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der Einfachheit und Offenherzigkeit, mit welcher uns dieses
Bild den Gegenstand zeigt. Er wurde im Jahr I6C11 zu
Granada geboren und studirte zuerst bei Francisco
Pachebo und Juan del Castillo. Als er im Jahr
1637 seine Vaterstadt verließ, um sich nach Madrid zu
begeben, wohin bereits sein Ruf aedrungen war, entriß
ihm der Anblick der Gemälde im Escurial eine von jenen
Aeußerungen, wie sie nur den überlegenen, hochbegabten
Männern entfahren: „Armer Cano,« rief er aus, „wie
beschränkt sind noch deine Talente! wie viel Menschenleben
von deinem Schlage müßten nicht dazu erforderlich seyn,
um nur das am wenigsten Schöne dieser Werke zu errei-
chen!« Und doch war Alonzo Cano bereits Maler, Bild-
hauer und Architekt; wie Leonardo da Vinci und Michel
Angelo kannte er alle Zweige der Kunst. Die Sculptur,
welche er unter Juan Martinez Montanez, erlernt
hatte, verdankt ihm drei Statuen in natürlicher Lebens-
große, welche in der Kirche von Lebrija aufgestellt wurden,
und unter andern bewunderten Bauten errichtete er, bei
Gelegenheit des feierlichen Einzugs der Maria Anna von
Oestreich, der zweiten Frau Philipps IV., einen prächti-
gen Triumphbogen. In der Kathedrale von Sevilla sicht
man fünf Hochaltäre, deren Architektur, Sculptur und
Malerei ausschließlich von diesem Künstler herrühren.
Ein so mannichfaltiges und umfassendes Talent hinderte
ihn indeß nicht, lange unglücklich und auf flüchtigem Fuße
umherirrend zu leben. Da seine Frau von seinem Be-
dienten ermordet wurde, während des Künstlers Aufmerk-
samkeit und Vorliebe anderweitig beschäftigt war, so ver-
urtheilte das Gericht den Ehemann statt des eigentlichen
Mörders, der die Flucht ergriffen hatte. Alonzo Cano
hielt sich anfangs versteckt und änderte zu verschiedenen
Malen seine Zufluchtsstätte; als er aber am Ende der
Qualen seines unstäten, obscuren Lebens überdrüssig ward,
ging er selbst nach Madrid zurück und ließ sich verhaften,
indem er mit dem Stolze des Selbstbewußtseyns sagte:
„Wer in seiner Kunst hervorragt, darf nicht sterben!«
Er erlangte von den Henkern, welche ihn auf die Folter
spannen ließen, daß sein rechter Arm geschont werde, in
Betracht der Meisterwerke, welche er damit ausgeführt
hatte. Da er die Tortur ausstand, ohne eine Sylbe
hervorzubringen, so wandte ihm der von diesem Muth
in Kenntniß gesezte König seine Gnade und Gewogenheit
wieder zu. Alonzo §ano wurde sogar im Jahr 1663,
während der Regierung Philipps iv., zum Hofmaler des
Königs ernannt. Man erzählt, daß er auf seinem Tobten-
bett (s- 1687) ein Crucifir zu küssen sich weigerte, welches
ihm der Beichtvater vorhielt, indem er sagte, es sey ein
io schlecht gearbeitetes Kunstwerk, daß ein Künstler dessen
Anblick nicht ertragen könne.

Als Maler (— man möge uns diese biographischen
Details zu Gute halten, —) hatte Alonzo Cano eine

angenehme, weiche, markige Manier; wir möchten ihn
als den spanischen Correggio bezeichnen, sowohl was das
Materielle seiner Kunst als auch das Charakteristische
seines Genie's anbetrifft; sein fruchtbarer und geschmei-
diger Pinsel war ohne Mühe graziös und natürlich, ohne
je die Corrcctheit der Zeichnung zu opfern; was sein
Colorit anlangt, so ist es feist und fest und ein wenig
räucherig; in der Nähe läßt es einige Ungewißheit über
die Begrenzung der Umrisse und über das Detail der
Formen, deren Reinheit man nur in einer gewissen Ent-
fernung wahrnehmen kann. Zum Beweis dafür berufen
wir uns auf die so übel placirte Madonna mit dem
Christuskind (Nr. 15) und die Kreuzabnahme (Nr. 18).

Es befinden sich in dem neuen spanischen Museum
21 Gemälde von Alonzo Cano. Gleich wie die übrigen
spanischen Meister hat er mehrmals sein eignes Porträt
gemalt. Das unter Nr. 3» aufgeführte ist das beste und
läßt rücksichtlich der Farbcnanmuth und der Durchsichtig-
keit der Schatten nichts zu wünschen übrig.

Wir wollen ein anderes Mal die vier berühmtesten
Meister der svanischen Schule: Murillo, Velasquez,
Zurbaran und Ribera, besprechen.

E- «.

Nachrichten vam März.

Persönliches.

Hannover, 21. Februar. Der Hofbaumeistcr Lavel har
den Auftrag zu einer Reift nach Italien bekommen, um dorr
die erste» Theater in Augenschein zu nehmen und dem Könige
den Plan einer neuen Schauspielhauses vorzulcgen.

Dresden, 12. März. Die philosophische Facultät der
Universität Leipzig hat dem königlich sächsischen Agenten in
Rom, Hrn. E. 3- Platner, als ein Zeichen ihrer Anerken-
nung seiner archäologischen Schriften und seines gegen junge
sächsische Gelehrte und Künstler in Rom bewiesenen Wohlwol.
lens, das Ebrenbiplom eines Doctors der Philosophie erthcilt.

25. März. Heute langte der Professor Bendein an»
hier an. Verschiedene ihm zu Ehren angestcllte Festlichkeiten be-
weisen, daß ihn von Seiten der Akademie guter Wille empfangt.

New-Vork, n. Februar. Der Maler Cattin aus
Philadelphia, der viele Jahre unter den Indianern jenseits
des Missisippi gelebt, wird sich mit einer Sammlung von
Gemälden und Zeichnungen, so wie von indianischen Altev-
thümern. Waffen. Kleidern u. s. w. »ach Europa einschiffen.
Der tapfere Häuptling Oceola wurde noch kurz vor seinem kum-
mervollen Ende im Kerker von Charlestv» von ihm porträtirt.

Nekrolog.

Kopenhagen, 4. März. Der Oberkammerherr v. Hauch,
Vorsteher der Bibliothek, von Kunstsammlungen und wissenschaft-
lichen Instituten, ist unlängst im 83. Lebensjahre hier verstorben.

Paris. Der Bildhauer und Maler Laboullengcr de
Boistremont ist am 12. März hier gestorben.

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Schorn.
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