Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

DOI Heft:
Heft 10 (Oktober 1935)
DOI Artikel:
Parnitzke, Erich: Volkstümliche Bildnerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0228

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
TintenzeuA / Irdenwarc. Feuchtwangen.Mittelfrankcn um 1S40

Man vcrgleiche, was dagegcn als Nippes, ^ausgrcucl usw. offcnbarcr

Litsch und Verfall gewordcn ift:

der Art gehort weiter ciner großen Familie an, einschlicß-
lich des Hanipelmanns und des Rasper und der ganzen
Tierwelt aus der Arche tAoah und dem Zoo. Unversehens
sinden wir dann gan; eindringliche Zeugniffc schlichtcr
dcutschcr plastik: die Weihnachts-Leuchterengel und Nuß-
knackcr aus dem Erzgebirge (von denen im plovembcr
nochmal die Rede sein muß) und manchex verwandten
Gcbilde, die bisher überhaupt nicht eingeordnet wurden,
tatsächlich äber lebcnde und von jedermann erwerbbarc
„Vriginale" echter Volkskunst und klarster.plastik sind.
Der Schützenvogel als pommersche „Taube", wie ich ihn
in der Zeichnung bringe, ist ausgesprochen ebensolche klare
richtungsgestaltige plastik, auf deutsch: echte volkstümlichc
Bildnerei.

Die vom Verlag der Blaucn Bücher aus dcm schonen
Bändchen:

Rarl Simon: ),Figürlicbes Nunstgerät aus deutschcr
Vcrgangenheit" — jetzt in Leinen i.öo RM.
ausgeliehenen Bildrr sprechen wohl ausreichend, wenn ste
in Vergleich gesetzt werden mit Schülerqrbeiten, dic —
nach dem vorliegenden Motcrial — noch zwei rKefte hätten
füllen können.

Hicran mag deutlich werden, welchc Beispiele sür die
Handsammlung der Schule erwünscht sein müffen. wcr
teilt hier mit,. wo noch „lebende Märkte" dafür sein
mogen-

Äas pseuöo - antlke «^chönheltsideal" selt isoo

. . Die tiefste Entartüng der Formen, in welchen einst die
Hellenen ihre bildnerischen Erlebniffc gebannt, durch den
' ^ ld vie plumpcn Finger der Römer, sie

" itspriWip, das dic deutsche welt hun-
r geknechtct hat. vlicht nur im Be-
deten — Verbildeten, sondern bis zu den
lfttrn, Univerfitatslehrern, Fürsten steht
^ fchMlipsabgüffen gcfälschter Antiken
^ ' 'hvth» fest und unantastbar.

?(,ist ihm «nbvwußt pnterworfen.
N'findet, ^i r« «in Haus, ein
>iy, rm Dintz, immer ist es ein
ees; sogar Vas rasstsche Empfin-

banaken
wurde das
dert
wußtsein der
> Architekten,

vaS '

ÜIIIW)»'' >l>, > I lllüi'mu

' > 711'


den wird davon uber den Hauseii gcworscn, so daß man
Mamier „schon" ;u sindcn verpflielitet ist, dic dcm „Apoll
von Bclvederc" gleieiien oder dem Bild dcs jungcn Rafacl
und die Frauenschonlieit nael) dem Schcma dcr Vcnus
von Milo oder den Adealen der Hochrcnaiffancc formu-
liert,

was an Runst ncnnenswcrt war und ist in dieser Zcit,
das tritt aus als cinc cinzigc, leidcnschastlichc, immcr wic-
derbolte Auslcliniing des gesundcn Gcsühls und rasstschcn
Anstinktes gegen das schulmcistcrliche Gcspcnst dcs pseudo-
antiken „Schonhcits.Adcals".

Ain Grunde batte niemals cin Mcnsch wirklich ein Vcr-
bältnis da;u. Man cmpfand iiiimcr, daß das cigcntlich ein
grobcr Schwindcl war und so sctzte man „Schönhcit"
übcrhaupt glcich „faulcm Zaubcr"!

Nirgcnds hat dies Formcnschema seine todbringendc
Macht so ungchenimt ausgcübt, wie in dcr plastik, indcm
cs in wcnigcn Gahr;ehntcn das Endc dcr deutschen Skulp-
tiircn- und Stcinhaucrkunst herbeiführte. waren im
15. Aahrhundcrt die Traditioncn des Rokoko noch im
Handwerk lebcndig, wußtc im Ansang des iy. Iahrhun-
dcrts nur dic Schadow-Schulc noch ursprünglichcs Er-
Icbnis ;ur Anschauung ;u bringen, so hörtc dic plastischc
Runst gegcn dic Mittc dcs Gahrhundcrts ;u episticrcn
aus. An ihre Stelle trat die Fabrikation von Dcnkmälcrn
und Galanteric-Artikcl in ;uckrigcm Ularmor, süßlich-
glatte Bron;c und schäbigcm Gips, dic dem glcichzcitig
dic Häuscr verscuchendcn „Runstgcwcrbc" und dcr Schän-
dung der Städte durch grobc Bau-Amitationen entspra-
chcn. Einc Malcrci hat es zwischcndurch, wcnn auch lange
Zcit nur im Vcrborgcnen, immcr gcgcben.

Dic plastik aber hattc übcrhaupt aufgehört.

Aus Gcorg Fuchs: „Drutschc


Lcuchter / Steinzeug, grau, blau, mangan; braun bcmält. Wegeiwald. -,
Endc i7. Iht.
 
Annotationen