2Y. 3.
Kunst-Dl
Dienstag, den 9. Januar 1838.
a t t.
Driefe aus Italien
von BSr. Ernst Förster.
IV.
(Capelle S. Felicc.)
Ich habe mir vorgenommcn, in meinen Mittheilun-
gen möglichst chronologisch zu Werke zu gehen. Du wirst
auS der Ueberschrift dieses Briefes diese Absicht kaum
errathen, denn hoffentlich traust Du mir nicht zu, daß
ich die Malereien in der Capelle S. Felice mit Valerie
Pvlidoro für Givtto'S Werk halte. Padua besizt inzwi-
schen wirklich noch ein größeres Werk dieses Meisters; nach
der Angabe des Mich. Savonarola hat er das Capitel in
E. Antonio gemalt. Marchese Sclvatico hat auf mein
Ansuchen die früher von ihm begonnenen Versuche, diese
Malereien unter dem Kalk, womit sie überweißt sind,
vorzuarbciten, sortgesezt, und wir haben uns neulich
einen Tag lang redlich abgcmüht. Inzwischen ist unS
kaum gelungen, eine Abtheiluug sichtbar zu machen.
Daraus — und auS einem andern Fragment, das den
heil. Franz zeigt km Moment, wo er die Stigmata er-
halt, geht hervor, daß hier die Geschichte dieses Heiligen
gemalt ist. Ich zweifle durchaus nicht, daß es Givttv's
Werk ist, und wir müssen von der Zukunft erwarten, daß
es ganz wieder zu Tage gefördert werde. — Weiterhin
wird man nun hier berichtet, daß Giotto oder wenig-
stens seine Schule unter seiner Leitung den großen Saal
im öffentlichen Palast ausgemalt hake, ferner daß der
Chor bei den Eremitanen von Guariento mit Fresken
geziert sey, nicht zu gedenken der vielen Grabmaler aus
jener Zeit, die man hie und da in den Kirchen trifft.
Meine Absicht indes, die Zeitsolge einzuhalten, halt mich
ab, jezt von die cn Dingen zu reden, und Du wirst
später mir Recht geben, wenn ich annehme, daß wir
falsch berichtet waren. Nur von einigen Sculpturcn
sollte ich reden, die sich an Grabmälcrn, namentlich in
der Arena und bei den Eremitanen, vvrfinden, und in
den Anfang des Jahrhunderts gehören; doch sind sie —
selbst die des Giovanni Pisano — nicht bedeutend genug,
um sie zum Gegenstand besonderer kunstgeschichtlicher
Mittheilungen zu machen, und ich führe Dich daher mit
wahrem Vergnügen in die Capelle des heil. Felir, in der
Kirche S. Antonio, wo es zu sehen, zu bewundern und
zu studiren genug gibt.
Vor Allem versichern wir uns als besonnene Leute
durch die in Marmor eingegrabene Inschrift der geschicht-
lichen Tharsachc, daß diese Capelle im Jahr 1S7(> von
Bonifacio bei Lupi Marchese di Soragna
errichtet und nebst dem Altar dem heiligen Jakobus
Major gewidmet worden ist. Späterhin hat man den
Leichnam des heil. Felir hierher gebracht, und nach ihm
die Capelle genannt. Durch einen sonderbar hoch errich-
teten Altar, zu dem man sechs Stufen emporsteigen muß,
und auf welchem die Statue» der Madonna mit dem
Kind, so wie des Jakobus M., deö Petrus und Paulus
und eines Bischofs stehen, hat man einen Theil des
Gemäldes in der Tiefe bedeckt.
Die nach der Kirche zu ganz offene Capelle hat mehr
Breite als Tiefe; sechs durch Spitzbogen verbundene
Säulen, denen sechs gleiche gegenüber entsprechen, tragen
die Vorderwand, an welcher an der Außenseite die Sta-
tuen von fünf Heiligen unter Baldachinen stehen, Ar-
beiten jener Zeit, wie die des Altars, doch ohne ausfal-
lende Eigenthümlichkeit oder Schönheit. Zwei Grabmäler
zur Rechten und zur Linken des Altars sind in der Tiefe
der Capelle errichtet, offenbar gleichzeitig mit dieser, und
enthalten einerseits die irdischen Ueberreste der Herren
Rolandus, Marsilius, Petrus und Dandulus de Rubeis
Herzoge von Parma, die die Geschichte der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts als berühmte Feldherren kennt und
die, außerhalb ihres Vaterlandes gestorben, hier bei einem
Verwandten ihres Hauses eine ehrenvolle Ruhestätte ge-
sunden. Das zweite Grabmal hat der Stifter für sich
bestimmt, und, wie die Inschrift bezeigt, 1388 ein-
genommen. lieber dem ersten sieht man eine Pieta, über
Kunst-Dl
Dienstag, den 9. Januar 1838.
a t t.
Driefe aus Italien
von BSr. Ernst Förster.
IV.
(Capelle S. Felicc.)
Ich habe mir vorgenommcn, in meinen Mittheilun-
gen möglichst chronologisch zu Werke zu gehen. Du wirst
auS der Ueberschrift dieses Briefes diese Absicht kaum
errathen, denn hoffentlich traust Du mir nicht zu, daß
ich die Malereien in der Capelle S. Felice mit Valerie
Pvlidoro für Givtto'S Werk halte. Padua besizt inzwi-
schen wirklich noch ein größeres Werk dieses Meisters; nach
der Angabe des Mich. Savonarola hat er das Capitel in
E. Antonio gemalt. Marchese Sclvatico hat auf mein
Ansuchen die früher von ihm begonnenen Versuche, diese
Malereien unter dem Kalk, womit sie überweißt sind,
vorzuarbciten, sortgesezt, und wir haben uns neulich
einen Tag lang redlich abgcmüht. Inzwischen ist unS
kaum gelungen, eine Abtheiluug sichtbar zu machen.
Daraus — und auS einem andern Fragment, das den
heil. Franz zeigt km Moment, wo er die Stigmata er-
halt, geht hervor, daß hier die Geschichte dieses Heiligen
gemalt ist. Ich zweifle durchaus nicht, daß es Givttv's
Werk ist, und wir müssen von der Zukunft erwarten, daß
es ganz wieder zu Tage gefördert werde. — Weiterhin
wird man nun hier berichtet, daß Giotto oder wenig-
stens seine Schule unter seiner Leitung den großen Saal
im öffentlichen Palast ausgemalt hake, ferner daß der
Chor bei den Eremitanen von Guariento mit Fresken
geziert sey, nicht zu gedenken der vielen Grabmaler aus
jener Zeit, die man hie und da in den Kirchen trifft.
Meine Absicht indes, die Zeitsolge einzuhalten, halt mich
ab, jezt von die cn Dingen zu reden, und Du wirst
später mir Recht geben, wenn ich annehme, daß wir
falsch berichtet waren. Nur von einigen Sculpturcn
sollte ich reden, die sich an Grabmälcrn, namentlich in
der Arena und bei den Eremitanen, vvrfinden, und in
den Anfang des Jahrhunderts gehören; doch sind sie —
selbst die des Giovanni Pisano — nicht bedeutend genug,
um sie zum Gegenstand besonderer kunstgeschichtlicher
Mittheilungen zu machen, und ich führe Dich daher mit
wahrem Vergnügen in die Capelle des heil. Felir, in der
Kirche S. Antonio, wo es zu sehen, zu bewundern und
zu studiren genug gibt.
Vor Allem versichern wir uns als besonnene Leute
durch die in Marmor eingegrabene Inschrift der geschicht-
lichen Tharsachc, daß diese Capelle im Jahr 1S7(> von
Bonifacio bei Lupi Marchese di Soragna
errichtet und nebst dem Altar dem heiligen Jakobus
Major gewidmet worden ist. Späterhin hat man den
Leichnam des heil. Felir hierher gebracht, und nach ihm
die Capelle genannt. Durch einen sonderbar hoch errich-
teten Altar, zu dem man sechs Stufen emporsteigen muß,
und auf welchem die Statue» der Madonna mit dem
Kind, so wie des Jakobus M., deö Petrus und Paulus
und eines Bischofs stehen, hat man einen Theil des
Gemäldes in der Tiefe bedeckt.
Die nach der Kirche zu ganz offene Capelle hat mehr
Breite als Tiefe; sechs durch Spitzbogen verbundene
Säulen, denen sechs gleiche gegenüber entsprechen, tragen
die Vorderwand, an welcher an der Außenseite die Sta-
tuen von fünf Heiligen unter Baldachinen stehen, Ar-
beiten jener Zeit, wie die des Altars, doch ohne ausfal-
lende Eigenthümlichkeit oder Schönheit. Zwei Grabmäler
zur Rechten und zur Linken des Altars sind in der Tiefe
der Capelle errichtet, offenbar gleichzeitig mit dieser, und
enthalten einerseits die irdischen Ueberreste der Herren
Rolandus, Marsilius, Petrus und Dandulus de Rubeis
Herzoge von Parma, die die Geschichte der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts als berühmte Feldherren kennt und
die, außerhalb ihres Vaterlandes gestorben, hier bei einem
Verwandten ihres Hauses eine ehrenvolle Ruhestätte ge-
sunden. Das zweite Grabmal hat der Stifter für sich
bestimmt, und, wie die Inschrift bezeigt, 1388 ein-
genommen. lieber dem ersten sieht man eine Pieta, über