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Waffenschmucke betet andächtig in der Kirche. Mit großer
Meisterschaft ist auch die Rüstung gemalt, und auf der
Predella ziemlich groß, auf Gold e» Camai'eu, die wich-
tigsten Momente aus Johanna's Leben. — Von tiefem
und bedeutendem Ausdrucke ist Leffing's «aus Palästina
hcimkehrender Kreuzritter." Müdigkeit und Abspannung,
ja verfehlter Lebenszweck ist der Charakter der Greisen-
gestalt, auch das Streitroß ist müde und stumpf, und
das Landschaftliche höchst bedeutend. Becker's aus Worms
«betende Bauernfamilic" athmet eine innige Frömmigkeit.
Die Mutter ist blind, Vater und Kinder sind mit ihr zu
einem wunderlhätigen Marienbilde gewallfahrtet, und
erflehen von der Gnadenreichen neues Licht und neues
Heil. — W. Meyer he im's «blinder Bettler" ist ein
großartiges Bild in kleinem Format. Vor der Thüre
eines Hauses, in einer mittelalterlich gebauten Stadt sizt
die holde Hausfrau; neben ihr steht der Mann, anschei-
nend ein Metallarbeiter — ein Mann wie A. Krafft und
P. Bischer —; an den Stufen vor der Thür ein Greis,
auf einen Knaben gcstüzt, dem ein niedliches Mädchen
in einem Becher einen Labetrunk reicht. Der Alte ist
sicher unverschuldet dürftig; sein greiser Kopf ist der des
Lear. Charakter, Ausdruck und Ausführung stehen über
der gewöhnlichen Genremalerei.

Die «betende Römerin" von Maes in Rom hat
einen sinnlich-religiösen Charakter. Eine junge Mutter,
die Tochter reicher Landbewohner aus dem Albanergebirge,
hält Kirchgang, und erfleht für ihren Erstgebornen den
besondern Schutz der Madonna. Sie blickt zur Himmels-
königin auf, ihr Gesicht und die Brust werden vom Glanze
der Kerzen unter dem Madonnabilde, Kopftuch, Schul-
tern u. s. w. vom hell einfallenden Tageslichte beleuchtet,
so daß das junge Weib, lebensgroß dargestellt, selbst ein
herrliches Modell für das Bild einer Himmelskönigin,
rund herum frei und wie von überirdischem Lichtglanze
umstrahlt erscheint. Sehr interessant ist auch die Wahr-
sagescene von demselben Künstler, und effectreich benuzt
ist die Tagesbeleuchtung; die Schüchternheit des nette»
Bräutchens, die pfiffige Neugierde des Bräutigams, der
Takt der Alten ist unverkennlich.

Unter den Figurenbildern zeichnet sich von den Mün-
chenern Ruben's «Eintritt in's Kloster" aus. Es fällt
durch wirksame Beleuchtung und schöne, frische Farbe
überall angenehm auf. — «Luthers Tod" von König in
München gibt den ernsten, feierlichen Moment in wür-
diger Darstellung. Luther, von seinen Freunden umge-
ben, — alle Porträts und augenscheinlich nach Kranach'-
schen Vorbildern copirt — zeigt noch sterbend mit einer
Hand auf die Bibel, mit der andern gen Himmel.

Bruckmann's Gemälde: «ein Kind, von Wasser-
niren geraubt," ist gut componiit, auch malerisch grup-
pirt, aber offenbar ohne Modell und Studien gemalt.

Fliegende Gewänder dieser Art sind auch längst aus der
Mode. Desselben Künstlers «Romeo und Julie" steht
noch weit hinter diesem Bilde. Romeo ist ein Bonvivant,
der, wie auf einer Redoute, sinnlich aufgeregt, zu einem
oft wiederholten Stelldichein kommt; auch Julie nichts
weniger als das edle, große Mädchen, welches Shakespeare
schildert.

Karing gehört zu den besten Schülern des Professors
Hcnsel in Berlin. Sein großes Bild: «Heinrich dem
Vogelsteller wird die deutsche Kaiserkrone gebracht", ist
eine reiche Compositivn und hat manche vortreffliche Figur.
Doch Heinrich selbst ist, namentlich für einen solchen Mo-
ment, nicht bedeutend genug; dann mangelt auch dem
Bilde das Räumliche und Farbenpocsie. Rosenfeldens
«Narciß" ist ein gut gemalter Act von reiner Farbe. —
Ratti's «Hermann und Dorothea" steht in keinem
Verhältnisse zu dem ausgezeichneten Charakterbilde »dev
Noviz"; und dessen größeres Bild: «Scene nach einem
Brande" zeigt zu sehr das Streben nach starken Effecten.
Domschke aus Hensels Schule hat ein höchst originelles,
launiges Bildchen geliefert: »Naturgenuß in der Mark."^
Ein wohlgenährter Bürger betrachtet sich die Natur bei
untergehender Sonne. In charakteristischer Abwechslung
bemerkt man Heide, zwei Windmühlen und einige Chaus-
seebäume, und die Hälfte des Ganzen verdeckt noch obeu-
cin der dicke Herr selbst. — Auch Löwen stein ist ein
Schüler Hensels. Seine beiden Bilder mit lebensgroßen
Darstellungen, «ein niederländischer Kriegshauptmann
und sein Sohn", und «des Kindes Morgengebet", leiden
zwar an zu braunen, unklaren Schatten und zu dürftiger
Modellirung, sind indeß dem großen Publikum höchst
wohlgefällige Gegenstände.

Eine Reihe sentimentaler Bilder, auf welchen Väter
und Mütter oder Kinder Grabstätten und Kreuze be-
kränzen, ging, unbeachtet vom Publikum, vorüber. So
wollen auch die Uhland'schen Schäfer und die Mönche
und Eremiten in ihren Zellen nicht mehr recht ansprechen.

Kamp Haus' Scene auf dem St. Bernhard — ein
Mönch sieht mit Bedauern auf den rettungslos Gefun-
denen, ein Hund sucht durch Lecken der Fußsohlen die
erloschenen Lebensgeister zu erwecken — ist von ergreifen-
der Wahrheit.

Ehe Referent weiter geht, mag hier noch von einigen
Skizzen die Rede seyn. Stilke hatte deren drei geliefert
und alle ziemlich fleißig ausgesührt. Die vorzüglichste
verdient unverändert als lebensgroßes Bild ausgeführt
zu werden. Eine vornehme Orientalin, welche einem
Christenritter behülflich ist, aus dem Kerker zu entkommen.
Die andern: a) ein Kreuzritt,r, müde und matt durch
die Wüste ziehend, und >>) derselbe wird von Mönchen
in ein Kloster aufgenvmme», scheinen für kleinere Dimen-
sion berechnet. Körner's «Flucht", ein Kaiser mit
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