, daß man vor allem
Neuen, das Menzel schafft, immer wieder den gleichen, ganz
unveränderten Eindruck sprühender Frische und vollster Lebens-
wahrheit, unerbittlichsten Studiums und reifsten Könnens hat,
und daß, obwohl dieser Mann sein ganzes, langes Leben hin-
durch immer nur sich selbst getreu geblieben ist, wir doch
immer ein Fortschreiten, ein Mitgehen mit der hastig strömenden
Kunstentwicklung unserer Zeit zu bemerken glauben, daß nie

auch nur der leiseste Schein von etwas Veraltetem oder gar Ueber-
wundenem in seinen Zeichnungen, Aquarellen, Gouachen oder
Melgemälden aufzusinden ist.
Das gilt gleichermaßen für Alles, was er hier zeigt, so
verschieden es auch dem Gegenstände nach sein mag. Gb er
Architekturzeichnungen giebt, wenn man diesen ganz
ungenügenden Ausdruck für diese gleich erschöpfenden und
malerischen Zeichnungen von Kircheninteneurs oder prächtigen
Bauwerken, die zugleich ein Bild des Lebens umher geben,
oder ob er kleine Aktstudien und Studienköpfe zeigt, ob er
Thiere schildert oder ob er „Historienbilder", wie in der
„Marienburg", Landschaften wie in dem offenbar nicht ganz
vollendeten „Kreuzberg" (aus den fünfziger Jahren stammend)
oder „Genres" vor dem Beschauer entrollt, wenn man letzteren
Ausdruck auf die Darstellung der „Frühmesse in der Salzburger
Pofkirche" anwenden darf, immer bleibt dec gleiche, verblüffende
Eindruck, daß hier Unübertreffliches in treuer und zugleich
malerischer Wiedergabe der Natur geschaffen ist.
Daß gegenüber solchen Leistungen die Arbeiten der übrigen
Aussteller einen schweren Stand haben, ist ja nicht zu leugnen.
Aber wir vermeiden es unwillkürlich, Menzel'sches Maß an sie
zu legen; es wäre auch überhaupt kaum möglich, die Werke
anderer Lebenden mit dieser ganz eigenartigen Größe zu messen.
So ist denn freudig anzuerkennen, daß die Künsilerhaus-
ausstellung auch sonst noch Manches enthält, das sorgfältiger
Betrachtung wohl werth ist; sowohl die Sonderausstellung des
bereits rühmlich bekannten Karlsruher Malers Gustav
Kamxmann, der in seinem stark dekorativ wirkenden Land-
schaften vor allem den großen Eindruck des Gesehenen und
mittelbar auch den Stimmungsgehalt der Natur wiederzugeben
mit gutem Erfolg bemüht ist, wie manche Werke der skandina-
vischen Maler, Gtto Sindings, p. peyerdahl's, E.
peterssen's und der beiden Gude's, sieht man mit Freude.
Besonders peyerdahl und Sinding beweisen starke Empfindung
und gutes Können, auch in koloristischer Pinsicht. „Die wilde
Jagd", „Der Ritt durch blühenden Ginster" und ,,Am Nixen-
quell" von F. Müller-Münster verdienen Erwähnung wegen
der Feinheit der Komposition und des zum Theil ziemlich stark
zum Ausdruck gebrachten poetischen Gehalts der Vorwürfe.
Ganz besonders beachtenswerth aber erscheint endlich die
reichhaltige Sonderausstellung Richard Lschke's. Seine
„Späte peimfahrt", sein „perbstanfang im Grünewald" und
seine „Mäher in der Abendsonne" sind farbig von großem Reiz
und voll Stimmung; seine Stillleben und sein „Atelierwinkel"
kaum minder, uud das bretonische Bauernpaar beweißt, daß
er auch dem Menschen wohl zu charakterisiren und bei sorg-
fältiger Durchführung der Zeichnung auch malerisch zu schildern
versteht.
Im Kunstsalon Wertheim nehmen die mit kräftigen.
Strichen ausgeführten preisgekrönten Entwürfe „Zyklus Meister-
singer von Nürnberg" und „Line Bilderchronik der Städte Berlin
und Lölln an der Spree" von Georg Barlösius einen breiten
Raum ein und fesseln durch Einfachheit und Schönheit der
Komposition, sowie durch das überall zu Tage tretende tüchtige
Können des Künstlers das Interesse des Besuchers. Müller-
Kämpff-pamburg zeigt sich in einer Reihe wirkungsvoller
Landschaften als starkempfindender Schilderet der Natur,
Ludwig F ah renkro g-Barmen bietet wieder einige kühn
entworfene phantastische Gemälde, unter denen „Auferstehen"
am höchsten steht, wenn auch hier, wie in den übrigen Arbeiten
und vor allem in dem zerfahrenen Blatte „Schöpfung" wieder
 
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