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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 10 (Oktober 1935)
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Ciesielski, Franz: Wir schaffen Backmodel
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0229
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Kranz Äiesielöki-Äijllelüorf

Mr schgffen Aglkmoöel

/!»Vs war >n dcn Tagcn vor eincm wcißen Sonntar,
/ als ich mit mcincn Volksschuliungcn in dcr

. Xvcrkstätte an die Gcstaltung von Lackmodcln
hcrangchen wolltc und ;war sollten dic Gcstal-
tungcn in Bczichung stchen ;u dcm ticfcn Erlcbnis dicscs
Tagcs.

wir hattcn in dcn Zcichcnstundcn eincn Zvillkommcns.
gruss gczcichnet, gcmalt und bcschriftct und Glückwunsch-
kartcn aus Schwarzpapicr gcstaltct. paffendc Symbolc.
Rclch, Ähren, wcintraubcn in Verbindung mit Llütcn
und Llumcnkränzen ergabcn in paffenden Zusammcnstcl-
lungen immcr neue Losungsmöglichkeiten.

»Eincr Gruppc von 14 vungen, dic ihrc Aufgabcn ;ur
Zusricdcnhcit gelöst hattcn, gab ich auf, ihrc Vorstcl-
lungen durch cin neues Gcstaltungsmittel — dcn Gips-
schnitt — ;u vcrwirklichcn. Ich erzählte den Iungen von
einfachcn Dauernknechten und Dorfhandwerkern, die in
frühcrcn Zcitcn an dcn langcn AZintcrabenden ihrc innc-
rcn Gesichtc in Holzformcn hineinschniytcn, die ;u Festen
und Fcicrn als Back- oder Butterformcn Verwendung
fandcn. So wollten auch wir eine Lackform schaffen, da-
mit die Muttcr ein Gebäck herstellcn konnte, das mit
scincn Symbolen an das Erlcbnis des Tages erinncrtc
und ;ur Erhöhung dcr Feier beitragen sollte.

Eincn solchcn Lackmodcl ;u schaffen war den Rindern
ctwas völlig Vleues.

Da nahm ich sic behutsam an dcr Hand und führte sie
in ihr erstcs 'Rindheitsland zurück, als sie noch im Sandc
spicltcn und mit vcrschiedenen Blechsormen Luchcn, Ticre
und Vögel formten. Da fingen sic selbst von diesem erstcn
Formerlebnis an ;u berichten, wie sedc gelungenc Form
cinen hellcn Iauchzer auslöste und der als Sieger galt,
dcr die mcisten und schönsten Formen geschaffen hattc.
Ich spürte, wic da in dcn Rindcrn eine stille Freude auf-
blitzte und der heimliche wunsch erwachte, noch einmal
so spielen, so formcn ;u dürfen. Sind es nicht dic in
der Tiefe hockenden, ewigwachen Rindheitserlebniffc, dic
dem Menschen niemals Ruhe laffen, bis er ihrem Drängen
nachgebcn muss;

Vom Spieltrieb wollte ich ausgehen, vom „Spielcn" im
Sand, um sie zum Verstehen des andern ;u führen. So
schritt ich mit den Iungen ;um Sandkasten. Fein durch-
siebter, angefeuchteter Sand lockte. Da lagen die aus
Spcrrhol; selbst ausgesägtcn Formen: Hähne, Vögel,
pfcrdchen u. a. bereit, eckig mit der Sägc ausgeschnittcn
die einen, die Ecken gebrochen und gerundet dic andern.
So drückten wir die Formen in den Sand, und es bliebcn
scharf und eckig die einen und schön gerundet die andern
vcrtieft zurück. 2n diese Verticfungen konnten wir wachs,
Gips oder Blei hineingiessen. während die Linder so
„spielten", erzählte ich, wie icim Buchbinder ein solches
„Spielen" mit dcn Formen;u ernster Arbeit wird, wcnn cr
diese Formcn zur Vergoldung in das Leder des Buchrük-
kens odcr Dcckels drückt. Dann zeigte ich den Jungen eincn
alten Backmodel aus Holz, darin ein Vogel eingeschnitzt
war. wir füllten die Form mit Sand und sahen den
Vogel erhaben stehen. Ietzt stellte ich ihnen als Aufgabc,
ähnliche Förmen, wie sie auf dem willkonrmensgruss ver-
wirklicht warcn, in^xine Gipsform hineinzuschneiden. Einc
Gipsplatte war notig, die wir uns aud fcinem Alabaster-
gips oder Marmorzement gießen mußten. Alte Bonbon-
und Reksschachteln konnten uns zum Gusse gute Dienstc
leistcn. Es crfolgte das -Anrühren des Gipses.

.. lFn eine Schüffel oder eine Blechbüchse mit waffer

^urch. Hach dem Umrühren..stießen. "wipMM ,
(Buchse) rccht kraftig cmigemalc auf den TLsch, t
Luftblasen, dte sich beim Umrühren grbildet hatten, ent-

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wcichcn konntcn. Dann goffcn wir dcn Brci langsam in
dic Pappform und sticsscn auch dicsc wicderholt auf dcn
Tisch. (Nlan gicsst nur soviel Gussmaffc in dic Schachtel,
bis cinc plattendickc von ; Zcntimcter cntstanden ist.)
Nach dcm Trockncn dcr Gussform konntcn wir mit der
cigcntlichcn Arbcit bcginncn.


Mit Dcginn der nächsten Stundc kommcn wir auf das
werkzcug ;u sprechen. Vom Linolschnitt ist dcn Aungen
das Tifmcffcr bekannt. Auf altcn Gipsplattcn probieren
wir zunächst Einschnittc mit vcrschicdcncn Messcrformen.
wir findcn: Dcr Gips ist hart, cr läßt sich schwcr schnei-
den und staubt. wir tauchcn dic plattc in waffcr >md
laffen sic cinc weile darin liegen. Dcr Gips wird butter-
wcich und läßt sich gut schncidcn. Für runde Formcn
nehmcn wir cin Hohleisen, fiir eckige den Gcissfuss. Die
Iungcn haben bald herausgefunden: Man darf nicht gleich
;u ticf hineinschneiden, die Rändcr müffcn sauber ge-
schnittcn werden. Mit dcm Blcistist haben wir auf der
ncucn Gipsplattc nur flüchtig dic Form- und Lagebezieh-
ungcn angcdeutct. Es soll ja kcinc Dlcistiftzeichnung
nachgebildct werden, sondern das werkzeug soll in seincr
ihm eigcntümlichcn Sprachc die vorgcstcllte Form ver-
wirklichcn. Durch dic Vorübungcn auf dcr alten plattc
haben dic Iungen hcrausgefundcn, wic sich die werkzeug-
spurcn ;um selbstverständlichen Grnament reihen. Durch
Ausformungcn mit Ton odcr plastilin habcn sie sich über-
zcugt, ob dcr Schnitt gut „sitzt". . AMM

Emsig sind dic Aungcn bei ihrcr Arbeit. Hell leuchten
dic Augcn, wenn dic Ausformungcn zeigcn, wie die,ein-
fachcn schlichten Formcn ;u cincr singendcn, klingenden
Einhcit zusammenwachsen. Hicr und dort muß eine ve»
dorbene Form mit Gips neu ausgcfüllt wcrdcn. (Diefe-ÄUS-
formungen in Ton können mit farbigen Engoben in'U^
hartem Zustand bemalt und nach dem Trock
Muffelofen matt öder glasiert gebrannt wevden.
dann erstrebenswerte preise für Festc und Feiern
Schulgemeinde. Doch davon nur nebenbei.)

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