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Gemäuers, eine kleine Karyatide gefunden. Kops und
Arme fehlen. Der übrige Körper ist, bis auf die Zehen
des linken Fußes und einige kleine Beschädigungen am
Gewände, wohl erhalten. Die Figur hat, von den Fuß-
sohlen bis zu dem untern Rande des Halses, 0,90 Meter
Höhe. Der linke Fuß ist im Vvrschreiten begriffen; der
linke Arm hat frei herabgehangen, der rechte scheint auf-
wärts gerichtet gewesen zu seyn und das Capitell mit
gestüzt zu haben. Um den Hals läuft eine flach gear-
beitete, etwas beschädigte Verzierung, wie eine Halskette.
Das Haar war hinterwärts in eine kurze und starke
Flechte oder vielmehr Knoten aufgeschürzt, dessen untern
Theil man im Nacken noch erkennt. Die Figur ist, gleich
den Karyatiden am Erechtheion, mit einem langen, falten-
reichen Gewände bekleidet, das zweifach, unter der Brust
und über den Hüften, aufgeschürzt ist. Ein Zipfel desselben
ist über die rechte Schulter und unter dem linken Arme
durchgezogen und bildet in dieser Richtung einen krausen
Faltenstreifen, der auf der Mitte der Brust durch einen
Knoten, der aber bis zur Unkenntlichkeit beschädigt ist,
zufammengehalten wird. Die Zeichnung des ganzen Figür-
chens ist sehr hübsch, die Ausführung weniger vollkommen.
Von einer zweiten gleichen Karyatide ist der untere Theil
der Füße, bis über die Knie, gesunden worden."

Zu welchem Gebäude diese Figur gehört oder was
sie sonst getragen, darüber haben, so viel uns bekannt,
die weiteren Nachgrabungen noch keinen Aufschluß gegeben.

Pariser Aunstsicricht.

(Fortsetzung.)

Das eigentliche Genre hat, wie gewöhnlich, eine
ziemlich große Anzahl von geistreichen und bemerkens-
werthen Stücken geliefert. Hieher zu rechnen sind: der
Jj&lt in der Wüste von Biard, welches Bild einen außer-
ordentlichen Effect macht und einen eigenrhümlichen poe-
tischen Reiz hat. Die Nacht ist im Anzuge; eine kleine
Karawane hat so eben ihre Lagerzeltc in dem unermeß-
lichen Sandmeer ausgeschlagen, welches ein dnnkelrother
Horizont begrenzt, dessen Linie die Leinwand gerade ent-
zweischneidet, und der, obgleich der Vordergrund ganz
uackt daliegt und jedes Beiwerks zum Zurückdrängen der
Hintergründe entbehrt, sich dennoch ins Unabsehbare ver-
liert. Die Koch- und Wach-Feuer brennen; die Kameele
sind an Psah/en angebunden; die Lagergesellschafc ist im
Begriff, die Abendmahlzeit zu halten; da schreien plötzlich
die Kameele, und die Wächter der Karawane bemerken
mehrere Löwen, die sich heranschleichen, um Beute zu
machen. Flintenschüsse empfangen den andringende,.

Feind; den Ausgang des Gefechts zu ahnen, überlaßt
der Künstler unserer Phantasie. Die Ausführung ver-
dient unbedingtes Lob. Nicht überall gleichmäßig vollendet
ist die Ausführung der übrigen Genrebilder, welche Biard
noch ausgestellt: die Visitation an der Mauth, die Preis-
vertheilung in einer deutschen Schule, das gestörte Ver-
gnügen am linken Rheinufer, und der Triumph der
Wohlbeleibtheit, lauter von Witz und humoristischer Be-
obachtungsgabe übersprudelnde Scenen, wovon die eine
drolliger als die andere. — In eine ganz entgegengesezte
Stimmung versezt uns der Armenvorsteher von Gallait,
ein einfaches, wahres, von aller Uebertreibung frei gehal-
tenes Drama, welches allgemein gefiel. Die Hauptfigur
des Armenvorstehers, welcher eine unglückliche Frau be-
sucht, die so eben ihren Mann verloren hat, ist aus-
drucksvoll. Die arme Wittwe liegt auf den Knieen nnd
zeigt ihm ihre drei Kinder, wovon das eine, die Blicke gen
Himmel gerichtet, den Leichenzug des Vaters vorüber-
ziehen sieht, während das älteste seine Mutter hält und
mit ihr weint. Das dritte Kind ist noch in der Wiege
und spielt mit einem Hündchen, welches dem Elend treu
geblieben ist. Die Anordung der Scene ist gewandt, das
Sujet interessirt, und wären die leztgenannten, mit kräf-
tigem, saftigem Pinsel gemalten Figuren feiner gezeichnet
und sorgfältiger vollendet, so ließe das Bild wenig zu
wünschen übrig und würde mit der Schcffer'schen Predigt
wetteifern können. — Außerdem sind noch besonders zu
nennen: mehrere hübsche Stücke von Destouches und
Franquelin, der wohlthätige Arzt und die Zigeunerin
von Duval-le-Camus, die beiden kleinen Schwestern
und die Abendvergnüguugen von C. Rvqueplan, zwei
kokette Gemälde in Wattean's Manier; die Rückkehr vom
Brunnen nnd die reisenden Seiltänzer von Fouquet,
das kleine Frühstück und die Freistunde der Kinder von
Gros-Claude; einzelne Räuberscenen von Colin aus
Niemes; ei» Tanz und ein Jahrmarkt in der Bretagne,
von Longuet, die Erzählung des Großvaters vonAnnse.
Die meisten dieser Genrebilder thun eine angenehme Wir-
kung und haben ein gefälliges Colorit; in der Zeichnung
sind sie mitunter vernachlässigt, und in der Ausfüh-
rung vermißt man häufig Festigkeit; die Scenen sind
anlpruchslos, natürlich componirt, und die dargestellten
Figuren mit glücklichem Ausdrucke behandelt. Die be-
kannten Genremaler Vigneron, Vauchelet und
Grenier hatten nichts ausgestellt; Von den Bildern,
ivelche die baarste Stubenwirklichkeit ohne allen Zusatz
von poetischer Intention vorsühren, schweigen wir.

Die beste Landschaft des Salons hat L. Cabat
geliefert: eine Ansicht deS Wegs im Thal von Narni.
Auf der einen Seite der Landstraße erheben sich große,
üppig emporgewachsene Bäume von röthlichem Grün,
deren Laub die lezten Strahlen der untergehenden Sonne
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