Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

DOI issue:
Heft 9 (September 1935)
DOI article:
Hastung, R. W.: Richtet deutsche Volkssingschulen ein!
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0220

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
«Auöltslkü! I. Ä). Xcichsrcferent fUr Dolkssincken und Volkssmgschulcn in dcr Xeichsleituny dcs PlS.-

Lchrerbundes, Berlin-Halensec

Mchtel öeuksche Nolkssmgschulm elu!

'cin erstcr Ruf zur Errichtung von Volkssing-
schulen erklang vor etwa ;o Iahren. In einer
Immediatcingabe an den damaligen Raiser
wilhelm II. snchte ich von der iAützlichkeit
und Notwendigkeit dcr Singschulen ;u Uberzeugen und bat
um Rat und Hilse. Daß auch die finanzielle Scite erwähnt
werden mußte, lag in dem Ncuen bcgründet. l-lach eini-
gcr Zcit crhielt ich die erste Nachricht von — der Rrimi-
nalpolizci! Durch den Ubrigens musikinteressierten Rrimi-
nalkommiffar auf Her; und Vläeren mit oft schmun;eln-
dcnen Miencn — hier lag ja ein etwas kurioser Fall vor!
— geprüft, verließ ich das Amts;immer mit der Emp-
findung, daß der Gcstrcnge cinen günstigen Lericht Uber
die persönlichkeit des petenten machen würde. Bald dar-
auf erhielt ich von höchster Stelle einen abschlägigen Be-
schcid mit der Legründung, daß für solche Zwecke keine
Mittel vorhanden seien. Spätcr lehnte der rotc Stadt-
schulrat paulsen, L>erlin, ein ähnlich lautcndes Gesuch mit
dem Schreiben vom re. Mai isri abi „wegen Zeitman-
gels muß die Angelegenheit betreffend Einrichtung einer
städtischen Singschule vorläufig ruhen." Mit dem letzten
SPD.-Stadtschulrat habe ich un;ählige Male persönlich
verhandelt; leidcr verliefen diesbe;ügliche Lesprechungen
aus hicr nicht weiter ;u erörternden Gründen im Sande.
Dic von mir gegründete Privat-Singschule und der
Hastungsche Rnabenchor haben jahrlang einc achtbarc
Stellung im Berliner Musikleben eingenommen. Da aber
jedc staatliche und städtische Hilfe fehlte, war ihr Schick-
sal besiegelt. Auch jetzt ist wieder engste Fühlung mit der
Stadt Lerlin gcnommen, um eine Muster-Pflegestätte
unsercr Volksmusik-Erzichung ;u errichten, und ich kann
berichten, daß meine Anregungen auf fruchtbaren Boden
gefallen sind.

wo;u stnd eigentlich diese Volkssingschulen dar" hört
man ininier wieder fragen. „Das Singen lernen die Rin-
der doch in der Schule!" Darauf ist ;u erwidern: sie
„könnten" es lernen, ). wenn dic nötige Zeit (r—4 Stun-
dcn wöchentlich für jedes Rind!) vorhanden wäre, r. wenn
cs Ric notwendige Zahl Lchrkräfte gäbe, die im Gesang
untcrrichten könnten, denn Singen ist die Basis aller
Volks- und Schulmusik, z. wenn Staat und Rommunen
wieder instand gesetzt sind, nicht allein mit schönen wor-
ten dic Musik ;u preisen, sondern ihr Antereffe für Volks-
musik auch durch die Tat, besonders durch Geldopfer, ;ü
beweisen. wir Nationalso;ialisten kämpfen um dic dcutschc
Seele: das kostet Rraft, Mühe und — Geld. Da;u komnit,
daß durch die oberflächliche Behandlung der musikalischen
Belange von seiten vieler Musiker;ieher und durch die;. D.
falsche Ausnuyung des Rundfunks in den letzten 15 äah.
ren cine Gleichgültigkeit bei klein und groß gegenübcr
dem Anhörcn guter Musik und der eigencn Müsikbetä'ti-
gung platz gegriffen hat, dgß nian von cincm Nieder-
gang deutscher Volksmusik sprechen muß. Diesrr ist über-
all zu spüren: in den Schulen, in den Ronzertsälen, i« der
Hausmusik (immcr noch Schlagerl), im privatmusik-
«nterricht, in der Musikinstrumcntenindustrie und bei
unsernr Musikerzieher-Nachrvüchs, der auf Flächenwirkung
und nicht auf Tiefarbcit eitigestellt ist. Die Bchauptung,
daß die schivcren tpirtschaftlichen. Verhältniffe allein für

hen Liefstand un
W .M Hinölick gi
gen, d.e oft bes Hö.

'kultuv verantwortlich
'ych spörtlicher Veranst
M»erfü«Ü!

schenLMenOenMWWMepE-^W^..

sie hegen und pflrgen/.A»i«nd chte Mr nur können. <

Hcrder sagt ,7öS in seinen „Rritischen wäldern": „Das
Ohr ist der Seelc am nächstcn."

I.Das wesen dcr Volkssingschule.

Die Volkssingschule ist eine Stätte ;ur pflege volks-
tümlichcr 'Sangeskunst. AIs musikalische Arbeits- und
Lcrnschulc ergänzt und überholt sie die gesanglichen Ziele
andcrer Schulen und legt einen feften Grund ;u jeglicher
Musikpflegc. Dadurch wirkt sie mit ;ur Hebung deutscher
Volkskultur und ;ur Stärkung dcutschec Volksgemein-
schaft. Eine Musterstätte deutscher Volksmusikerziehung
ist die von Albert Greiner gegründete und jctzt unter
Leitung von Gtto Aochum stehende Augsburger Volks-
singschule.

r. Die Notwendigkeit der Errichtung von

Volkssingschulen.

Das deutsche Volk nimmt unter allen Völkern eine der
erstcn Stellungen auf dem Gebiete der Runst und der
Dechnik cin. Unsere Volksmusik ist in den letzten 20 Jah-
ren durch marpistisch eingestelltc Musiker und Laien auf
ein Vliveau herabgedrückt worden, das nur als beschämend
-bezeichnet wcrden kann. Die internationale undeutsche
Gberflächenmusik hat auch von der Schule Besitz er-
griffen. Dazu wurdc die Zahl der wochenstunden im
Laufe der Aahrc so vcrmindert, daß von einem gedie-
gencn Musikuntcrricht kaum die Rede sein konnte. Heutc
gibt es schon Rlasscn, die übcrhaupt keincn Musikuntcr-
richt haben; andcrweitig hört man von kombinierten
Rlaffen mit einer Schülerzahl, die gar keine Musik-
erziehung ermöglicht, sondern nur eine Singerei oder
gar Brüllerei mit Einpauken von Melodien. An an-
deren Schulcn wird das Volkslied durch laienhafte Gn-
strumentalmusik zurückgedrängt. Die von den Musikwis-
senschaftlern in den Lehrplänen gestecktcn Ziele erwiesen
sich als ;u hoch und konnten nlrgends erreicht werden.
Wcnn auch hie öffentliche Schule der Erfüllung ihrer ge-
sanglichen Vcrpflichtungen gewachscn wäre, bliebe immer
noch reichliche Arbeit für die Gingschüle. Sie würde für
besonders Legabte in erhöhtem Maße erwünscht sein. Auch
muß sie dic pflanzstätte dcs Sängernachwuchses unserer
Lhorvereine werden. Dicse stehen in Gefahr, der un-
deütschen Gbcrflächcnmusik ;Um «vpfer ;u fallen und als
Säulen der deutschen Musikkultur gestürzt ;u werden'.
Den falschen Propheten muß entgegengerufen werden: Bis
hicrher und nicht weitcr!

Es besteht dic berechtigte Befürchtung, daß in Deutsch-
land das Gefühl für einen ,,richtig siyenden", gesunden
und ästhctisch ejnwandfreien Gesangston verloren geht,
nicht nur in Schule und Haus, auf der Straßc und im
Lager, sondern auch im Ronzcrtsaal und auf der Bühne:

;. Z w e ck der V 0 lkss i n g s ch u l c n.

Es söll Freude und Verständnis für edlen Gesang in
wejtesten Rreisen ves Volkes geweckt werden. Dies wird
ebreicht -durch Bildung und pflege der Stimme, "

rung in das praktische iAotcnsiiigen, ^'
und Gehörsingeii und sMießlich durc
das verständnis di» müsikälischen Runstwerke
sche Geele soll wicder rmpfänglich
^<-»wtschp)WvO!, für! deutsches.
mat. ÄMusik. svll HÄftch t»«i

MsWMU..

LsL
 
Annotationen