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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Niessen, Johannes: Düsseldorfer Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0249

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Nr. _

neben manchem Guten und sehr Guten manches
Schwächliche und Unbedeutende. Gewissermaßen ein
Ehrenplatz ist einem kleinen Bildchen von Gregor
von Bochmann und zwei kleinen Skulpturen seines
talentvollen Sohnes angewiesen — ob mit Recht, bleibe
dahingestellt; ich möchte hier an erster Stelle viel eher
Namen wie Lins und Mühlig nennen. Wir hatten
im vergangenen Jahr während der Düsseldorfer Aus-
stellung Gelegenheit, ein ganzes Zimmer voll Bochmanns
zu sehen und konftatirten damals scbon, daß Bochmann
wenig Neues mehr zu sagen hat. Ein einzelnes Bildchen
mag in seiner Art eine perle sein. Aber da ist immer
dieselbe Stimmung, derselbe grau-braune Ton, mit
geringen Abweichungen dieselbe Komposition. Wie
anders dagegen Lins, der jedes Mal mit einer
lachenden Fülle frischer neuer Motive kommt! Diesmal
finden wir vor allem „Enten am Weiher", mit einem
brillant gemalten Vordergrund: ein Bild, das in seiner
ungezwungenen und ungequälten Natürlichkeit wahrhaft
erfrischend wirkt, ferner „Hühner an der Hecke'" trefflich
beobachtet. Das Porträt eines bekannten Düsseldorfer
Herrn giebt einen weiteren angenehmen Beweis von
der Vielseitigkeit des Künstlers, H. Mühlig ist am
besten mit einer Anzahl von — im Katalog nicht ge-
nannten — Aquarellen vertreten, alle außerordentlich
licht, farbig und fein gegeben. Außerdem fällt seine
„Heuernte" auf. Hier ist der feine, grau - grüne Ton,
der entsteht, wenn die Sonne über das welkende Grün
spielt, vorzüglich beobachtet.
Als tüchtiger Landschafter erweist sich H. Otto.
Sein „Bauernhof in der Eifel" in seiner ruhigen ge-
schlossenen Wirkung ist eins der besten Bilder der
Ausstellung. Sein anderes größeres Bild „Hinter dem
Dorfe" steht nicht ganz auf gleicher Höhe, namentlich
wirkt die Luft etwas trocken und fleckig. Seine farbigen
Zeichnungen verrathen den Lithographie - Kundigen.
Eine hübsche kleine Mohnfeldstudie schickte W. Degode.
Ernst Hardt ist mit drei Bildern vertreten, von denen
„Laufenburg am Rhein" besonders anmuthet, während
seine „Weiden am Wasser" einen weniger günstigen
Eindruck hinterlassen. Ein feines Bildchen ist die
„Mondnacht" von Paul Graf Merveldt, der außer-
dem ein sehr liebevoll ausgeführtesAquarellchen „Lesende
Dame" und einen „Allerseelentag an der Mosel"
ausstellt. Fritz von Wille bringt fünf große Land-
schaften, von denen wir vor allem den „Sterbenden
Wald" und „Kronenburg in der Eifel" anführen
möchten. Im Uebrigen fällt es nicht besonders an-
genehm auf, daß Wille's ausgesprochene Eigenart
augenscheinlich etwas zur Manier wird.
Nun zu den figürlichen Darstellungen. Vor allen
fällt Max Stern durch seine ausgesprochene Individu-
alität auf. Es ist viel Luft und Licht, viel Beobachtung
und gute Zeichnung in seinen Sachen, aber sie sind
alle, ich möchte fast sagen, etwas brutal, so sein „Hol-
ländischer Bauer", „In den Dünen", „Die Mutter" rc.
Von Albert Baur jr. finden wir eine große
biblische Darstellung, „Daniel in der Löwengrube", in
dem Augenblick wiedergegeben, da Daniel an Stricken
zwischen die hungrigen Löwen herabgelassen wird.
Das Bild hat sein Gutes und sein Schlechtes; ganz
vorzüglich ist die Gruppe der wartenden Tiere am
Grunde der Mauer — direkt störend hingegen die
vorderste Bestie, die, dem Beschauer zugewendet, posirt,
als ob sie auf den Photographen wartete. Line andere
große Figurenkomxosition ist Otto Boyer's „Der
Mensch blüht auf wie eine Blume und fällt ab; fleucht
wird ein Schatten und bleibet nicht." Der Titel ist
lang. Um das Bild verständlich zu machen, müßte er

2fo

noch länger sein. Ein totes Mädchen, vor einem
Muttergottesbildchen, deren Hand in der eines Ritters
ruht, phantastische Reiter, (die apokalyptischen?), die
in eine Landschaft hinaussprengen, in der Ferne eine
Burg — das alles etwas trocken in der Farbe und wie
gesagt, etwas verworren in der Komposition: um ehrlich
zu sein, das Bild fesselt am meisten durch seine Größe
und Unverständlichkeit. Line neue Erscheinung ist W.
Schmurr. Nach den Preisen zu urtheilen, die der junge
Künstler für seine Werke angesetzt hat, scheint er sich
bereits für einer: großen Meister zu halten. Die Werke
selbst widersprechen dem. Es haftet ihnen noch manches
Schülerhafte an, und wenn sie auch vielversprechend
sein mögen, vollendet sind sie noch lange nicht. „Die
Jahre vergehen", heißt das eine; wir sehen eine weib-
liche Figur in Lebensgröße so von schwarzem Gewand
verhüllt, daß man unmöglich erkennen kann, wie sie
eigentlich sitzt oder kauert. „Das Gebet", eine inbrünstig
betende Nonne, zeigt wie das eben genannte Bild ein
unangenehm schwärzliches Kolorit. Angenehmer in der
Farbe ist ein weiblicher Halbakt. Wir wünschen dem
jungen Künstler guten Erfolg — und etwas weniger
Elfenbeinschwarz. Schneider-Didam's Porträtstudie
des Prof. Knaus ist bereits gelegentlich einer Kölner
Ausstellung besprochen worden, neu ist sein vorzügliches
„Porträt des Herrn Bankrath Wiegand". Hübsch ist
ein Interieur von T. Sohn, desgleichen ein ebensolches
von Max Volkhardt. Fr. Vezin schickte das sehr
gute Porträt des verstorbenen Bonner Strafrechtslehrers
Prof. Hermann Seuffert und einen sehr feinen, gut
modellirten weiblichen Akt.
Es würde zu weit führen, sämmtliche eingesandten
Sachen eingehend zu besprechen. Ausgestellt haben
außer Len Genannte?: noch: w. Bartel, „Novembersonne",
Bartelmeß ein „Interieur", Max Tlarenbach „Auf der
Insel Schonen" und „Spät Abends", Engstfeld, der
3 Bilder, unter anderem eine sehr hübsche „Prozession
in der Dorfstraße" und die Studie eines alten Mannes
gesandt hat, Klein-Diepold „Abendspaziergang in: Dorf",
Klinger ein Selbstporträt, Macco ein „Tiroler Dorf",
Montan, Müller, Werlau, H. Nordenberg, H. Gellers,
Fr. Schnitzler, Schwiering, T. Wagner, Fr. Westendorp
eins seiner feinen Dünenbilder und E. Schwarzer, der
die Zeichnung einer alten Frau und ein allerliebst
schelmisches Kinderbildnis bringt.
Die Skulptur ist nur spärlich vertreten. Von
Bochmann jun. finden wir eine Bronze „Jin Wind"
und eine kleine Gruppe „Singende Volendamer Mädchen",
sehr talentvolle Arbeiten. Der „Schiffer" von Intze
erinnert an ähnliche Meunier'sche Figuren, hübsch ist
seine Kinderbüste. Eine Beleuchtungsfigur, ein weib-
licher Akt ist von Käsbach. Von demselben finden
wir zwei kleine Bronzen, „Tloe" und eine ganz aller-
liebste Kindergruxpe. —
Bei Schulte finden wir augenblicklich neben
anderem die sehr bemerkenswerte Ausstellung von Werken
ff Düsseldorfer Künstler: Hans Deiters, August Schlüter,
Felix Schmidt, Earl Mücke, H. Nieger, E. Massau,
Alfred Graf Brühl, Otto Ackermann, p. Greeff, Earl
Schultze und W. Kuckuck, die einen wohlthuenden Ein-
druck von Frische, Feinheit und Können hinterläßt. Vor
allem verdienen 2 Namen genannt zu werden: Hans
Deiters als Figurenmaler und August Schlüter als Land-
schafter. Hans Deiters, dessen letztes größeres Bild
„Reigen" leider in Darmstadt verbrannte, bringt ein
neues „Jugend". Deiters beherrscht in hervorragender
Weise sein Material und seinen Stoff: das ist alles
Licht, Leben, Raum, Farbe! Er bringt in diesen: Bilde
den ganze?: Zauber des sprossenden, werdenden Früh-

Die K u n st - H a l l e.
 
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