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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 6 (Juni 1935)
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Mundt, Erich: Heraldische Formenkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0129

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Erlch Altin-t-Siel

HeMWe Zormenkunöe

i.

ie Auswertung dcr wappenkunst im Bildunter-
richt sctzt cine gründlichc Renntnis ihres wc-
sens und dcr heraldischen Formenkunde voraus.

Im Rahmen dieses Aufsatzes ist die Beschränkung auf
das Wichtigstc geboten. Es soll deshalb nur das gebracht
werden, was allgemeingültigund über Meinungsverschieden-
heiten erhaben ist.

Dic Heraldik, die Runst der Herolde, umfaßt sowohl die
Aenntnis der Rcgeln und Gesetze der wappcnanfertigung
und wappcnführung, die wappenkunde oder theoretische
Hcraldik, als auch ihre Anwendung, die eigentliche wap-
penkunst, die praktische Heraldik.

Nach Dr. Frhr. von Sacken sind wappen „bestimmte,
nach gewiffen Grundsätzen und Regeln verfertigte Bildcr,
die von personen oder Rörperschaften als eigentümliche,
bleibende Abzeichen und mit einer besondercn Berechtigung
gebraucht und geführt werden".

Die Entstehung der wappen fällt in die Zeit der Rreu;-
;üge, in das Ende des 11., besönders aber ins ir. Iahr-
hundert. Die Sitte, wappen ;u führen, verbreitete sich
damals fast über gan; Europa und erhielt in jeder Vlation
ihr besonderes Gepräge. Durch Bemalung der waffen
mit bestimmten Bildern machten sich die Herren, die mit
ihren Reisigen und dem Gefolge gemeinsam ins Feld ;ogen,
untercinander kenntlich. Die Entwicklung des Rittertums
und seiner Einrichtungen beeinflußte dann weiter die Aus-
bildung des Wappenwesens.

Bei den Rampfspielen führten die Ritter ihr wappcn
als Ab;eichcn, wodurch sie ihre Ritterbürtigkeit und die
Lefähigung ;um Turniere nachwiesen. Die wappen wur-
den durch die Herolde, dic Boten des Adels und Ausrufer
bei den Durnieren, die eine hesondere Amtstracht, den sog.
Tappert, trugcn, geprüft. Ihne'n'' lag böi deir ritterlichen
Rampfspielen so;usagen dic technische Leitung ob. Sie
meldeten die einreitenden Ritter an und überwachten die
Vrdnung in den Schranken. Sie beglaubigten die wappen
und hatten die Rontrolle über ihre rechtliche Anwendung.

Auch bci wappenverleihungen spielten sie oft eine Rolle,
verfaßten die wappenbeschreibungcn (Blasonikrungen) ;u
den Lriefen oder stcllten auch im Namen ihres Herrn
^Wappenbriefe selbst aus. Sie setzten die Regeln zur An-
fertigung der wappen fest uvd bildeten sie rm Laufe der
»Zeit ;u einer schwiepigen wiffenschaft aus.

/ Man unterscheidet Familien- öder Geschlechtswappen,
'Gemeinschastswappen (für Länder, Städte, Listümer,
i Zünste, Gesellschaften) und Amtswappen.

) pns sollen in erstrr Linie die Familienwappen inter.
hrssieren. ^ ' --- . / (—

;. Dic Zeit dcs Derfalls: iö. Jahrh. bis ;ur Neu;eit.
Dcr heraldische Schild wird nicht mehr wirklich gc-
tragcn und bcsteht für sich allein. Es kommt einc
Mcnge unwesentlichcs Beiwerk hin;u. Die alten He-
roldsregeln gehen immer mehr verlorcn, und es reißen
willkürlichkeit und Mangel an richtigem Verständ-
nis ein.

Dic Hauptbestandteile des bürgerlichen Familienwappens
sind der Schild mit den Bildern, der Helm, die Hel m-
;ier, auch Helmkleinod oder Zimier genannt, und die
Hesmdecken.

Auch bei neu angenommenen wappen darf keiner dieser
vier Bcstandteile fehlen.

Städte und Rörperschaften führen meistens nur den
Schild. Jn der Zcit vom 11-—i;. Iahrh. tritt der Schild
auch allein als Familienwappen auf.

Schildhalter, Rangkronen, Hüte, wappenmäntel, wahl-
sprüche (Dcvisen), Fahnen und Grden sind Nebenbestand-
teile, die für nicht-adelige wappen im allgemeinen nicht
in Betracht kommen. Da sie neueren Ursprungs sind, kön-
ncn sie auch bei wappen in den Runstformen des i;., 14.
und der erstcn Hälftc des 15. Iahrhunderts keine Ver-
wcndung finden.

Im Mittelalter war es ;war auch üblich, den Helm
allein, ohnc Schild, ;u führen. Heute ist es ungewöhnlich,
wenn auch nicht gerade fehlerhaft.

Bei bürgerlichen wappen kommt, besonders im iö. und
17- Iahrh. die übliche wappcnmäßige Helmkrone mit drci
Blättern und ;wei pcrlen vor. Es ist richtiger, sie ;u ver-
meiden, entweder die Helm;ier unmittelbar auf dem Helm
an;ubringen oder statt der Rrone den wulst, dcn sog.
cisst (Tafel V, 7) ;u verwenden. Da der wulst jedoch
englischen Ursprungs ist, dürfte seine Anwendung bei deut-
schen wappen nicht recht begründet sein.

2. '

Der Schild ist der wichtigste Teil des wappens. Er
kann das wappen für sich allein vertretcn. Die wahl der
Schildform ist freigestellt, vorausgesetzt, daß sie wappen-
mäßig ist und die anderen Bestandteile nicht im wider-
spruch ;u der gewählten Form stehen. (Tafel VI—VIII).

Als wappenmäßig gelten:

I.Der sog. Dreiecksschild: eine Nachbildung des im
ir. und 1;. Iahrh. wirklich gebrauchten Schildes, der
seiner Größe wegen an einem Schulterbande getragen
wurde (Tafel 1,1). Die um i;oo auftretende, im obe-
ren Drittel ausgebauchte Form (Tafel I,r) verschwin-
det allmählich^Jm 15. Jahrh. werden die Seiten ge-
rade und setzen im rechten winkel an dem oberen
Schildrande an (Tafel I,;).

r.Der mehr „viereckige", unten abgerundete Schild
(Taftl I, 4) entwickelt sich später aus der Dreiecks-
sorm., , ' ,

;. Auch die ledernen Stechschilde oder Tartschen (Tafel l,
> §, 7) werden als heraldischer Schild verwxndet. Sic
sind an der „rechttn" Seite miteintm tiefen Einschnitt
;um Einlegen der Lan;e versehen.

W.
 
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