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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 11.1830

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https://doi.org/10.11588/diglit.13628#0314
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502

hinter der reizenden Figur des im Schlummer hingestreck-
ten Gottes hervorschimmern, kein Zweifel übrig bleiben,
wessen Geliebte sie sei). Amor ist an der obern Hälfte
feines Körpers nackt und hat den rothen Mantel um die
Beine geschlungen. Die Ruhebank, auf welcher wir ihn
sehen, befindet sich in einem offenen, von Säulen getra-
genen Gemache, das von einem grünen Vorhang gegen
die Luft geschirmt ist. Doch ist der Vorhang etwas zurück-
geschlagen, so daß er den Blick auf das Meer, ferne Kü-
srenberge und die ersten Strahlen des anbrechenden Morgen-
rothes »erstattet. Psyche hält mit der Linken die Lampe
hoch empor, mit der Rechten drückt sie den Dolch an sich
und hat mit derselben zugleich ihr Gewand gefaßt, welches
sich von da um ihre Füße schlingt. Sie legt sich in sehn-
suchtsvoller Bewunderung des Schatzes, den sie besessen,
ohne ihn zu kennen, vorwärts. Dieß ist der Moment, in
welchem der verhängnißrciche Tropfen der Lampe entfällt.
Recht lieblich steht sie da; das blonde Haar ist mit blauem
Bande zwiefach aufgewunden und fallt in wenigen Locken
auf den Hals herab; in der ganzen Gestalt ist Staunen und
Neugierde, Furcht und Kühnheit gemeinsam ausgedrückt.

No. 6, von Gutcknnst, 2' 8" hoch, 6' 8" lang.
Amor entschwindet unter Vorwürfen der Unvorsichtigen,
welche sich vergeblich an ihn anzuklammern und seine Flucht
zu hindern gesucht hatte. Psyche liegt am Boden und
wirft dem Entschwebenden wehmüthige, sehnsüchtige Blicke
nach. Die Scene ist im Freien, weil, nach der sonderba-
ren Erzählung des Apulejus, Psyche sich an das rechte Bein
des Amor gehängt und so mit ihm sich emporgeschwungen
habe, bis sie zuletzt müde zu Boden gefallen sey und nun
Amor — von dem Gipfel einer Zypresse herab — ihr eine
ernste Strafrede gehalten habe. Hier schwebt Amor im
Freien, was sich auch als ganz angemessen dem Auge dar-
skellt; abgesehen von der lokalen Unmöglichkeit, bei der
niedrigen Höhe dieser Flächen den auf einer Zypresse ste-
henden Amor anzubringen.

No. 7, von demselben; eben so hoch und lang. Psyche,
von dem Gotte verlassen, hat sich in der Verzweiflung in
den Fluß gestürzt, aber der Fluß hat sie an's Ufer gespült,
ohne sie des Lebens beraubt zu haben. Am Ufer empfing
sie Pa», um sie mit ernsten Lehren und kräftiger Mahnung
auszustatten. Beide Erzählungen des Mährchens hat der
sinnige Künstler so vereint, daß die halb Entseelte von
dem rettenden Flußgott, dessen menschliche Gestalt in ei-
nen Fischleib auslauft, sorgsam an das Ufer getragen und
hier von dem in Schilf verborgenen Pan erwartet wird.
Psyche liegt auf dem Fischleibe des Flußgottes wie auf
sanftem Ruhbette, und das Ganze gewährt einen harmo-
nischen, wohlthuenden Eindruck. Ebenso:

No. 8, von demselben, eben so hoch und lang. Psyche
hat die schwerste Aufgabe der zürnenden Venus'gelöst.
In der Unterwelt hat ihr Proserpiua die Schminkbüchse

gefüllt und nun fährt sie im Nachen des Charon nach dem
Lande der Lebendigen zurück. Die unter Angst errungene
Gabe drückt sie freudig an ihre Brust und sieht noch ein-
mal in die glühenden Räume der Unterwelt, die über-
standcnen Gefahren und erlittenen Trübsale überdenkend.
Nun, glaubt sie, ist alles gewonnen; ich habe gebüßt, ich
bin geläutert und die feindselige Mutter des Geliebten
kann mir nicht mehr grollen. Aber so ist der Mensch.
Er triumphirt, ehe er mit seinem Kampf zu Ende gekom-
men, und wer die schwere Versuchung überwunden und
dadurch sorglos geworden ist, wird nur desto gewisser vom
leichteren Fallstrick eingefangen. Daher denn auch dieser
Moment der Auffassung höchst glücklich genannt werden
darf. Charon, alt und gebeugt, kümmert sich wenig um
die Gedanken, Sorgen und Siege des Mädchens, dem
er sonderbarer Weise zur Heimkehr in die Kreise der Le-
bendigen behilflich seyn muß. Er rudert still und ernst
hinüber und, je weniger er das Interesse für sich selber
spannt, desto mehr fesselt er die Aufmerksamkeit des Be-
schauers auf die liebliche Erscheinung Pjyches und auf den
bedeutungs-, ja verhängnißvollen Zustand, in welchem sie
schon vor dem Ziele ihrer Laufbahn Siegerin zu seyn
träumt.

No. g von demselben, eben so hoch und lang. Psyche,
welche der Neugierde und Eitelkeit nicht widerstehen kön-
nen, ist, von dem betäubenden stygischen Dunste, der aus
der geöffneten Büchse qualmte, ihrer Sinne beraubt, zu
Boden gesunken. Aber der aus der mütterlichen Haft
eben zu rechter Zeit entsprungene Amor kommt ihr zu
Hilfe, denn auch sein Herz war bisher von Liebe und
Sehnsucht nach Psyche verzehrt wordene Cr unterstützt
die Sinkende, baß sie nun an seinem linken Beine ruht,
und berührt sie auf's Neue mit seinem Liebentzündenden
Pfeile, nachdem er den stygischen Schlaf freundlich von
ihren Augen gewischt hatte.

No. io, Dreieck von Gegenbauer. Amor schmei-
chelt dem Jupiter um die Piyche. Jupiter sitzt auf schwe-
rer dunkler Wolke, den rothen Mantel um die Füße ge-
schlungen, und drückt den schönen Knaben mit derber
Zärtlichkeit an sich, während sich Amor mit den freund-
lichsten Blicken ihm anschmiegt, den rechten Arm um den
Nacken des Weltgebieters legt und mit der Linken nach
der Erde auf das Loos der verlassenen, von Venus ver-
stoßenen und gekränkten Geliebten deutet. Wer vermochte
auch einem solchen Fürsprecher zu widerstehen? Am we-
nigsten Jupiter, der im gemeinsten Verstände roher Sinn-
lichkeit allliebende König der Götter und Menschen. Sein
Adler, den Blitz im Schnabel haltend und des königlichen
Befehls gewärtig, sieht auf die zärtliche Scene nicht ohne
Eifersucht herüber. Hier hat der Künstler seinen ersten
Entwurf geändert, der, unstreitig eigenthümlicher und
niedlicher, den Amor von Jupiter gehalten und mit schel-
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