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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 25.1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.3206#0298
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295

Nachrichten vom Juli.

Panwerke.

Berlin. Am s. Juli hat die feierliche Grundsteinlegung
zu der neuen Kirche in der Orangenstraße stattgefundcn.

Am 29. Juli geschah der erste Spatenstich zum Ban der
neuen Kirche im Thiergarten, den der Oberbaurath und kd-
nigliche Architekt Stüler leitet. Die Kirche wird 126 Fuß
lang und 86 Fuß breit, der Thurm eine Höhe von 150 Fuß
erhalten.

Am ri. Juli wurde die vom Oberbaurath P ersius in
Potsdam erbaute Heilandskirche zu Sacrow in Gegenwart
des Königes, der sie erbauen lassen, und der Königin cin-
geweiht.

Breslau. Am 2 8. Juli ist die aus Norwegen nach
Brückenberg versetzte Kirche feierlich eingcweiht worden. Der
Erbauer an dieser Stelle ist Herr Hamann. Auch hier
waren beide Majestäten anwesend.

Potsdam. Das hiesige kbnigl. Schloß wirb jetzt einer
umfassenden Reparatur unterworfen und von außen durch-
aus verschönert. Die sammtlichcn Stuccaturarbeiten werden
abgcnommen und in gleicher Art ans Zink gearbeitet und an
die Stelle der abgenominene» gesetzt. Eben so liegt es auch
im Plane, den aus Stein gehauenen Neptun im Lustgarten
herauszunehmen und die ganze Gruppe in vergoldetem Zink
zu arbeiten. Wie pomphaft diese vergoldeten Zinkarbeilcn
sich ausnehmen, beweisen die vier Säulen um die Hauptfon-
taine von Sanssouci.

Aachen. Bei der durch königliche Mnnisicenz veranlaß-
tcn Wiedcranfstellung der Säulen in dem hiesigen Münster,
dem einzig authentischen Bau Karls des Großen, der auf
unsere Zeit gekommen ist, hat man aus »»zweifelhaften
Kennzeichen die Entdeckung gemacht, daß die Säulen der un-
tern Region ursprünglich nicht, wie cs vor ihrer Wegnahme
zu Ende des vorigen Jahrhunderts und in Folge der zu An-
fang des nämlichen Jahrhunderts veranlaßtcn Rococco-Deko-
ration der Kirche der Fall war, seitwärts mit je zwei hori-
zontalen Architraven und nur in der Mitte mit je einem
Bogen verbunden waren, sondern daß sic gleichmäßig je drei
Bögen trugen, was auch dem Prinzip der eigentlichen by-
zantinischen Architektur und insbesondere dem nächsten Vor-
bildc des Münsters, der Kirche S. Vitale zu Ravenna, ganz
entsprechend ist. Der König hat befohlen, daß die Säulen
nunmehr in dieser Weise, d. h. mit je drei Bögen, aufge-
stellt werden sollen. Eine weitere Bestätigung dieser Anord-
nung findet sich in einer, bisher übersehenen Abbildung einer
älteren Ansicht des Innern der Münsterkirche, die in Pisto-
lesi'ä Vaticano descritto (vol. III, t. 8 5), als zu dem christ-
lichen Museum des Vatikans gehörig, enthalten ist. Wie
wir hören, hat der Conscroator der Kunstdenkmäler, Bau-
rath v. Quast, auf dieselbe aufmerksam gemacht. Auf diese
Anzeige sind durch Veranlassung des Ministers Eichhorn in
Rom nähere Nachforschungen nach der genannten Ansicht an-
gestellt worden, wobei sich jedoch ergeben bat, daß das Bild,
angeblich als der nöthigen Bürgschaft rücksichtlich seiner Au-
thenticität entbehrend, schon vor längerer Zeit ans der ge-
nannten Sammlung entfernt und nebst andern ausgemerzten
Sachen an dornige Kunsthändler verkauft ist. Jede Spur
des Bildes schien verschwunden. Wir vernehmen jetzt aber
zu unserer größten Freude, daß es den fortgesetzten Bemü-
hungen des prcuß. Ministerresidenten zu Rom, Herr v. Buch,
gelungen ist, dasselbe dennoch, und zwar in einer römischen
Privatsammlung, wieder aufzufinden und für unsere Regie-

rung zu erwerben. Das Bild dürfte demnächst, nebst an-
derweitcn Planen zur Restauration der Münsterkirche, Sr. M.
dem Könige vorgelegt werden. Man macht sich hier die
Hoffnung, daß dieselbe ans eine umfassende Weise zur Aus-
führung kommen werde. — Von de» alten Capitcllen der
vorhin genannten Säulen können nur wenige bei der Wie-
deraufflellung der letzteren mit benutzt werden. Wir hoffen
aber, das, sowohl die übrigen alten Capitelle als auch die
gar nicht mehr benutzbaren Säulenbase» als interessante Do-
kumente des allen Baues sorglichst werden aufbcwahrt wer-
den. Die Capitelle sind tbcils korinllsischer Art, theils freiere
Umbildungen derselben, einige den Capitellen der alten Mo-
schee von Cordova vergleichbar. Die Basen sind zum Theil
attisch, zum Theil in wechselnder einfacherer Eomposition der
Gliederung, die schon direkte Uebergänge zu der mittelalter-
lichen Form enthält. Diese Basen, die, was schon das ro-
here Material bezeugt, ohne Zweifel an Ort und Stelle von
fränkischen Steinmetzen gearbeitet wurde», habe» für die Ar-
chitekturgeschichte eine ganz eigenthümliche Wichtigkeit.

Köln. Der Restaurationsbau der bekannten, höchst in-
teressanten gotlsischen Kirche der unfern von hier belegencn
ehemaligen Cisterzienser-Abtei Attenberg war mehrfach in's
Stocken gerathe», da der Kostenbedarf sicft im Laufe des
Baues ungleich bedeutender herausgestcllt hatte, als derselbe
ursprünglich berechnet worden war. Der König hat nun-
mehr nachträglich noch die sehr beträchtlichen Summen be-
willigt, welche zur vollständigen Herstellung dieses Gottes-
hauses, dessen Architektur einen so wichtigen Pendant zu der
des hiesigen Domes bildet, erforderlich sind. Wir dürfen
demnach der vollkommenen Erhaltung eines der ersten Mei-
sterwerke deutscher Kunst mit Zuversicht entgegen sehen.

Erfurt. Der Krenzgang des hiesigen Domes, in seinen
älteren Theile» überaus interessant wegen der völlig gleich-
mäßigen Weise, in der er, zwischen dem romanischen und
dem gothischen Baustyl in der Mitte stehend, an den Eigcn-
thümlichkeitcn beider Style Theil nimmt, in seinen späteren
Theile» der reichen Ausbildung des rein gothischen.Styles
«»gehörig, drohte den Einsturz und ließ dabei für den Dom
selbst die schlimmste Gefahr befürchten, da er de» Boden des
Hügels, auf welchem der Dom sich erhebt, nach Art eines
Substruktionsbaues fest hält. Der König hat gegenwärtig
die ziemlich kostspielige Restauration desselben auf Staatsko-
sten «»befohlen.

Soest. Die hiesige Wiesenkirche, bekanntlich eines der
schönsten deutschen Bauwerke aus späterer gothischer Zeit,
die neuerdings sehr in Verfall gerathe» war, wird gegen-
wärtig durch die Gnade des Königs, der die sehr ansehnlichen
Mittel dazu bewilligt hat, wiederhergestellt.

Nassau. Der schöne byzantinische Thurm der bei Nic-
dcrlahnstein, dem Schlosse Stolzenfels gegenüber, gelegenen
St. Johanniskirche ist am 2g. Juli plötzlich zusammengestürzt.

Königsberg. Man erfahrt, daß nach dem Plane über
die künftige Bebauung des Königsgartens auf die Stelle des
Ererzierhauses das neue Universitätsgebäude zu stehen kom-
men werde. Dem Last! national gegenüber wird der neue
Justizpalast erbaut, wodurch eine neue Straße entsteht. Der
zwischen dem Ffießc, dem Universitätsgebäude und Justizpa-
laste übrig bleibende Platz wird im Quadrat durch offene Ar-
kaden auf Säulen cingcschlosscn und als Garten angelegt.
Inmitten derselben findet die Reiterstatue des hochscl. Kö-
nigs Friedrich Wilhelm III. ihren Platz, und cs werden rings-
um vier Springbrunnen angebracht.

Unter Mitwirkung von vr. Ernst Förster in München und vr. Franz Kugler in Berlin, und unter Verantwortlichkeit

der I. G. Cotta'schen Buchhandlung.
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