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spiel seiner eigenthümlichen Weise ist eine Verkündigung
ans einem Altarbilde jener Kirche, die freilich zn welt-
lich ger-tthen war, besonders in der heimlich erotischen
Figur des Engels Gabriel und in den eingewebten
Amvrinen, so daß die Geistlichkeit, nach und nach erwa-
chend ans ihrer Blindheit, den hartnäckigen Meister
endlich dazu vermochte, dem irdischen Abkömmling ein
Paar Windmühlenflügel anzusetzen, wodurch in dem Gan-
zen ein wahrhaft humoristischer Contrast entstanden ist.
Manche ästhetische Genterin wird mit dem reformirten
Bilde übel zufrieden seyn und ihre Andacht merklich
kälter verrichten.
Die beträchtliche Sammlung des Herrn Descamp
enthält angeblich mehrere Bilder von Tizian, Cor-
reggio, Guido, mit größerer Sicherheit verschiedene
Arbeiten von van Dyck und Rubens, von dem Letz-
tern namentlich eine Skizze aus dem Leben des heiligen
Benedikt, der indessen, wenn die Angabe richtig ist,
nur vermittelst eines Anachronismus Attila gegenüber
gestellt werden konnte. Rubens soll in seiner Mei-
sterschaft, wie es heißt, bloß in den Niederlanden er-
scheinen. Dieser Ausspruch lautet zu unbedingt. Er-
scheint er irgendwo großer als in den sieben Deciusbil-
dern der Lichtenstein'schen Gallerte in Wien? Oder sollten
eben daselbst im Belvedere drei seiner Hanptbilder den
einzelnen Schätzen der Niederlande viel nachgeben?*)
Die ganze Aechthcit seiner Bilder muß auf jenem Boden,
wo sich so viele helfende Hände für ihn bewegten, in
den meisten Fällen höchst problematisch se»n. Die Herren
von Rotterdam, de Bast, Dewater, Gelbeck zeigen gefäl-
lig, was sie an Knnstgegenständen besitzen; der Letztere
ist zugleich-sammelnder Liebhaber von Ueberbleibseln aus
dem häuslichen Leben der alten Niederländer. In
Brügge wird den Manen Hemmlings besonders ge-
opfert, dessen Geist die Verfasserin bereits in einer
früher» Schrift mit glücklichem Erfolge beschworen hat.
Zum Beweise der Aechtheit einer Marmorstatue von
Michel Angelo, Madonna mit dem Kinde, wird
eine Stelle aus Albrecht Dürers Tagebuche angezogen.
In derselben Kircbe befinden sich die kunstreichen Grab-
maler Karls des Kühnen und seiner Tochter Maria.
) Fiorillo nennt sie St. Ildephonsus, St. AmbrostuS.
St. Ignatius; der crstere wird wohl dem St. Nave-
rius Platz machen müsse», dem Zerstörer japanischer
Götzenbilder. Da. wo er von dem ersten Bilde der
Forma». Rubens zweiter Gattin, einer wohlhäbi-
gcn Schönheit spricht, legt er ihr de» »mgeworfenen
Pelz als eine ursprüngliche Zuthat des Künstlers bei.
Dieser hatte sie aber inr reine» Naturzustände darge-
stellt, und der Pelz ist ihr erst unter Maria Theressa,
wahrscheinlich in einem sehr harten Winter, wo der
Maler selbst fror, zur Bedeckung nachgcsendet worden.
So besagt wenigstens die Wiener Tradition.
Als die Verfasserin in Antwerpen ankam, fand sie
Einwohner und Fremde durch das Jubiläum des wun-
derthätigen Marienbildes in die lebhafteste Bewegung
versetzt, wahrend die versammelte Kunstwelt sich nicht
minder angelegentlich mit der Vertheilung der ansge-
setzten Preise beschäftigte, lieber die Kathedrale und
über andere Merkwürdigkeiten der Stadt hätte sich die
Verfasserin etwas mehr verbreiten können, wäre sie an-
derswo bei ziemlich unbedeutenden Gegenständen kürzer ge-
wesen. In Betreffeines dortigen MeisterwerksvonR u ben s
hat sich die Verfasserin geirrt; sie. erklärt die Grable-
gung dafür, cs ist aber eine Abnahme vom Kreuz.
Hierauf folgen interessante Nachrichten über die PreiS-
aufgaben und deren Lösungen. Schade, daß wir nichts
Durchgreifendes erfahren über die Richtung der neuen
niederländischen. Kunst, ihr Verhältniß zur Vergangen-
heit und Gegenwart, ihre verschiedenartigen Bestrebun-
gen. Aus de» darüber im Kunstblatte zerstreuten No-
tizen läßt sich indessen ein ungefähres Bild derselben zu-
sammensetzen. Unter den Künstlern Antwerpens ragt
besonders Herr van Br«c, Direktor der Akademie,
durch Zeichnung, Geschmack, Fleiß und Enthusiasmus
hervor, diese Schilderung trifft mit anderweitigen Ur-
theilen glücklich zusammen. Er hat sich früher an fran-
zösische» Vorbildern und den Antiken gebildet und soll
jetzt mit angestrengter Kraft ans den Leuchthurm des
Rubens Ivssteuern. Wird die alte und neue Zeit sich
harmonisch ausgleichen? Und wie steht es unter diesen
Umständen mit dem Colorit? Es haben sich hier und da
über diesen Punkt einige Zweifel erhoben.
Bei einer Eröffnung des Grabes in der St. Ja-
kobskirche, wo Rubens ruht, war Herr van Br<-e
nahe daran, hingerissen von den wohlerhaltenen Zügen
seines tiefverehrten Lieblings, ihm die Hand zu küssen,
man mußte ihn znrückhalten, fährt die Erzählung fort,
sonst hätte er mit dem Ungestüme der Liebe sicherlich
den Leichnam in Asche zerstäubt. Eine kleine, recht ar-
tige Künstlerkomödie, leider besteht sie nur in einem,
und dazu unvollendeten Akt. Zu einem zweiten hätte
der Stuhl des Rubens den Stoff hergeben können;
das merkwürdige Ueberbleibsel wird, wie andere Reisende
versichern, bis auf diesen Tag in der Akademie aufbe-
wahrt. Und wie konnte die Verfasserin über das Haus
des Rubens schweigen, da sie die Brügger Barke so
ausführlich beschreibt, sogar bei Gelegenheit eine Brüsse-
ler Gastwirthin vom Kopf bis auf den Fuß?
Die Sammlung des Herrn van Ertb orn füllt
zwar bloß die Wände eines einzigen Zimmers, aber sie
ist dessenungeachtet sebr interessant für die Geschichte
der alten Malerei. Die größte Aufmerksamkeit dürfte
einem Bilde des Antonellv von Messsna gebüh-
spiel seiner eigenthümlichen Weise ist eine Verkündigung
ans einem Altarbilde jener Kirche, die freilich zn welt-
lich ger-tthen war, besonders in der heimlich erotischen
Figur des Engels Gabriel und in den eingewebten
Amvrinen, so daß die Geistlichkeit, nach und nach erwa-
chend ans ihrer Blindheit, den hartnäckigen Meister
endlich dazu vermochte, dem irdischen Abkömmling ein
Paar Windmühlenflügel anzusetzen, wodurch in dem Gan-
zen ein wahrhaft humoristischer Contrast entstanden ist.
Manche ästhetische Genterin wird mit dem reformirten
Bilde übel zufrieden seyn und ihre Andacht merklich
kälter verrichten.
Die beträchtliche Sammlung des Herrn Descamp
enthält angeblich mehrere Bilder von Tizian, Cor-
reggio, Guido, mit größerer Sicherheit verschiedene
Arbeiten von van Dyck und Rubens, von dem Letz-
tern namentlich eine Skizze aus dem Leben des heiligen
Benedikt, der indessen, wenn die Angabe richtig ist,
nur vermittelst eines Anachronismus Attila gegenüber
gestellt werden konnte. Rubens soll in seiner Mei-
sterschaft, wie es heißt, bloß in den Niederlanden er-
scheinen. Dieser Ausspruch lautet zu unbedingt. Er-
scheint er irgendwo großer als in den sieben Deciusbil-
dern der Lichtenstein'schen Gallerte in Wien? Oder sollten
eben daselbst im Belvedere drei seiner Hanptbilder den
einzelnen Schätzen der Niederlande viel nachgeben?*)
Die ganze Aechthcit seiner Bilder muß auf jenem Boden,
wo sich so viele helfende Hände für ihn bewegten, in
den meisten Fällen höchst problematisch se»n. Die Herren
von Rotterdam, de Bast, Dewater, Gelbeck zeigen gefäl-
lig, was sie an Knnstgegenständen besitzen; der Letztere
ist zugleich-sammelnder Liebhaber von Ueberbleibseln aus
dem häuslichen Leben der alten Niederländer. In
Brügge wird den Manen Hemmlings besonders ge-
opfert, dessen Geist die Verfasserin bereits in einer
früher» Schrift mit glücklichem Erfolge beschworen hat.
Zum Beweise der Aechtheit einer Marmorstatue von
Michel Angelo, Madonna mit dem Kinde, wird
eine Stelle aus Albrecht Dürers Tagebuche angezogen.
In derselben Kircbe befinden sich die kunstreichen Grab-
maler Karls des Kühnen und seiner Tochter Maria.
) Fiorillo nennt sie St. Ildephonsus, St. AmbrostuS.
St. Ignatius; der crstere wird wohl dem St. Nave-
rius Platz machen müsse», dem Zerstörer japanischer
Götzenbilder. Da. wo er von dem ersten Bilde der
Forma». Rubens zweiter Gattin, einer wohlhäbi-
gcn Schönheit spricht, legt er ihr de» »mgeworfenen
Pelz als eine ursprüngliche Zuthat des Künstlers bei.
Dieser hatte sie aber inr reine» Naturzustände darge-
stellt, und der Pelz ist ihr erst unter Maria Theressa,
wahrscheinlich in einem sehr harten Winter, wo der
Maler selbst fror, zur Bedeckung nachgcsendet worden.
So besagt wenigstens die Wiener Tradition.
Als die Verfasserin in Antwerpen ankam, fand sie
Einwohner und Fremde durch das Jubiläum des wun-
derthätigen Marienbildes in die lebhafteste Bewegung
versetzt, wahrend die versammelte Kunstwelt sich nicht
minder angelegentlich mit der Vertheilung der ansge-
setzten Preise beschäftigte, lieber die Kathedrale und
über andere Merkwürdigkeiten der Stadt hätte sich die
Verfasserin etwas mehr verbreiten können, wäre sie an-
derswo bei ziemlich unbedeutenden Gegenständen kürzer ge-
wesen. In Betreffeines dortigen MeisterwerksvonR u ben s
hat sich die Verfasserin geirrt; sie. erklärt die Grable-
gung dafür, cs ist aber eine Abnahme vom Kreuz.
Hierauf folgen interessante Nachrichten über die PreiS-
aufgaben und deren Lösungen. Schade, daß wir nichts
Durchgreifendes erfahren über die Richtung der neuen
niederländischen. Kunst, ihr Verhältniß zur Vergangen-
heit und Gegenwart, ihre verschiedenartigen Bestrebun-
gen. Aus de» darüber im Kunstblatte zerstreuten No-
tizen läßt sich indessen ein ungefähres Bild derselben zu-
sammensetzen. Unter den Künstlern Antwerpens ragt
besonders Herr van Br«c, Direktor der Akademie,
durch Zeichnung, Geschmack, Fleiß und Enthusiasmus
hervor, diese Schilderung trifft mit anderweitigen Ur-
theilen glücklich zusammen. Er hat sich früher an fran-
zösische» Vorbildern und den Antiken gebildet und soll
jetzt mit angestrengter Kraft ans den Leuchthurm des
Rubens Ivssteuern. Wird die alte und neue Zeit sich
harmonisch ausgleichen? Und wie steht es unter diesen
Umständen mit dem Colorit? Es haben sich hier und da
über diesen Punkt einige Zweifel erhoben.
Bei einer Eröffnung des Grabes in der St. Ja-
kobskirche, wo Rubens ruht, war Herr van Br<-e
nahe daran, hingerissen von den wohlerhaltenen Zügen
seines tiefverehrten Lieblings, ihm die Hand zu küssen,
man mußte ihn znrückhalten, fährt die Erzählung fort,
sonst hätte er mit dem Ungestüme der Liebe sicherlich
den Leichnam in Asche zerstäubt. Eine kleine, recht ar-
tige Künstlerkomödie, leider besteht sie nur in einem,
und dazu unvollendeten Akt. Zu einem zweiten hätte
der Stuhl des Rubens den Stoff hergeben können;
das merkwürdige Ueberbleibsel wird, wie andere Reisende
versichern, bis auf diesen Tag in der Akademie aufbe-
wahrt. Und wie konnte die Verfasserin über das Haus
des Rubens schweigen, da sie die Brügger Barke so
ausführlich beschreibt, sogar bei Gelegenheit eine Brüsse-
ler Gastwirthin vom Kopf bis auf den Fuß?
Die Sammlung des Herrn van Ertb orn füllt
zwar bloß die Wände eines einzigen Zimmers, aber sie
ist dessenungeachtet sebr interessant für die Geschichte
der alten Malerei. Die größte Aufmerksamkeit dürfte
einem Bilde des Antonellv von Messsna gebüh-