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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Leipziger Kunstbericht
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Kunstchronik
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Nr. U

Die Aunst-Halle.

s69

einem Wandgemälde, das Gelgemälde „Ahasver, den
Heiland von seiner Thür weisend", sowie die Zeichnungen
zu Klassikern, die u. A. „Hamlet auf dem Friedhof, den
Todtenkopf betrachtend", „Emilia Galotti", „Don Iuan's
Ende", „Der eingebildete Kranke", „Amor als Land-
schafter" nach Goethe und die „Rose im Bremer Raths-
keller" nach Hauff veranschaulichen, hingewiesen. Die
Darstellung in den verschiedenen Situationen ist immer
höchst lebendig erfaßt und die malerische Anordnung
stets zu einheitlicher Komposition gestaltet, aber dabei
läßt sich andererseits nicht übersehen, daß die formale
Durchbildung ungleichwerthig ist und namentlich im
Verlauf der Zahre nachzulassen scheint. Alan wird nicht
fehlgehen, wenn man als Erklärung für diese Er-
scheinung in den: Schaffen Marshall's, ein schweres
Nervenleiden in Rechnung stellt, das mit den Jahren
so stark wurde, daß er nicht einmal im Stande war,
mehr allein auszugehen, denn es hatte sich bei seinem
Leiden die sogenannte „Platzkrankheit" eingestellt. Daß
sein künstlerisches Können eine wesentlich andere Ent-
faltung erfahren hätte, wäre er im Vollbesitz seiner
Kräfte geblieben, darf zweifellos angenommen werden,
das bekunden ja seine früheren Arbeiten, unter denen
sich auch mehrere ganz vorzüglich gemalte Bildnisse
befinden.
Seine Erfindungsgabe und sein Humor scheinen
unter der langjährigen Krankheit weniger gelitten zu
haben, denn die Umrahmungen zu seinen Wandbildern,
Entwürfe für Fächermalereien und verschiedene humo-
ristische Darstellungen, unter denen „Der Teufel und
seine Großmutter" hervorgehoben sei, lassen auf eine
leichtschaffende künstlerische Bethätigung schließen. Daß
Marshall auch über ein feines Empfinden der Ton-
werthe gebot, ersieht man nicht nur aus verschiedenen
figürlichen Darstellungen, sondern auch aus mehreren
stimmungsvollen Landschaftsbildern. Die in der Luther-
kirche zu Leipzig ausgeführten Wandbilder „Die Taufe
im Jordan" und die beiden lHOs entstandenen charakte-
ristischen Nischenfiguren von Luther und Melanchthon
sind mit als seine letzten Arbeiten anzusehen.
Zn der permanenten Künstlerhaus-Ausstellung
interessiren diesmal besonders die feinsinnigen und
poesiereichen Landschaftsschilderungen Horst-Schulze's,
der über eine mit Schwind, Thoma und Ludwig Richter
verwandte, echt deutsche und volksthümliche Schilderungs-
weise verfügt. Von den Arbeiten dieses Künstlers ge-
winnt man den Eindruck, daß er niemals an der Studie
sklavisch festhält, vielmehr den empfangenen Naturein-
druck stets zu einer höheren Einheit zu erheben und mit
seelischem Gehalt zu erfüllen wissen wird. Sein wahres
und tiefes Naturempfinden ruft daher auch bei dem
Beschauer seiner Landschaften den wohlthuenden Ein-
druck der Ruhe und jenes Beglücktsein hervor, womit
uns in stillen Stunden die gütige Mutter Natur be-
scheert. Außer einem „Sankt Georg", der am schattigen
Waldesrand von seinem Pferde aus Umschau hält über
die vom Schein der Abendsonne verklärte Landschaft,
einem „Sonnenscheinchen", das vor einem durch Waldes-
dickicht vordringenden Ritter über den weichen Moos-
boden huscht, schildert er das Träumerische in dem
Bilde „Wasserringe", die auf der Oberfläche eines lang-
sam hingleitenden Baches wahrzunehmen sind, und
eine junge, zwischen Len Stämmen der reizvollen Auen-
landschaft auftauchende Frauengestalt in sinnende Be-
trachtung versenken. Neben zwei schön gestimmten
Abendlandschaften, einer Herbstlandschaft ,,Wanderlust",
den melancholischen „Wolkenschatten" und dem dekora-
tiven Bilde „Eva" bietet Horst Schulze noch eine
Anzahl vorzüglicher Studien und feinsinniger illustrativer
Arbeiten. Ernst Kiesling.

Aunrtckronik.
* Berlin. Kgl. Nationalgallerie. Mehrere der
schönsten Zugendwerke Adolf Hildebrand's, welche jetzt
irn Besitz der Fran Levi-Fiedler sind, sollen dereinst nach deren
Ableben der Kgl. Gallerte überwiesen werden. — In einer
Sitzung der städtischen Kunstdeputation wurden die
neuen Entwürfe des Stadtbauraths L. Hoffmann für den
Mär ch en brunnen genehmigt.
* Braubach a. Rh. Auf der Marksburg wird gegen-
wärtig durch die Maler Birkle und Thomer aus Berlin die
Kapelle im Kaiser Heinrich-Thurm ausgemalt. Die Aus-
malung erfolgt im Stile der ersten Hälfte des (5. Jahr-
hunderts, der Zeit der Wiederherstellung durch den Grafen
von Katzenelnbogen. Die Kapelle wurde damals ausdrücklich
dem heiligen Markus geweiht; so sind auch die Motive der
jetzt ausgeführten Malerei dem Markus - Evangelium ent-
nommen.
* Lasset. In Vorbereitung der Rathhaus-Neubau auf
der Grundlage des Roth'schen Projekts.
* Düsseldorf. provinzial - Ständehaus. Die Aus-
schmückung des Sitzungssaales, der Vorhalle und des
Treppenhauses, wofür 260 ooo Mk. verlangt wurden, ist ab-
gelehnt worden. Dagegen soll ein Gelgemälde des Landes-
hauptmanns Vr. Klein bei einem Düsseldorfer Künstler bestellt
werden. Zur Erhaltung von historischen Kunst-Denk-
mälern ist eine Reihe von Bewilligungen aus dem Dis-
positionsfonds des Provinzial-Landtags vorgeschlagen worden:
für photographische Aufnahmen von Werken auf der kunst-
historischen Abtheilung in Düsseldorf (500 Mk., für zeichnerische
Aufnahmen der alten Fachwerkhäuser am Rhein und an der
Mosel zooo Mk., für Uebernahme der Kosten der Denkmäler-
statistik auf den Ständefonds 000 Mk., für Freilegung der
Peterskirche und der Wernerskapelle in Bacharach 7500 Mk.
u. s. w. u. s. w.
* Freiberg i. S. Die feierliche Eröffnung des neuen
König Albert-Museums steht bevor.
* Hannover. Kestner-Museum. Ein romanischer
vergoldeter Bronzekoxf in Lebensgröße wurde aus dem
Kloster Fischbeck bei Hameln durch Vermittlung der Regierung
für (0 ooo Mk. erworben. Dieses niedersächsische Werk aus
dem ((.Jahrhundert gilt als ein Unikum. — In hiesigen
Künstlerkreisen empfindet man es unangenehm, daß die
von dem preußischen Kultusministerium angebotene Beihülfe
von (5 ooo Mk. für die Ausschmückung des provinzial-
Ständehauses (Kosten: 60 000 Mk.) nur unter der Be-
dingung der Bestimmung des Künstlers und der Entscheidung
über die Entwürfe gewährt werden soll.
*Köln. Am Gebäude der Handelsschule ist man zur
Zeit mit der Anbringung des figürlichen Schmuckes beschäftigt.
Dieser besteht aus einer Mittelgruppe über dem Hauxteingang
und aus zwei Seitenfiguren. Die Mittelgruxpe besteht aus
von Prof. Albermann und Wilh. Faßbinder geschaffenen
Porträtstatuen von E v. Nevissen, L. Lamphausen, F. Merkens
und F. L. Heimann, als den Männern, die sich um das Empor-
blühen von Handel und Verkehr der rheinischen Metropole die
größten Verdienste erworben haben. Die Seitenfiguren Sansa
und Lolonia hat Bildhauer I. B. Schreiner ausgesührt. Die
Standbilder sind sämmtlich in Ueberlebensgröße in französischem
Kalkstein ausgeführt. Für die Porträtfiguren hatte die zu-
ständige Kommission unter den Kölner Bildhauern eine engere
Konkurrenz ausgeschrieben.
* Lüttich. Das neue, vom Stadtarchitekten Lousberg er-
richtete Kunstmuseum wurde am (.Februar eröffnet
München. Prof. Roubaud malt gegenwärtig im
Auftrag der russischen Regierung ein großes Panorama:
Die Schlacht bei Sebastopol. Am den Künstler bei der Her-
stellung der militärischen Details zu berathen, weilen gegen-
wärtig zwei höhere russische (Offiziere hier. — Dem Kunst-
kritiker der „Münchener Itg.", Herrn Ed. Engels, hat der
„Kunstverein" die Eintrittskarte entzogen. Beneidenswerther
Kritiker!
* Grb (Bad). Der Kurverein beschloß, zur Herstellung
eines Plakats des Bades Grb einige Firmen, bezw. Künstler
um einen Entwurf zu bitten Auch wurde der Vorstand er-
mächtigt, eventuell ein Preisausschreiben wegen Herstellung
eines passenden Entwurfs zu veranlassen.
 
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