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IV 17

Donnerstag den 8. April 1847,

Sendschreiben nn den Hrn. Prof. Wilh.
Krause zu Berlin

als Beleuchtung seiner wieder entdeckten Malertechnik
der Meister des 15ten bis 18ten Jahrhunderts 1.

Es treten Fälle ein, wo auf dem Gebiete wissenschaftlicher
Forschungen sowohl, als auch auf dem der künstlerischen Thä-
tigkeit Erfindungen, Entdeckungen wie Schöpfungen sich begeg-
nen, welche ungeachtet ihrer Aehnlichkeiten dennoch das Gepräge
ihrer Originalität haben können; fle werden wohl neben ein-
ander bestehen können ohne das Recht der Erstgeburt für fich,
auf Kosten des Andern, bestreiten zu müssen. Anders verhält
sichs- jedoch da, wo die Natur des Gegenstandes einer gewissen
Selbstständigkeit entbehrt und an verwandte Erscheinungen sich
anlehnen muß, wodurch dann erst Werth und Bedeutung des-
selben bedingt werden; anders noch wenn die Präsumtion sehr
nahe liegt, daß der Gegenstand einer gewissen Berührung fich
nicht hat entziehen können, deren verwandtschaftliches Verhält-
niß durch eine thcilweise Publizität bereits konstatirt war.

Eine anonyme Persönlichkeit vindicirt Ihnen, Herr Pro-
fessor, das „unberechenbare Verdienst," die Malertechnik des
löten bis 18ten Jahrhunderts nämlich wieder entdeckt zu haben,
ohne jedoch auf eine, wenn gleich nicht überall richtige, doch
vielfach versuchte Anwendung einer gleichfalls gemachten Ent-
deckung , nämlich die der venezianischen Malerei, Rücksicht
genommen zu haben. Indem ich cs hier versuchen will, die
durch jenen Anonymus gemachten Mittheilungen zu bestreiten,
greife ich Ihnen vielleicht insofern in der Absicht vor, als Sie
sich gedrungen fühlen niöchtcn, diese vielfach selbst zu berich-
tigen, um so mehr als darin von falschen Prämissen ausgegan-
gen ist, welche nothwendig zu irrigen Folgerungen leiten mußten.
Wenn auch vielleicht jenem Berichterstatter, so ist es Ihnen,
Herr Professor, gewiß nicht unbekannt, daß schon Angelika
Kaufman n in Rom aufVeranlassung von Goethe's Forschungen

' Obiges Sendschreiben bezieht sich auf die kleine Schrift:
„®ic Malertechnik der Meister des töten bis töten
Jahrhunderts, wieder entdeckt von Professor Wilhelm
Krause in Berlin. Nach dessen Mittheilnngen znm erstenmal
dargcstcllt von L. B. Nebst einem Anhänge: Ein Gang durch
das Berliner k ö „ igli ch e Mn senni, zur besonderen Beachtung
für Besitzer alter Gemälde. Berlin, 18<l8. VcreinSbnchhandlnng"
(24 S. in 8.) So sehr es sich in dieser Angelegenheit um die
Spezialitäten der Knnfttechnik handelt, so nehmen wir doch keinen
Anstand, das uns zngesandte Sendschreiben den Lesern des Kunst-
blattes mitzntheilen, da die ausgestellten Fragen an sich gewiß von
erheblichster Wichtigkeit sind und überhaupt das Technische in der
Kunst mit dem Geistigen derselben im innerlich bedingten Zusammen-
hänge steht. - Zltv näheren Orienlirnng über die vorliegende Streit-
frage bemerken wir, daß i ie Resultate der in der eben angeführten
Schrift des Hrn. Prof. Krause besprochenen Forschungen der Haupt-
sache nach auf die Anwendung eines dunkeln Grundes (statt des
jetzt zumeist üblichen weißen), ans eine möglichst dnrchgeführte Untcr-
malung ausschließlich mit Deckfarben und auf eine, je nach Vcdürf-
niß wiederholte llcbermalnng ausschließlich mit Lasurfarben hinans-
führen. D. R.

einst ein Bild mit grauer Untermalung hat ausführen müssen;
weniger aber noch sind Jhlten gewiß ähnliche Bestrebungen der
neuern Zeit entgangen; ich meine nämlich die oben bereits
angedeuteten Untersuchungen über die venezianische Malerei,
und zwar die des im Jahre 1833 in Rom verstorbenen Malers
Dräger. Sie können Ihnen um so weniger entgangen seyn,
als man sogar in neuester Zeit noch in Düsseldorf, angeregt
durch jene Untersuchungen, Bilder grau untermalte, ja selbst
in Berlin dieser Gegeustalid bekannt, vielfach besprochen und
sogar versucht worden; auch der zweite Band der jüngst erschie-
nenen Briefe über Italien von Speckter Zeuguiß von Ver-
suchen der Art gibt.

Als vor Jahr und Tag einige öffentliche Blätter sich gegen-
seitig die Mittheilung über Ihre Entdeckung entlehnten, ging
auf diese Weise auch eine fragmentarische Notiz über in die
hiesige (Magdeburger) Zeitung. Ich fühlte darauf in mir die
Aufforderung, meine Erinnerungen aus den mündlichen Mit-
theilungen des verstorbenen Dräger niederzuschreiben, und zwar
in der.Absicht, sic zu veröffentlichen. Ich fand diesen Vorsatz
gerechtfertigt durch sein damals gegebenes Versprechen, seine
gesammelten Materialien über diesen Gegenstand zu ordnen und
in die Heimath mir nachzusendcn. Ein schneller Tod jedoch
vereitelte diesen Vorsatz, und so ist mir wenigstens nichts
Schriftliches darüber zu Gesicht gekommen. Bei der Erscheinung
jenes anonymen Schristchens nun, das Ihrer so rühmlich ge-
denkt, hielt ich es nicht für ungeeignet/ jene bisher unterblie-
bene Veröffentlichung, vielleicht zu Nutz und Frommen eines
an solchen Dingen theilnehmenden Publikums, in Verbindung
mit meinen weiteren Bemerkungen über Ihre Ansichten, zu-
nächst an Sie zu richten. Eine kurze Wiederholung dessen, was
bereits oben Erwähnung fand, wollen Sie des Zusammenhangs
wegen entschuldigen, auch wohl noch den Umstand, wenn ich
der Bequemlichkeit wegen annehme, als wären jene anonyme
Mittheilungen von Ihnen selbst ausgegangen.

Die Magdeburger Zeitung also brachte in ihrer 162ften
Nummer 1845 eine Nachricht über eine Entdeckung, welche
der Marinemaler Professor Krause in Berlin durch genaue
Untersuchung an verschiedenen älteren Bildern angestellt habe.
Er scy nämlich zu der Ueberzeugung gekommen, daß die älteren
Maler auf ganz dunklem Grunde ihre Bilder in kalten impa-
stirten Farben untermalt und demnächst ihre eigentliche Ueber-
malung nur durch Lasuren bewirkt hätten.

Würde die hier mitgetheilte Entdeckung sich lediglich auf
die sehr allgemein bezeichneten Thatsachen beschränken, so würde
die Technik dadurch um nichts bereichert werden; wir sind viel-
mehr geneigt zu vermuthen, daß jener Mittheilung der eigent-
liche Jncidenzpunkt mangelt, wodurch erst der Gegenstand einer
besonderen Beachtung würdig werden kann. Ganz abgesehen
davon, so hatte doch jene Notiz insofern Interesse für mich,
als fle etwas beut Aehnlichcs wieder in Anregung brachte, was
seinen Ursprung den interessanten Untersuchungen unsers Lands-
mannes Dräger, welcher schon im Jahr 1833 zu Rom verstarb,
zu verdanken hat. Ich will versuchen hier soviel aus meinen
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