Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 6.1926

DOI issue:
Heft 7 (Juli 1926)
DOI article:
Gericke, Gustav: Kunstkeramik als Kirchenschmuck
DOI article:
Ziegelmüller, Franz: "Bildhaftes Gestalten": ein Buch von Professor G. Kolb
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23685#0153
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
139

fremden Werkskoffe für die Ausschmückung unserer
Kirchen verwandt werden können. Dadurch werden
nicht nur die Besucher in den Kirchen erfreuk, son-
dern wir erreichen auch eine erweiterke Tätigkeit
unserer Fabrikbekriebe und die Beschäftigung ihrer
Belegschaften, und sorgen auch auf diese Weise etwas
mit für Arbeit der Erwerbslosen.

Wer in allen Fragen der neuzeltlichen Kunsk-
keramik weitere Auskünfte wünscht, der erhält solche
auf Anfragen koskenfrei durch die Berwalkung des
Ortsmuseums Belken.

*

An den Bortrag des Herrn Kantors Gericke schloß
sich dann die Besichkigung und Erläukerung der auf
iangen Tafeln ausgestellten Gegenstände, jeder ein-
zelne von dem hohen Stand der Veltener Kunst-
keramik Zeugnis ablegend. Die fein getönten Vasen
und Leuchter in geschmackvoller, vornehmer Aus-
führung, in Weih und Gold gehaltene Altarschreine,
die künstlertschen Reliefs und Kacheln als Wand-
schmuck usw. fanden die verdiente Anerkennung der
zahlreichen Gäste. So hak die kleine Ausstellung die
Eignung der Belkener Keramik als Kirchenschmuck
gezeigt, und sie wird sicherlich dazu beigetragen haben,
die maßgebenden kirchjichen Kreise auf dies Sonder-
gebiek der Beltener keramischen Industrie wirksam
hingewiesen zu haben.

Bildhastes Gestalten"

Ein Buch von Professor G. Kolb.



Ueber Kinderjahren, später nochmals über unge-
brochenem, sorgenlosen Alker, liegt ein Hauch von
Erdenglück, ein Stückchen Erdenparadies, das Er-
wachsenen fast völlig sehlt. Dort Hilfsbereitschast
und Äemeinschafkssinn. Aier nichts als Kampf,Ringen
mik sich und andern. Die Zchsucht macht sich vreit.
Kein Wunder, wenn Christus den Erwachsenen ent-
gegenrufk: Menn ihr nicht werdek wie die Kinder, so
werdet ihr nicht in's Himmelreich eingehen!

Isk mit diesen Worten der Menschheit — und mit
ihr dem rechten Lehrer — nicht seit ciahrhunderten
die pädagogische Grundform gewiesen? . . . Gewist!
Doch Verdemütigung weist man zu gerne von sich,
Man lehnt lieber ab, um zu irren!

Es muß doch etwas an unserer Erziehung nichk
stimmen, wenn Erwachsene vor Kinderzeichnungen
gestehen: „Das brächke ich nicht ferkig!" Wenn ein
Erwachsener mit Bollbildung einer Äniversikäk er-
klärk, nichk mal ein Haus in wenigen Strichen zeich-
nen zu können! Der „Fall" isk nicht vereinzelk. Selbst
Künstler staunen über die Ausdrucksfähigkeit des
Kindes. Dabei handelk es sich hier doch nicht um
Kunst, sondern um nalürliches Können! Sind wir
in unsern ursprünglichen Kräften verkümmert und
warum? Wenn „Ia", dann wird eme Amkehr nok-
wendig! Wenn wir vom Kinde uns enkfernk haben,
dann müssen wir ihm wieder näher treten.

Ein Einsehen von Fehlern erforderk notwendiger-
weise eine Umstellung. Das Wiedergutmachen von
Fehlern kommt einer Ueberwindung gleich. Solche
fällk schwer, Umkehr fordert: Enksagen, opfern, neu
beginnen! Nur ganze Menschen vereinigen in sich
Demut mit Mut, lassen ab von Falschem, um der
Wahrheit zu folgen!

Zu diesen Menschen, zu den Pionieren der guken
Eache, hier der des Kindes, gehört unstreitig unser
Schriftleiter von Kunst und Hugend, Professor Kolb.
Man greife zu seinem eben erschienenen Buche:
„Bildhaftes Gestalten als Autgabe
der V o l k s e r z i e h u n g", verlegt bei Holland u.
llosenhans, Stuttgark. Borweggenommen: ein Buch,
das eine umfangreiche Fachliterakur ersetzk. Ties
schürfend wie wenige über unser Arbeiksgebiek. In
seiner Sprache schlichk, fast volkskllmlich, so daß auch
Eltern zum Nuhen ihrer Kinder darnach greifen
sollten. Frisch und munter wie ein Kind. Ilnd nicht

zuletzt: überzeugend, weil grundehrlich in seiner Ab-
sichk. Von einem echten Lehrer. Zweifelsk Du, so
lies das köstliche Kapitel, vom „Zacharias, Anne-
bäbele und Fitzebuhle!" Bon einem Manne voll
heil'gen Feuers für das Mohl der Iugend, ja des
Bolkes! Verfatzk in dieser Absichk: „Allgemeine,
grundlegende Nichtlinien zu geben, um den Lehrer
in das Wesen, in den Gelst der Sache einzuführen,
nicht etwa geschrieben, um die „Methode Kolb" in
die Welt zu setzen, wie er selbst im Vorwork schreibk.
Doch geh'n wir an den llnhalt, einen stnhalt, der
herauswuchs aus verdienstvollem Wirken in der
Schule, Ergebnis arbeitsreicher 3ahre isk.

Der ganze Werdegang des Kunstunterrichts in allen
seinen Phasen, in seinen jeweiligen Formen und
Zielen wird eingangs klar und verständlich darge-
stellk, Ich hatke nach Durchsicht dieses Abschnitts
nur den einen Wunsch: Iedem angehenden Lehrer
sollten solche Ergebnisse mit in die Arbeik gegeben
werden. Gerade der Wandel der letzten fünfzig öahre
würde jeden zwingen, vom Zrrkum abzulossen, der
neuen Zielsehung zu folgen. Dieser nämlich: „dem
jungen Menschen Gelegenheit und Mittel zur Selbst-
entfalkung seiner bildnerischen Geskaltungskräfte zu
geben, ihm damit zu einem lebendigen persönlichen
bildhaften Ausdruck zu verhelfen", damik die Ge-
sinnung Pestalozzi'S erfüllen: „Anschauung ist nichk
allein bewutzte äußere Wahrnehmung und auf chr
beruhende Gesichksvorstellung, sondern vielmehr noch
inneres, bildhaftes Schauen, das gefühlsbetont
zur Aktivität drängk."

Langsam bricht sich heuke die Erkennknis Bahn,
datz jedes Kunstwerk nicht durch Nachbildung der
Autzenwelk, aus nur gegenständlicher ' Wirklichkeit
entstehk, sondern auf dem Mutlerboden inneren Er-
lebens wächst! Die so verachtete Seele erhälk ihr
Recht. Solch ein Ilnterrichk muß näkürlich — er wird
es auch in der Hand eines gewissenhafken Lehrers
— sowohl der Persönlichkeik des Individuums wie
auch — durch die aligemein gültigen Gesetze — der
Allgemeinheit gerecht werden. Er erfüllt damik eine
Grundforderung echter Erziehung.

Die Seele kommk zu ihrem Rechke! Damit ergibt
jich die Hauptforderung: „Der Unterricht im bild-
haften Gestalten muß psychologisch gegründet sein."
Der Lehrer muß sich in das Kind hineinleben.
 
Annotationen