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aufmerkenden Menge gibt hier im Leben schon eine be-
sondere Pflege des s. g. äußeren Anstandes, und Wurde,
Selbstbewußtscpn, Festigkeit werden an ihrem Platze se»n,
wie dies bei der Statuette des bayrischen Herzogs Albrecht V.
von Schwanthaler der Fall ist, die nach der Skizze zu
der kolossalen, für den neuen Thronsaal bestimmten Statue
von Stiglmaier in Erz gegossen worden. Ein kleiner,
ebenfalls in Erz gegossener Marinaro von Girschner
macht wenig Ansprüche; der bayrische Herzog Christoph,
seiner Leibesstärkc wegen berühmt, in der Stellung des
Steinwerfens, in welchem er sich besonders auszcichnete,
modellirt von G. Zell, ist — als Skizze betrachtet, —
wegen der richtigen Motive und der lebendigen Darstel-
lung, zu loben. Zwei Reliefs, das Röslein auf der Heide,
nach Goethe und nach einer Zeichnung W. Kaulbachs von
dessen Bruder K. Kaulbach, und Christus bei Martha
und Maria von Ferd. Müller haben das mit einander
gemein, daß sie, unabhängig von architektonischen Gliedern,
eine selbstständige Geltung verlangen, in einer Weise, die
das Alterthum nicht kannte, das mit Reliefs bloß be-
stimmte Räume verzierte. Ob Reliefs in einem Rahmen,
wie Zeichnungen oder Bilder, als Zimmerverzierung an
den Wänden befestigt, die Zustimmung der Kunstfreunde
im Allgemeinen erhalten werden, bleibt dahin gestellt.
Beide Reliefs haben aber auch noch das gemeinschaftlich,
daß sie, bei angenehmer und fleißiger Ausführung, an
dem Gedanken, darauf sie zielen, vvrbeistreifcn. Wenn
das halbentkleidete Mädchen (im ersten Relief) sich vor
dem wilden Knaben halb abwendet und scheu zudcckt,
und nur mit flehendem Blick nach ihm aufsieht, so ist an
kein: »Ich steche dich, daß du ewig denkst an mich!" mehr
zu denken. Eben so, wenn Christus segnend gegen Maria
sich bückt, Martha aber etwas verdrossen sich abwcndct,
ist der Mittelpunkt der Geschickte — die Anrede Christi
an Martha — und hiemit zugleich die Einheit der Dar-
stellung Preis gegeben. — Von den Denkmünzen auf
Thorwaldscn von Voigt — Thorwaldscns Bildniß und
auf der Kehrseite Eros und Erato — hat der VcrrM
vier Eremplare in Silber zur Verloosung gekauft.
Von den 76 angekauften Oelgemälden sind 5 historische,
15 Genre-Bilder, 40 Landschaften, 7 Architektur- und ii
Thicrstücke. Eine heilige Familie in der Landschaft von
PH. Foltz, eine zweite ron Hcllweger, Moses, die
Tochter Jethrv's am Brunnen gegen die Hirten vcrthei-
digend, von Gieß mann, ein Schlachtbild cimbrischer
Frauen von Lindensckmitt muß man als Zeichen des
guten Willens von Seiten des Vereins gegen Historien-
maler, den Ankauf aber einer halbentblößten, wie auf der
Lauer liegenden weiblichen Scköttheit (Kniestück) von
Briant Laue, dazu nach dem Vorgang ähnlicher und
bekannter Lithographien etwa die Unterschrift paffen
möchte: „d>e vouiez vohs pas?« als eine große Artigkeit
gegen Fremde betrachten. Das Bild von Foltz hat einen
warmen Ton und zeigt ein eifriges Bestreben, Raffaelische
Formen sich anzucigncn. Inzwischen thut der Künstler
seinem Talent Unrecht, wenn er sich Aufgaben aus dem
Gebiet christlich-religiöser Kunst stellt; non Sunt, «eck
nascuniur, heißt cs hier, wie bei den Poeten im Sprich-
wort; freier bewegt sich seine Phantasie im leichten, ro-
mantischen Genre, dem er durch glückliche Behandlung
der Kostüine und angenehme, harmonische Färbung man-
nigfaltiges Interesse gibt.
(Die Fortsetzung folgt.)
Genfer Kunstausstellung von 1837.
(Fortsetzung.)
In allen französischen Akademiestädten erzählt man
sich ein Geschichtchen, das nicht ohne Lustigkeit und Salz
ist. Ausgelassene Studenten zogen einmal einen Esel in
den Hörsaal ihres Professors und ergözten sich zum Vor-
aus an seiner Verlegenheit und seinem Aerger. Endlich
komint der Lehrer, staunt aber gar nicht, sondern beginnt
ruhig seine Vorlesung mit der Bemerkung, daß „Einer
inehr zur Sache nichts thue," worüber denn die Studen-
ten nicht wenig verduzt und beschämt waren. Der Maler
Hornung hat diese Eselei auf seine Art zu einem großen
Genrebild verarbeitet. Bekanntlich malt er nichts lieber als
Gassenbuben, Savvyarden und Gegenstände des Straßen-
lebens. Er malte also ein Dutzend dieser Gamin's, die
einen Esel in eine Knabenschule gezogen haben und ihn
auf ihre Weise >naltraitiren; denn Einige sind auf den
Langohr gestiegen. Andere ziehen am Zaum, Andere am
Schwanz u. s. w., worüber das arme Thier ganz stetisch
wird, worzu bekanntlich bei einem Esel nicht viel gehört,
besonders wenn er in schlechter Gesellschaft ist. Das
eigentliche Salz der Geschichte, der ruhige und witzige
Lehrer, fehlt ganz. In den lachenden, schreienden und
tobenden Knaben hat der Maler hingegen große Wahr-
heit und ein unermüdliches Naturstndium gezeigt; ,a,
wer diese gesunden und kräftigen Buben sieht, muß eine
günstige Vorstellung von der künftigen Männergeneration
in Genf haben. Die Farbe ist bier, wie an allen Hor-
nung'schen Bildern, vorzüglich.
Am höchsten stand in der Kunstausstellung die Land-
schaftmalerei, wozu in der Schweiz die Natur selbst
den Fingerzeig gibt und dem Künstler die schönsten, frische-
sten, immer neuen und jungen Modelle verhält, möge
ihn nun die Erde mit ihrem saftigen Grün, ihrer rei-
chen Vegetation und ihrer großartigen Berg-, Felsen- und
Gletschernatur, oder das sich in Seen, Strömen und
aufmerkenden Menge gibt hier im Leben schon eine be-
sondere Pflege des s. g. äußeren Anstandes, und Wurde,
Selbstbewußtscpn, Festigkeit werden an ihrem Platze se»n,
wie dies bei der Statuette des bayrischen Herzogs Albrecht V.
von Schwanthaler der Fall ist, die nach der Skizze zu
der kolossalen, für den neuen Thronsaal bestimmten Statue
von Stiglmaier in Erz gegossen worden. Ein kleiner,
ebenfalls in Erz gegossener Marinaro von Girschner
macht wenig Ansprüche; der bayrische Herzog Christoph,
seiner Leibesstärkc wegen berühmt, in der Stellung des
Steinwerfens, in welchem er sich besonders auszcichnete,
modellirt von G. Zell, ist — als Skizze betrachtet, —
wegen der richtigen Motive und der lebendigen Darstel-
lung, zu loben. Zwei Reliefs, das Röslein auf der Heide,
nach Goethe und nach einer Zeichnung W. Kaulbachs von
dessen Bruder K. Kaulbach, und Christus bei Martha
und Maria von Ferd. Müller haben das mit einander
gemein, daß sie, unabhängig von architektonischen Gliedern,
eine selbstständige Geltung verlangen, in einer Weise, die
das Alterthum nicht kannte, das mit Reliefs bloß be-
stimmte Räume verzierte. Ob Reliefs in einem Rahmen,
wie Zeichnungen oder Bilder, als Zimmerverzierung an
den Wänden befestigt, die Zustimmung der Kunstfreunde
im Allgemeinen erhalten werden, bleibt dahin gestellt.
Beide Reliefs haben aber auch noch das gemeinschaftlich,
daß sie, bei angenehmer und fleißiger Ausführung, an
dem Gedanken, darauf sie zielen, vvrbeistreifcn. Wenn
das halbentkleidete Mädchen (im ersten Relief) sich vor
dem wilden Knaben halb abwendet und scheu zudcckt,
und nur mit flehendem Blick nach ihm aufsieht, so ist an
kein: »Ich steche dich, daß du ewig denkst an mich!" mehr
zu denken. Eben so, wenn Christus segnend gegen Maria
sich bückt, Martha aber etwas verdrossen sich abwcndct,
ist der Mittelpunkt der Geschickte — die Anrede Christi
an Martha — und hiemit zugleich die Einheit der Dar-
stellung Preis gegeben. — Von den Denkmünzen auf
Thorwaldscn von Voigt — Thorwaldscns Bildniß und
auf der Kehrseite Eros und Erato — hat der VcrrM
vier Eremplare in Silber zur Verloosung gekauft.
Von den 76 angekauften Oelgemälden sind 5 historische,
15 Genre-Bilder, 40 Landschaften, 7 Architektur- und ii
Thicrstücke. Eine heilige Familie in der Landschaft von
PH. Foltz, eine zweite ron Hcllweger, Moses, die
Tochter Jethrv's am Brunnen gegen die Hirten vcrthei-
digend, von Gieß mann, ein Schlachtbild cimbrischer
Frauen von Lindensckmitt muß man als Zeichen des
guten Willens von Seiten des Vereins gegen Historien-
maler, den Ankauf aber einer halbentblößten, wie auf der
Lauer liegenden weiblichen Scköttheit (Kniestück) von
Briant Laue, dazu nach dem Vorgang ähnlicher und
bekannter Lithographien etwa die Unterschrift paffen
möchte: „d>e vouiez vohs pas?« als eine große Artigkeit
gegen Fremde betrachten. Das Bild von Foltz hat einen
warmen Ton und zeigt ein eifriges Bestreben, Raffaelische
Formen sich anzucigncn. Inzwischen thut der Künstler
seinem Talent Unrecht, wenn er sich Aufgaben aus dem
Gebiet christlich-religiöser Kunst stellt; non Sunt, «eck
nascuniur, heißt cs hier, wie bei den Poeten im Sprich-
wort; freier bewegt sich seine Phantasie im leichten, ro-
mantischen Genre, dem er durch glückliche Behandlung
der Kostüine und angenehme, harmonische Färbung man-
nigfaltiges Interesse gibt.
(Die Fortsetzung folgt.)
Genfer Kunstausstellung von 1837.
(Fortsetzung.)
In allen französischen Akademiestädten erzählt man
sich ein Geschichtchen, das nicht ohne Lustigkeit und Salz
ist. Ausgelassene Studenten zogen einmal einen Esel in
den Hörsaal ihres Professors und ergözten sich zum Vor-
aus an seiner Verlegenheit und seinem Aerger. Endlich
komint der Lehrer, staunt aber gar nicht, sondern beginnt
ruhig seine Vorlesung mit der Bemerkung, daß „Einer
inehr zur Sache nichts thue," worüber denn die Studen-
ten nicht wenig verduzt und beschämt waren. Der Maler
Hornung hat diese Eselei auf seine Art zu einem großen
Genrebild verarbeitet. Bekanntlich malt er nichts lieber als
Gassenbuben, Savvyarden und Gegenstände des Straßen-
lebens. Er malte also ein Dutzend dieser Gamin's, die
einen Esel in eine Knabenschule gezogen haben und ihn
auf ihre Weise >naltraitiren; denn Einige sind auf den
Langohr gestiegen. Andere ziehen am Zaum, Andere am
Schwanz u. s. w., worüber das arme Thier ganz stetisch
wird, worzu bekanntlich bei einem Esel nicht viel gehört,
besonders wenn er in schlechter Gesellschaft ist. Das
eigentliche Salz der Geschichte, der ruhige und witzige
Lehrer, fehlt ganz. In den lachenden, schreienden und
tobenden Knaben hat der Maler hingegen große Wahr-
heit und ein unermüdliches Naturstndium gezeigt; ,a,
wer diese gesunden und kräftigen Buben sieht, muß eine
günstige Vorstellung von der künftigen Männergeneration
in Genf haben. Die Farbe ist bier, wie an allen Hor-
nung'schen Bildern, vorzüglich.
Am höchsten stand in der Kunstausstellung die Land-
schaftmalerei, wozu in der Schweiz die Natur selbst
den Fingerzeig gibt und dem Künstler die schönsten, frische-
sten, immer neuen und jungen Modelle verhält, möge
ihn nun die Erde mit ihrem saftigen Grün, ihrer rei-
chen Vegetation und ihrer großartigen Berg-, Felsen- und
Gletschernatur, oder das sich in Seen, Strömen und