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innere Seite stellt in einer schönen Komposition von nenn Fi-
guren Christi Abnahme vom Kreuz vor. Das Motiv in dem
Joseph von Arimathia, welcher den heiligen Leib herabläßt, hat
eine große Aehnlichkeit mit dem des heil. Petrus aus der be-
rühmten Kreuzesabnahme von Rubens im Dome zu Antwerpen.
Die znsammenstnkende Maria wird von Johannes unterstützt.
Besonders edel ist die kniende Magdalena. Der Grund ist golden
mit rantensörmigen Mustern, worin Sterne. Auf dem gleich-
zeitigen golduen Rahmen befinden sich in Runden gezeichnete
Köpfe. Auf der Außenseite, offenbar als Gegenstück zu den
obigen drei Heiligen, welche die Thür wahrscheinlich ursprüng-
lich deckte, drei heilige Frauen, deren die mittlere mit einem
Schwerte auf einer männlichen Gestalt steht, die zu den Seiten
aber Barbara und Dorothea sind, welche letztere von einem Kinde
begleitet wird. Der Goldgrund ist hier weiß übermalt, und
auch sonst finden sich viel alte und schlecht gemachte Restaura-
tionen. Die Art der tüchtigen Zeichnung, die würdigen und
kräftigen Charaktere der männlichen, die schönen und fittigen
der weiblichen Köpfe, der breite, edle Wurf der Gewänder, die
Gediegenheit der Malerei, die Behandlung der prachtvollen
Goldstoffe, der röthliche Fleischton mit dem modellirenden Sfu-
mato in den Schatten lassen mich hier mit Bestimmtheit ein
vortrefflichesWerkdes Ma t thäus Grünewald erkennen, welcher
einen neuen Beweis abgibt, wie berühmt dieser große Maler
zu seiner Zeit seyn mußte, indem er aus so entfernten Gegen-
den Aufträge erhielt.
Der an den Wänden desselben kapellenartigen Raums ge-
malte Todtentanz ist offenbar eine späte und ziemlich rohe Nach-
ahmung eines früheren, welcher nach den Trachten dem löten
Jahrhundert angehört, und verdient daher nur wegen der öfters
geistreichen Motive Beachtung.
Ein Diptychon, dessen innere Seiten in sehr reichen Kom-
pofitionen die Anbetung der Könige und die Kreuzigung Christi
enthalten. Auf der äußeren Maria mit dem segnenden Kinde
in der Herrlichkeit, ein Engel, welcher die Krone über ihrem
Haupte hält, und acht andere verehrende Engel hinter Wolken
von wulstiger Form. Zu den Seiten der auf das Lamm deu-
tende Johannes der Täufer, und Johannes der Evangelist mit
dem Kelch. In den Zwickeln zwei Engel mit Wappen, wahr-
scheinlich der Stifter. Auf einer Altarstaffel grau in grau der
Eeee Homo und die vier lateinischen Kirchenväter. Nur selten
möchte ein und dasselbe Kunstwerk in so hohem Maße Mängel
und Vorzüge besitzen, wie dieses hier der Fall ist. Der Aus-
druck der Köpfe hat etwas Phlegmatisches, ja bei dem dicken
Christuskinde selbst etwas Gemeines, die Motive der Figuren
sind sehr eckig, der segnende Mohrenkönig streift dadurch an das
Burleske, und bei Johannes dem Täufer erscheint die Stellung
der Beine sehr gezwungen. Die Zeichnung, zumal der nackten
Theile, ist sehr schwach, die Formen mager, die Verhältnisse zu
lang, die Gewänder von sehr knittrigen Falten, die Färbung
grell, bunt und hart und in der Landschaft von lichtem und im
Grün kaltem Ton. Man sollte kaum glauben, daß ein Bild
von so viel schlimmen Eigenschaften überhaupt des Ansehens
werth sehn könnte, demnngeachtet macht es sich für den mehr-
seitig gebildeten Kunstfreund durch die Naivetät und den großen
Ernst des Gefühls in den Köpfen, und die außerordentliche Ge-
diegenheit des Machwerks, wie z. B. die Falten modellirt und
die prachtvollen Goldstoffe ausgeführt sind, wiederum geltend.
Die ganze Art der Auffassung, der Charakter der Köpfe, der
satte, bräunliche Ton des Fleisches sprechen für die althollän-
dische Schule und erinnern au die Bilder des Geertchen von
Hartem in der Galerie des Belvedere zu Wien. Judeß gehört
dieses Bild einer früheren Stufe der Ausbildung an, und dürfte
wohl gleichzeitig mit dem Albrecht van Onwater sehn.
Ein großer Altarschrein mit doppelten Flügeln. Auf der
Außenseite des ersten Flügelpaars die Verkündigung Mariä.
Die Gewänder sind weiß, die übrigen Theile farbig gehalten.
Maria ist nicht würdig int Ausdruck, die Bewegung des Engels
zu stark. Werden diese Flügel geöffnet, so zeigen ihre inneren,
und die Außenseite der zweiten Flügel die vier lateinischen
Kirchenväter in architektonischer Umgebung und mit landschaft-
lichen Hintergründen, Hieronymus mit blassem Gesicht hält die
von ihm übersetzte heilige Schrift, Gregor zeichnet sich durch
ein Gewand von lichter Farbe aus. Dieses sowie die Gewänder
der übrigen Kirchenväter sind von edlem Geschmack und treff-
lichem Machwerk. Thun sich auch die inner» Flügel auf, so
sieht man auf dem Mittelbilde oben die heil. Dreieinigkeit, frei
nach dem berühmten Holzschnitt des Albrecht Dürer genommen,
unten, rechts weibliche Heilige von feinen und schönen Köpfen,
unter ihnen die Mutter Maria, Magdalena und Katharina,
links männliche, unter ihnen Johannes der Täufer, Petrus,
Paulus und Kirchenväter. Auf dem rechten Flügel die Sibylle,
eine sehr schlanke und lebhaft bewegte Gestalt, welche dem Kaiser
Augustus die in der Luft erscheinende Maria mit dem Christus-
kinde als die wahre Gottheit zeigt. Drei ans einer Loggia dem
Vorgang znschanende Personen scheinen die Porträte der Stifter
zu seyn. Auf dem linken Flügel Johannes der Evangelist,
welcher die Anschauung seiner Offenbarung hat. Er ist in
rothem Gewände und von sehr geröthetem Fleischto», wodurch
der Künstler offenbar seine Verzückung hat ansdrücken wollen.
Der Eindruck dieses Bildes ist sehr bunt. Komposition, Cha-
rakter, Ausdruck, Art der Zeichnung, der vorwaltend kühle Ton
im Fleische, wie in der ganzen Harmonie und namentlich im
Landschaftlichen, die Art des reichen architektonischen Beiwerks,
worin sich überall der Einfluß des italienischen Geschmacks be-
merklich macht, lassen mich mit Sicherheit in diesem Altar das
nach meiner Kunde noch vorhandene Hauptwerk des Bernar-
din van Orley erkennen, wobei ich mich aus die beiden sicher
als von demselben beglaubigten Bilder in der königl. Galerie
zu Brüssel und der kaiserl. Galerie des Belvedere zu Wien berufe.
(Schluß folgt.)
Reisewerk.
Genrebilder aus dem Oriente. Gesammelt
auf der Reise Sr. königl. Hoheit des Herrn Herzogs
Maximilian in Bayern und gezeichnet von Heinrich
v. Mayr k. Mit erklärendem Torte von Sebastian
Fischer, Dr. ic. Erste Lief. Taf. I — V., nebst einem
Detailblatt. Stuttgart, Verlag von Ebner und Seu-
bert. 1846. Fol.
Die neuere Zeit hat uns mannigfache Darstellungen des
Orients, der Physiognomien seiner Lokalitäten und seiner Be-
wohner gebracht, zumeist jedoch nur einzelne Ansichten, Kostüm-
oder Porträtbilder u. bergt. Der Zweck des vorliegenden Werkes
ist, uns abgerundete Seenen, die uns charakteristisch in das
Leben und Treiben der Orientalen und in die gesammte Umge-
bung ihres Lebens einführen, zu geben. Das Werk soll im
Ganzen aus 40 ausgeführten Blättern solcher Art und aus 8
Blättern mit der Darstellung der verschiedenartigsten Utensilien
bestehen. Nach der Inhaltsangabe wird es sich aber im Wesent-
lichen auf Aegypten und die angränzenden Lande beschränken;
doch war der Künstler, wie auch der Verfasser des TerteS, durch
besondere äußere Umstände hinreichend begünstigt, um mit den
Bewohnern dieser Gegenden überall in näheren Lebensverkehr
treten und somit die Darstellungen durchweg nach dem Leben