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200 38

Von Beispielen römischer Basiliken vor Augen stellt. Hier nament-
lich tritt wieder der früher erörterte Standpunkt des Vers, deut-
lich hervor. Der Text gibt meist nur allgemeine historische Nach-
weisungen und kurze summarische Beschreibungen, alles darauf
berechnet, nicht die Geschichte und das Einzelne jeder Kirche für
sich zu erklären, sondern ein Gesammtbild des Basilikenbancs in
allen seinen Modifikationen aufzustellen. Achnlich bei den Kupfern.
Die neuern Zuthatcn und Ausschmückungen sind fast immer ver-
bannt, dagegen ist oft eine Wiederherstellung des Alten und wie
sich vom Vers, erwarten läßt, nicht ohne Geschick und Geschmack
versucht worden. Allerdings gibt er auch eine recht schöne Fülle
von Details, namentlich von Mosaikverzierungen, sowohl der
äußern Giebelwände als der Absiden, der Fußböden, der Ambo-
nen, aber ohne bestimmtes System und mit der wiederholt aus-
gesprochenen Absicht, nur Proben zu geben, nach denen neue
Baumeister Aehnliches versuchen könnten. Die Zahl der Basili-
ken, die er uns so aus 56 Tafeln vorführt, beträgt 28; davon
sind nur 11 bloß im Grundriß, alle übrigen auch im Aufriß,
die Hauptkirchen, wie Maria maggiore, Lateran, S. Paolo,
S. Pietro in reichem Detail gegeben.

Ist sonach das Wesen und die Geltung des Basilikenbaues
für Rom hinlänglich dargethan, so sucht der Vers, nun ferner
zu zeigen, wie für ganz Italien, ja für die ganze Christenheit
der früheren Jahrhunderte die Basilika Norm war. Namentlich
die früher» Ravennater Bauten, aber auch andere durch ganz
Italien zerstreute und manches Beispiel aus dem Morgenlande
liefern zahlreiche Belege (Taf. 88 bis 03). Was sich hier im
Einzelnen Abweichendes findet, ist theils durch zufällige Umstände
bedingt und als eine Weiterbildung des Typus zu betrachten,
wie sie die Alten selbst nicht verschmähten, tfjeilö kann es als
Zeichen des Verfalls nicht als Gegenbeweis gegen die allgemeinen
Regeln Geltung haben.

Dieß führt den Vers, auf die Bauformen, welche sich aller-
dings scheinbar seiner Grundansicht entgegenstellen, zuletzt aber
doch nur, wie überhaupt Ausnahmen die Regel, sie noch mehr
bestätigen. Sehr passend ist das Beispiel gewählt, von dem der
Vers, hier ausgeht, die Kirche des h. Grabes zu Jerusalem. In
ihr sondern sich bestimmt zwei Theile, ein Rundbau und ein Bau
in Schissen, dem die Basilikenform zu Grunde liegt. Ersterer
erhebt sich über dem Grabe, letztere ist dem eigentlichen Kirchen-
dienst gewidmet. So ist also hier der Rundbau durch den Zweck
bedingt. Auch hier folgte man antiken Beispielen, wie sie das
Grab der Cacilia Mctella, Mausoleum des August, des Hadrian
n. s. w. zahlreich liefern. Die Form von S. Costanza, dem
Grab der Helena, hat also in dieser ursprünglichen Grab-
bcstimmung ihre Veranlassung. Etwas anders verhält es sich
mit Gebäuden, wie S. Stefano rotondo, S. Angelo in Perugia,
wo die runde Form ihren Grund in dem antiken Ursprung der
Gebäude hat, während anderwärts, wie bei S. Cosma e Da-
miano, wo man den Rundbau als Vorhalle benutzt, sich erst
recht deutlich zeigt, für wie unpassend man diese Form zum
christlichen Dienste hielt. Auch eine Kirche in Kreuzform aus
dem 5ten Jahrhundert, S. Nazario e Celso in Ravenna, dient
nur zur Bestätigung des Gesagten, denn auch sie ist Grabkirche.

— Auch die achteckigen Gebäude, meist geringer» Umfangs, be-
währen nur die Geltung der Basilika; denn ihre Form ist durch
ihre Bestimmung zu Tauskapellen bedingt, für die bei dem alten
Gebrauche des Untcrtauchens keine Gestalt paffender war, als die
antiker Badesäle mit vertieften, fast immer achteckigen Becken.

— Endlich die wenigen alten Tempel, die man zu Kirchen be-
nutzt hat, können hier kaum in Betracht kommen, namentlich
wenn der Bau so umgestaltet ist, daß die alte Bestimmung kaum
zu erkennen, wie z. B. bei S. Nicola in Carcere, wo aus zwei
vder drei Tempeln schließlich eine Basilika entstanden ist. Die

übrigen Beispiele sind fast nur kleinere Tempel mit Säulen einzig
an der Vorderseite, wie Maria egiziaca, S. Urbano, der Minerven-
tempel in Assist, und können schon wegen ihrer Kleinheit nicht in
Betracht kommen, wo es sich um den Styl der Kirchenbaukunst
handelt, ebenso wenig wie die kleinen außerdem ganz unpraktischen
runden periptera, z. B. der sogenannte Vestatempel an der Tiber.
Große Rundbane endlich zeigen sich noch täglich unpraktisch, wie
das Pantheon; und/Nachahmungen desselben, z. B. Francesco di
Paola in Neapel, sind allgemein als ein Mißgriff anerkannt.

Wenn also keine der vor oder mit der Basilika entstandenen
Bausormen ihr den Vorrang streitig machen konnte, so können
hier nur noch die Baustyle in Betracht kommen, die nach ihr
und aus ihr entwickelt allmählig in Aufnahme kamen. Der Verf.
gibt auch hier hinlängliche Beispiele, doch kompilirt er in diesem
Abschnitt nur aus andern Werken und mußte sich hier, dem
Plane seines Werkes zufolge, nur auf das Allgemeine beschrän-
ken. Auch der Tert kann in Betreff der einzelnen Angaben nicht
auf eine solche Strenge der Kritik Anspruch machen, wie wir
sie bei einer gründlichen Betrachtung der Architektur des Mittel-
alters fordern müssen. Wir betrachten deshalb hier nur die
allgemeinen Ideen, da sie für den Standpunkt italienischer Kunst-
anschauung bezeichnend sind.

Die verschiedenen Richtungen sondert der Verf. nach den
Ländern, östliche, westliche, nördliche, denen er noch die südliche,
arabische hiuzusügen würde, wenn sie auf die Grundformen des
Kirchenbaues und nicht bloß auf die Verzierungen an wenigen
Orten von Einfluß gewesen wäre. Die östliche ist die byzantini-
sche im enger» Sinne, der Kuppelbau, der in der Sophienkirche
sein Urbild hat und nachher für den griechischen Ritus bis in
die Neuzeit in den Grundlagen beibehaltcn ist. Daß der Verf.
diesen Styl für Italien nicht anerkennen will, ist natürlich, da
er eben auf den griechischen Ritus berechnet ist. — Unter der
westlichen Baukunst ist die Entwickelung unter den romanischen
Völkern begriffen, die wir theils als eine Nachwirkung des rö-
mischen, theils unter der uneigentlichen Benennung byzantinisch
zu fassen pflegen. Hier liegt im Allgemeinen der Grundriß der
Basilika zu Grunde; wesentlich nun ist die Erweiterung des
Querschiffes zur ausgeprägten Form des sogenannten lateinischen
Kreuzes. Gerade dieses hält der Verf. für einen Fehler, dadurch
diese Ausweitung die Einheit des Ganzen verloren gehe. In
den übrigen Eigenthümlichkeiten sieht er theils orientalische Ein-
wirkungen, namentlich in der Kuppel, theils Zeichen des Ver-
falls besonders im Technischen. So entsteht ihm der Pfeilerbau
autz dem Mangel an Säulen, wie er schon früher bei den Ba-
siliken die Bögen, welche die Säulen statt der Architrave verbin-
den, aus dem Mangel an passenden großen Werkstücken für
Säulengebälk herleitet. Gerade die Pfeiler aber, die bei Ueber-
wölbung der Schiffe an Stärke znnehmen müssen, heben den
wesentlichsten Vorthcil auf, den der Säulenbau biete, nämlich
den freien Durchblick nach dem Hauptpunkte der Kirche, dem
Altar. — Mehr GereHtigkeit läßt der Verf. der nördlichen Archi-
tektur, der sogenannten gothischen widerfahren. Indem sie theils
im Gruudplan sich der Basilika auschlicße, theils das Querschiff
mehr zusammenziehe, gewinne sie an Einheit; die Pfeiler, wegen
des geringer» Druckes, dcu der Spitzbogenbau ausübe, seyen
schlanker und beengen weniger den Blick. So werde man für
den Gottesdienst fast derselben Vortheile, wie bei den Basiliken
theilhaftig und gewinne durch den Gewölbebau größere Festigkeit
und Dauerhaftigkeit. Schwierigkeiten findet der Verf. nur in der
Kostbarkeit, veranlaßt durch die hochgcwölbten Schiffe, die eine
verhältnißmäßig kleine Area umfassen, durch die hohen Thürme
und die Masse der kleinen Ornamente, welche auch die Erhal-
tung kostspielig machen. Dazu biete dieser Banstyl wenig Ge-
legenheit für plastische und malerische Verzierung: „er sey, wie
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