Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
V 31

Knust

l a t t.

%

Dienstag, den 17. April 1838.

Philipp Hackert.

„ (Beschluß.)

Zuweilen unterhielt er mich auch über die Art und
Weise, wie er bei den Großen sein Glück gemacht, welche
er den preußischen Pfiff zu nennen pflegte. So z. B.
ward er nach seinem Geständnis dem König von Neapel
zuerst dadurch bekannt, daß er sich in einen Graben sezte
und die Gegend zeichnete, wo dieser sich eben auf der
Jagd befand. Seine Majestät treten neugierig heran,
und erstaunen, als Hackert eine neben ihm liegende Mappe
öffnet, in welcher sich bereits die wohlgeraihenen Zeich-
nungen sämmtlicher Lieblingsgegenden des fast täglich
jagenden Königs befinden. De» Erfolg kann man sich
denken! — Denn natürlich wurden lammtliche Bilder
gekauft, und dieser preußische Pfiff »üzte unser,« Künstler
mehr, als die Vorstellung des russischen Gesandten, indem
er so zuerst und zwar auf die anscheinend ungezwungenste
Weise seine von Jahr zu 2«hr bei dem Monarchen wach-
sende Gunst begründete, die er sich auf immer dadurch
zu sichern wußte, daß er mit großer Weisheit kein öffent-
liches Amt annahm, um nicht den Neid zu erregen, oder
mit den Großen in Collision zu kommen. Nichts desto
weniger vergab er sich nicht das Geringste gegen die lez-
tern, sondern behandelte sie stets und immer wie seines
Gleichen. Besonders war ihm die Kunst sehr geläufig,
ihnen seine Arbeiten auszureden, welche er privatim:
„die Kerls zusammenreiten- nannte. Wollte aber nichts
helfen, so gab er ihnen ein Gastmahl, sezte die feurigsten
und delicatesten Weine vor, führte seine hohe Gesellschaft
nach dem Cffen in den Garten, wo schöne Aussichten,
herrliche Blumenpartien, eine Lustsahrt auf seinem an-
muthigcn Teiche u. s. w., besonders aber eine heimlich
versteckte und plötzlich überraschend einsallende Musik, die
Herzen »och mehr zur Freude stimmen mußte. Alsdann
führte er seine hohen Gäste wieder scherzend ins Haus
zurück, ließ sein Atelier öffnen, »ölhigie sic hinein,
rvg sich einsam au die entfernteste Wand zurück, und

beobachtete nun mit gespannter Ausmerksamkeit die Wir-
kung, welche seine Gemälde in dieser Stimmung bei ihnen
Hervorbringen würden. Da fehlte cs denn niemals an
den überschwänglichsten Erclamativnen. Der Eine rief:
„Mein Gott, welch ein schönes Stück!» der Zweite: „Ja,
es ist vortrefflich, aber dies da ziehe ich doch noch vor!»
der Dritte: „O Himmel, jenes übersteigt durch natur-
getreue Wahrheit allen Glauben!" u. s. w. Der schlaue
Hackert merkte sich jedes Wort, und am folgenden Mor-
gen sandte er das Bild mit einem Billet und einer Rech-
nung geradeswegs an seinen, nun oft auf das Kälteste
ernüchlerren Herrn Erclamatvr, der jedoch Ehren halber
gezwungen war, es zu behalten. Schlug man es dennoch
je zuweilen aus, so wurde er auf das Aeußerstc entrüstet.
Dies, erinnere ich mich, war einmal bei einem Grafen
der Fall, der Hackert in Florenz häufig besuchte. Eines
Tages beim Fortgehen sagte der leztere mit der leichtesten
Gewandtheit und ganz wie it» neckenden Scherze: „Nnn,
Herr Graf, Sie sind ein so reicher Herr, und wir kennen
uns schon so lange, und Sie haben mir noch nie ein Bild
abgetanst!» Der Graf antwortete auf das Compliment
mir schweigendem Lächeln und entfernte sich. Nach eini-
gen Wochen jedoch kehrte er zurück, und erklärte, daß er
zur Auslchmückung eines Zimmers acht Gemälde von der
Hand unsers Künstlers zu besitzen wünsche. Dieser ist
sehr erfreut; der Graf wählt unter den vorhandenen
Stücken die gewünschte Zahl, und sie werden ihm des
nächsten Tages mir einer Rechnung von — ich weiß nicht
mehr, wie viel hundert Dukaten ins Haus gesendet.
Die Summe ist dem Grasen jedoch zu hoch, und er schickt
die Gemälde zurück. Hilf Himmel, in welchen Zorn
gcrielh nun der bcleldigte Künstler! — «Wenn ich Alles
sagen wollte,» wandte er sich gegen mich, „was ich von
dem Kerl weiß.« — Jndeß sagte er nichts, und wurde
auch nach einigen Tagen beiänfligt, als der Graf persön-
lich wieder kam, das Vorgesallene entschuldigte, und die
verlangten Gemälde wirklich, obgleich um einen bedeutend
billigern Preis, erstand.
Index
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen