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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 22.1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.3203#0268
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Paris, 22. Mai. Der berühmte Seemalcr Gubin ist,
auf eine Einladung des Kaisers von Rußland, gestern über
Havre nach St. Petersburg abgegangen.

Kunstausstellungen.

Kicttin, 18. Mai. Unsere diesjährige Kunstausstellung,
die mit dem 2 5. v. M. geschlossen ward, hat im Allgemeine»
recht erfreuliche Resultate geliefert. Die wegen des be-
schränkten Locals in zwei Abtheilungen ausgestellten 5io
Nummer» enthielten viele Werke französischer und nieder-
ländischer Meister (z. B. Tuet, Dural lc Camus,
Jsabcy, Mozin, Perrot, Poitevi», Leop.Robert,
Rogucplan, Villeret, Watclct, Hammcn-Houz e,
de Kcyscr, Metzer, Ruitcn, Van dcrVcldc, Ber-
boekhoven), welche so zicuilich in allen Arten der Malerei
den gegenwärtigen Standpunkt der Kunst in jenen Länder»
bezcichnete». Unter den vaterländischen Künstler» hatten
historische Bilder geliefert: Böser, Fay, A. Hopffgar-
tcn, Jacob, Jacobs, Löffler, Löwen st ein, £.
Meyer; Schlachtgemälde: Adam; Charakterbilder: Ju-
lius Baumann, Blanc, Bouterwek, Dürr, Kasc-
lowski, Kolbe, Pläschke, Riedel; Genrebilder: I.
Becker, Burggraf, Domschke, Kolbe, Most, Nie-
mann, Pistorius, C. F, Schulz; Architektur: Gärt-
ner , Hasenpflug, Pulian, Stock; Landschaften:
Achenbach, Bbcking, Böhmisch, Breslauer, Dahl,
A. be Lc uw, Nerly, Roch, Rott maint, S ch euer».
Schulten, Seefisch, O. Völker; Marinen: Achen-
bach, Hcrrmann, Hildebrandt, Krause, Vctte-
winkel; Viehstücke: Oosterhoudt und S im ml er. Von
Düsseldorf waren uns einige dreißig Gemälde zugcgangcn.
— Der Besuch der Ausstellung gewährte einen Ertrag von
1508 Thlr., 276 Thlr. weniger als 1859, was jedoch nur
der kürzeren Dauer der diesijährigen Ausstellung zuzuschrcibcn
ist. Von Privatpersonen atlei» wurden 4 5 Gemälde für
5191 Thlr. angekauft, während der Kunstverein 28 Oelbilder
und 2 Aquarellen für 217 6 Thlr. erwarb. Auch wurde bei
Gelegenheit dieser Ausstellung vom Verein der Grund zu
einem städtischen Kunstmuseum gelegt, zu welchem von Pri-
vate» ansehnliche Beiträge eingesandt worden sind.

Neapel, 8. Jun. Die diesjährige Gemäldeausstellung,
welche seit Anfang d. M. geöffnet ist, zeichnet sich im Ver-
gleich mit den früher» durch eine größere Anzahl guter Bilder
aus. Unter den Historien zieht eines von Manciuelli,
Schüler der hiesigen Akademie, den Tasso vorstellend, wie er
dem Hofe von Ferrara sein befreites Jerusalem vorliest,
hauptsächlich die Aufmerksamkeit auf sich. „Das Mädchen
von Gaeta, wie sie die französischen Kanonen vernagelt,"
von Rocco, zeichnet sich durch schönes Colorit aus, eben so
das Bild des Spaniers Bonolis: „Michelangelo begegnet
dem Papst Julius II. auf dem Ponte Sisto." Unter den
Landschaften sind zwei Seestückc von Eduard Agricola
aus Berlin vorzüglich zu rühmen. Von Smarjastc und
Gonsalvo Carelli sind Bilder da, welche allgemein ge-
fallen, und drei Seestücke von dein Russen Aivasosky
gehöre» ebenfalls zu den besseren.

Mlusccn und Sammlungen.

Nom, 21. Mai. Unter die sonderbaren Eigenheiten des
kürzlich verstorbenen Fürsten Piombino gehört auch eine
Clausel in seinem Testament, worin er der Villa Ludovisi
gedenkt und sie seinen Söhnen auf's Angelegenste anempfiehlt.

zugleich aber vorschreibt, daß sie keinen Fremden, außer dem
Papst, den Cardinälen und den römischen Damen gezeigt
werden soll. Hoffentlich werden die Eiben dieser Bestim-
mung nicht Nachkomme», indem sonst die herrlichen'Kunst-
schätze dieser schon früher schwer zugänglichen Villa für die
ganze übrige Welt so gut wie vergraben wären.

Die schönsten und interessantesten Gegenstände des vom
gegenwärtig regierenden Papst gegründeten reichen hctruri-
schen Museums im Watiean sotten nun durch die Vorsorge
des thätigen Maggiordomo, Mons. Massimo, gezeichnet
und in Kupfer gestochen, als ein Ganzes publicirt werden.
Der Papst hat zu diesem Zwecke 21,ooo Scudi angewiesen.

Seit dem März ist der Catalog der Gemäldesammlung
des Monsignore Giovanni Alessandro dcl Magno ausgegcben,
die sich im Palast Santa Crocc befindet und einzeln oder im
Ganze» verkauft werden soll. Es findet sich darunter ein
angebliches Bild von Michelangelo, das, dem Anblick nach
wenig erfreulich, des Gegenstands und seiner Erklärung wegen
Aufmerksamkeit erregt. Es ist auf Holz, 71,, Palmen hoch
und 5%.. Palmen breit. Man glaubt auf den ersten Anblick
eine kniccnde Madonna mit dem nackten Kind auf dem Arme
zu sehen, die aufmerksam einer alten Sibylle zuhbrt, welche
den rechten Arm auf ihre prophetischen Bücher stützend, die
Linke auf die Schulter des zaghaft in den Schoost der Mutter
flüchtenden Kindes legt. Zu den Füße» der Sibylle sieht
man einen erwachsenen Jüngling vor Schmerz in Ohnmacht
liegend und meisterhaft verkürzt. Ucbcr dieser Gruppe stiegen,
sich ttmarmcnd, zwei majestätische Engel, der zur Rechten
mit dem Ausdruck der Freude und Zufriedenheit über die
prophetischen Worte, der zur Linken traurig und verdrossen.
Buonarroti hatte diefi Bild, wenn es vollendet worden wäre,
für seinen Bewunderer und Beschützer Julius II. bestimmt;
cs enthält keine heilige Vorstellung, sondern eine allegorische
Satire ans Bramante, der, um Michelaugclo's Ruhm zu
vernichten, Julius II. vermocht hatte, ihm die Decke der
Sistinischcn Capelle aufzutragcn, und ihn als Maler mit
Raffael in Coneurrcnz zu bringen, der mit so großem Beifall
damals die vaticanischcn Säle verzierte. Michelangelo halte
diesen Auftrag mit männlicher Bestimmtheit abgelehnt, war
aber deßhalb genölhigt, Rom zu verlassen und nach Florenz
zurückzukehren. Hier cnlwarf er dieses Gemälde, um es dem
Papst zu sende» und ihm zu beweisen, daß er sich wohl mit
Raffael hätte messen können. Unter der Gestalt einer jugend-
lichen Frau stellte er die Roma vor, die sein Talent bewun-
derte, sich selbst als ihr Kind, das ihres Schutzes bedarf;
unter der alten Sibylle die Fama, die schon seine künftige
Größe verkündigt; in dem ohnmächtigen Jüngling Bramante,
der nach dem prophetischen Ausspruch ein Opfer seines Hasses
und Neides fällt; in den beiden Engeln die beiden Genien
der Malerei, deren einer freudig über ihin wacht, der an-
dere, Raffacl's Beschützer, traurig ist, da er niclit ohne Hülfe
Michelangelv's eine solche Höhe hätte erringen könne». Dicß
Bild blieb unvollendet, da Michelangelo nach Rom zurück-
kehrte, und bis jetzt der öffentlichen Kunde verborgen; die
Echtheit des Entwurfs ist von der Akademie von S. Luca
anerkannt worden und der Preis auf 2v,ooo Louisd'ors an-
gesctzt.

Erfurt, 50. Mai. Am 21. d. M. Vormittags wurde
der größte Thcil der wcrthvollen Gemäldesammlung des Re-
gierungs-Bauinspectors Looek der Raub eines Brandes,
welcher, wahrscheinlich durch die Coneentrirung der Sonnen-
strahlen durch eine Wasscrstasche, gerade in demjenigen Zimmer
ausbrach, wo die meisten Bilder ausgestellt waren.

Verantwortlicher Redacteur: von Schorn.
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