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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 10 (Oktober 1935)
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Gottschow, Albert: Ernte, Kinderarbeit und Volkskunst
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Stolpe, Albert: Wie lassen sich die Erkenntnisse von Gustaf Britsch auf die Plastik - insbesondere die Kinderplastik - anwenden?
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0232

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Db das, was da cntstand, Volkskunst ist odcr nicht,
dartibcr zerbreche tch mir nicht dcn Ropf. Volksnak ist
cs stchcr und in „bildncrischcr Muttcrsprachc" gcsprochcn
jst es auch. Und in dicscr „bildncrischcn Nluttcrsprachc"
haben die Vordcrcn dicscr Lindcr fruhcr cinmal Volks<
kunst gcschaffcn, wie dic schöne Stcinmcyarbcit an cincm
Wcinbaucrnhausc in Gdcrnhcim bis aus diesen Tag be>
weist (2)ild

Gcwiß haben die Rindcr noch nicht dic sichcrc und gc>
tibtc ^and dicscs in Stcinmctzarbcit erfahrcncn Vordcrcn;
abcr sic stammen aus seincm Llut und Dodcn und habcn
als seinc I(7achfahrcn noch Tcil an dicscm Llut und Do-
dcn^ wie dcr Verglcich von Lild ; und r sinnsällig zcigt.

AIs ich nach getancr Arbcit mit mcincn nun schon in
der Sachc „crsahrcnen" klcincn Frcunden vor das Relicf
am weinbaucrnhause trat, sagtc eincr: ,,-^crr Lährcr,
dat Ding hom mcr awcr noch nic so richtig g'sähcn —
dat is awcr scheen 'erausgchau'."

^ ^

Aus ihrcr eigencn bildncrischen Tätigkcit hcraus

wird unscrc Augcnd cinc unmittclbarc und nachhaltig
Vcrbindung mit dcr bildncrischcn Rultur dcr Vordcrci
habcn und bckommcn: unmittclbarcr, tibcrzcugcnder uni
nachhaltigcr, als sic jc cinc bcgrifslichc Bctrachtung voi
Volkskunst schaffcn kann. Das sagc ich, wcil es hcute je
dcm bclicbt, übcr die Volkskunst zu sprechen — ii
Schulstubcn und Arbeitsgcmeinschaften.

Rcdcn wir wcnigcr von ihr, lehren wir dic Rindcr abci
ihrc „bildncrischc Nluttcrsprachc" sprcchen und lassen wii
sic nicht altc Formcn, auch nicht „Nlodcrncs" nachahmen
Führcn wir sic an dic Oucllc! „Dic Guellcn der Volks
kunst sind nicht allc vcrstcgt — ihrc lebendigste,und fü>
dic Zukunft wichtigstc flicßt, von den mcisten überseher
und mißachtct, im bildncrischcn Schaffcn der Rinder unt
^eranwachsendcn ... Dic Formcnsprachc dcr modernen bil>
dcndcn Aunst — einc ausgcsprochen volksfremde Runst —
verstcht das Volk nicht, darum soll man ihm seine bildne>
rische Muttersprachc lasscn, die es sich in kräftigercn
Lcbensaltcrn als Volkskunst geschafsen hat" (^eft ö/s, ,s;x
des „Dcutschcn Lildungswesens", herausgegcben vom
Hauptamt für Erzichcr im NSLB.)

Albert ^tolpe: Liel-^letrichgLorf

wie lassen sich die Erkenntniffe von Gustaf Britsch auf
die plastik — insbesondere die Rinderplastik — anwenöettf

Dics ist cin Auszug aus dcr Arbeit cincs Studiecendcn dcr H.f.L. ^icl «>n Schluß i
das Tkcma cntstand aus dein psycholsnischcn Seminar.

Von Vollplastik kann man erst dann spr '
den kindlichen plästiken ' . . - -

Formteile hinzutritt. Sntspr
unterschied verwirklicht I
zunächst in allgemeinster ^

Lopf). Dieser Stufe entsp


ie Erkenntniffc von Britsch-Rornmann, die sich
nicht nur aus die Zeichnung und auf die Male>
rci, sondern auf das grundsätzlich Bildnerische
bcziehen wollen, beanspruchen Geltung für je-
dcs Gcbiet dcr bildenden Runst. Die von Britsch aufge-
zcigten Gestaltungszustände müßten demnach überall sicht- ,
bar sein, wo Menschen irgend etwas für das Auge Sinn- (Abbrldung )r) abgebildete
volles gcstalten, sie müßten stets aus der inneren Struk- k>Sur. Auch das Rleinkind
nir des Gebildes herauszulesen sein. Der Gestaltungszu- ber walzrn- und Schrih«,
stand müßte sich durchseyen durch alle werkmittel und m der Ausdehnung sind nu,
auch gegen das Material, denn nicht die Dechnik, sondern achten, daß die zufälligrn
der Geist schafft die Bildgestalt. Allerdings stnd Material bki plastischem

und Technik nicht gleichgültig

1. Gie bcstimmen zwar nicht dic Gtruktur des werkes,
aber sie wandeln doch das Ausschen der Bildgestalt deut-
lich ab; r. das Material kann dem Gestaltungsvermögen
rines Menschen mehr oder weniger entgegenkommen. (Äede
Stilepochc hat auch ihr besonderes Material und ihre be-
sondere Technik.)

Schon die plastiken, die im Rindergarten und im ersten
Schuljahr entstchen, zeigen in ihrem Gestaltaufbau, so-
sern sie nicht nur so aus bloßem Ausdrucksbedürfnis, son-
dern aus unbewußtem Strcben nach Durchgestaltung her-
rühren, überpersönliche Gesetzmäßigkeiten, dic das Auge
angehen. Sie zeigen eine zwar primäre, abcr ganz be-
stimmte anschauliche Ordnung und erhalten dadurch ihren
bildnerischen wert. Alle ihre Teile sind gleichwertig und
stehen im gcößten Richtungsunterschied zueinander. —
Man kann bei hen frühsten plastiken eigentlich nicht von
Vollplastiken redesj, denn zuiiächst sind ihrc walzenförmigen
Deilformstücke gar'nicht in ihrer Ausdehnung, sondern als
Rörper-Erstreckungen gemeint. Die Tatsache, daß dennoch
ausgedehnte Formstücke zu sehen sind, ist mchr ein durch
das Material bedingter'XSegleiterfolg. Lesonders wenn
Rinder die Aufgliederung i» Aste und Zwcige darstcllen
wollen, gelangenste ost zu einer unplastischen, fast zeichne-
.rischen Verwendüng des Materials. Das kleine Rind meint
... ... ... ^ Einzelgestalt, sondern seyt »der

. aus den rmzttven Ligüren.tin .'Gruppen-Bild zusam-

Zusammenhang "

MSs- > ' . - AW

siW ..

Es ist in Anlehnung an
Stufen gesagt hat, nicht s
Richtung die Feingliederung der Form
Zweierlei erkennbar: / ^

1. Die Feingliederung in der Richtung der Formstücke
zucinander und zur Gesamtform, 2. die Beurteilung pon
Richtung in dem Verlauf der Umgrenzung der ausgedehn«
ten Form. Als das höchste, was Volksschulkindeen erreich-
bar ist, muß nach meiner Erfahrung die Stufe de» Riih«
tungszusammenhanges gelten. In der Theorie sind HD-
treffliche Beispiele für die Stufen beginnendrr Richtungs-
difserenzierung und vollendeten Richtungszusammenhanges
in den Abbildungen 1; und 14 gegeben. , .

Unsere Abbildung 1 zeigt eine Reihe von Rinderplasti-
ken. Daran mag deutlich werden, was Britsch mit drm
Begriff „Ausdehnungsunveränderlichkeit" meint. ÄAe
diese plaftiken stehen selbstverständlich — physikqllsch ge-
sehen — im Raum. Daß sie aber — künstlerisch gesehen S-
nicht im „Raum" stehen, oder mit anderen worten, daß sie
nicht ausdehnungsveränderlich gemeint sind, geht schon
daraus hervor, daß sie dem Betrachter in einer gan; be-
stimmten Ansicht vor die Augen gestellt sind. Es ist nichL
ohne Absicht und Sinn geschehen, daß man sie so hingestellt
Hat, daß sie gleichsam als Silhouette Nesehen werden müffen.
Man „hat" sie tatsächlich gayz, wenn man sie von der
Seite sieht. Frühe plastik will streng frontal oder strrng
von der Seite gesehen iverden, nie aber schräg dazu; es
rntstehen sonst kühne, aber durchaus nichtgemeinte Über-






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