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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Heilmeyer, Alexander: Raphael Schuster-Woldans Deckengemälde in Berlin
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Deutschland und die Weltausstellung in St. Louis
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0174

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^8

Die Run st-Halle.

Nr. so

blick auf das Ganze, wie im einzelnen. Einheit und
Harmonie sind ja immer das Produkt einer weisen
Oekonomie des Künstlers. In solchem Falle gewährt
die Betrachtung jene Befriedigung, in der das Inein-
anderaufgehen von Form und Ausdruck als etwas ab-
solut Selbstverständliches hingenommen werden. Dabei
ist besonders auf eine Gruppe von Frauen (siehe Abb.)
hinzuweisen, in der alle Grade des Gefühls, von der
ruhigen Kontemplation bis zur flammenden Begeisterung,
in einem Hymnus auf die weibliche Schönheit aus-
klingen. Hierin konnte sich gerade Raphael Schuster-
woldan's Kunst am besten zeigen. In sich ruhendes,
von freundlichen Genien getragenes Leben, und ein
von Leidenschaften nach außen gestoßenes, wild be-
wegtes Treiben scheinen die beiden Hole zu sein,
zwischen denen sich diese Gestaltenwelt in rhythmischem
Linienstusse bewegt.
Die Ausführung des Deckenbildes zeigt, daß der
Künstler nicht nur in der dekorativen Ausschmückung
des gegebenen Raumes sein Ziel sah, sondern die eng
gezogenen Grenzen nach Möglichkeit zu erweitern und
zu vertiefen strebte, indem er sich ganz der Ausgestaltung
seiner idealen Welt hingab. In all' seinen bisherigen
größeren Werken, wie „Auf freier Höhe", „Legende",
„Llsinento vivsre", „Oäi protünnm" zeigt er sich be-
strebt, an die unmittelbare Umgebung anzuknüpfen,
jedoch ohne seiner Phantasie Fesseln anzulegen. Das
Ziel seiner Bestrebungen sieht er in der Wiedergabe der
durch künstlerische Kultur verfeinerten Wirklichkeit, worin
die Gestalten des realen Lebens in die Sphäre eines
durch Leidenschaften ungetrübten Daseins erhoben
scheinen. Zumeist wandeln sie unter einem freundlichen
blauen Himmel inmitten einer Landschaft, wo an eine
längst versunkene Zeit da und dort verstreute Neste
anklingen.
Die erwähnten Bilder scheinen einem Ideenkreise
anzugehören, eines geht aus dem anderen gleichsam
hervor, leicht wären sie zu einem Zyklus zu vereinigen.
Der Künstler dachte sie sich auch als vornehmen Schmuck
prächtiger Räume. Mit dem Auftrage, den Bundes-
rathssaal zu bemalen, ist ihm nunmehr die ersehnte
Gelegenheit geworden, seine Ideale in der Wirklichkeit
dauernd zu befestigen. A. Heilmeyer.

Jeukclllsnö unS Sie Mtsuntellung in
5t. Louir.

vorgehen von Großbritannien und Frankreich will
Deutsche Reich folgen und sich an der amerika-
irischen Weltausstellung von wenn auch in be-
schränktem Maße, betheiligen, so unwillkommen auch allen inter-
essirten Kreisen bei uns der kurze Abstand von dem letzten

pariser Weltunternehmen erscheint. Der Gesammtbeitrag des
Reiches soll sich daher nur auf etwa NI—3 Millionen be-
laufen, wovon bereits die Summe von HI Millionen zur
Subveutionirung der deutschen Betheiligung in dem Reichs-
haushaltsetat für t9O3 vorgesehen ist. Es liegt einstweilen
nur in der Absicht, die deutiche Ausstellung zu St. Louis im
wesentlichen auf die Grupperi der bildenden Künste, des
Kunstgewerbes, des Erziehungs- und Unterrichtswesens,
einschließlich des Buchgewerbes und der Spielwaaren, sowie
der wissenschaftlichen Apparate aller Art zu beschränken.
Bekanntlich bestand, wie eine dein deutschen Reichstag unter-
breitete Denkschrift der Regierung aussührt, früher ein lebhafter
Kunsthandel nach Amerika,dessen vornehmsterSitz München
war. Seit längerer Zeit ist jedoch die deutsche bildende Kunst, ins-
besondere die Malerei, mehr und mehr inAmerika zurückgedrängt.
Die großen Kunsthändler in New-Vork decken ihren Bedarf an
ausländischen Bildern fast ausschließlich in Paris, das, wie
es der Hauptstudienort für die amerikanischen Maler geworden
ist, allmälig den Kunsthandel nach den vereinigten Staaten
nahezu monopolisirt hat. Die gut beschickte deutsche Kunst-
abtheilung in Chicago vermochte dieser Entwicklung keinen
Einhalt zu thun, da die Ausstellung in eines der schwersten
Krisenjahre siel, welche die vereinigten Staaten durchzumachen
gehabt haben. Inzwischen ist, wie die Konsulatsberichte und
Mitthcilungen genauer Kenner der amerikanischen Verhältnisse
ergeben, mit dein außerordentlichen Anwachsen des Reich-
thums in Amerika das Bedürfuiß nach künstlerischem Schmuck
des Hauses in solchem Maße gewachsen, daß gegenwärtig für
die deutsche Kunst die besten Aussichten bestehen, daselbst wieder
festen Boden zu gewinnen. Es soll daher auf die eindrucks-
volle Ausgestaltung der deutschen Kunstabtheilung be.
sondere Sorgfalt verwendet werden.
Für das Kunstgewerbe kommen ähnliche Gesichtspunkte
in Betracht. Nur gewisse, mehr fabrikmäßig betriebene Zweige
desselben haben nach den vereinigten Staaten schon jetzt eine
bedeutende Ausfuhr, die es, im Wettbewerbe mit Frankreich
und Großbritannien nicht nur festzuhalten, sondern thun-
lichst zu erweitern gilt. — Andere Zweige des deutschen
Kunstgewerbes, und unter diesen gerade diejenigen, welche in
den letzten Jahren einen besonderen Aufschwung genommen
haben und eine eigenartige nationale Entwicklung aufweisen,
sind den Amerikanern bisher kaum anders als durch die
deutsche kunstgewerbliche Abtheilung in Paris bekannt ge-
worden. Ls trifft dies namentlich zu für die mannigfaltigen
Erzeugnisse der Bronze-, Zinnwaaren- und Edelmetall-Industrie,
sür die künstlerische Lederbearbeitung, die Buchbinderei, die
Marqueterie und für die keramischen Kunsterzeugnisse. Nach
den auf der Weltausstellung in Paris gemachten Erfahrungen,
woselbst gerade die werthvollsten Gegenstände der deutschen
kunstgewerblichen Abtheilung von Amerikanern gekauft worden
sind, steht zu erhoffen, daß in den vereinigten Staaten ein
weites, aufnahmefähiges und lohnendes Absatzgebiet für deutsche
kunstgewerbliche Erzeugnisse erschlossen werden kann.
Auf eine Vorführung des deutschen Unterrichtswesens
wird von der Regierung der vereinigten Staaten ganz be-
sonders Werth gelegt; in St. Louis ist zum ersten Male eines
der Hauptgebäude der Ausstellung ausschließlich dem Unter-
richts- und Lrziehungswesen gewidmet.
Den optimistischen Ausführungen der deutschen Regierung
gegenüber haben sich in New-Pork verschiedene maßgebende
Kunsthändler einem Vertreter der „N.-v. Handelsztg." sehr
wenig hoffnungsfreudig über die nächste Zukunft der deutschen
 
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