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Wir glauben indessen ganz sicher zu gehen, wenn wir Voraus-
sagen, daß weder der Verfasser der »Ncwleafe discourses« noch
der talentvolle Kritiker „Candidus" (von dein wir früher i
sprachen) sich auf diese Ehre wird gefaßt machen können, viel-
mehr scheint es glaublich, daß einer von jenen Büchermachern,
die dem alten Schlendrian seit Jahren gefolgt sind, wie John
Britton oder Joseph Gwilt oder der durch seine architekto-
nischen Aphorismen berüchtigt gewordene Professor Do valdson,
die Medaille erobern wird. Vielleicht könnte sic noch der Pro- !
fessor Wilson erlangen, der, ein durch und durch Orthodoxer,
den Antiguarianismus mit seinen Anhängseln über wirklich ächte
Kunst erhebt.

Wie weit das Institut nun selbst an und für sich als Verein
fördernd in der architektonischen Literatur anstritt, wie bei uns
z. B., wo dergleichen Vereine architektonische Entwürfe der Zeit
publizire», können wir am treffendsten aus der Proposition er-
sehe», die Herr Weale (einer der bedeutendsten architektonischen
Verleger Londons) vor einiger Zeit demselben machte, um eine
Sammlung der neuesten und besten englischen Gebäude in schöner
Ausstattung aus eignen Mitteln zu publizire». Er wünschte i
nämlich vom Institut nur dahin unterstützt zu werden, daß das-
selbe die geeigneten Architekten auffordere, die Zeichnungen zu
den Werken zu liefern. Die Idee war eine glückliche und ver-
diente durchaus die Mitwirkung des Instituts, da es einer guten
Sache galt und nur mit geringen Müssen verbunden war. Statt
dessen verweigerte das Institut diesen Vorschlag ohne Weiteres.

Es verweigerte ihn nicht, weil sie Aehnliches, Besseres im Sinn
hatten, gewiß nicht, denn ihre eigenen Mittel sind so schlecht
bestellt, daß sic Derartiges nicht zrl unternehmen im Stande sind;
ja, ihre Fonds sind so rcduzirt, daß sie nicht einmal ihre eignen
Berichte oder »Transactions« herausgeben können. Zudem war
bei diesem Offert durchaus kein Risiko für sie — es wurde nur
ein Sichbetheiligcn für die Kunst erbeten, was dem Institut
selbst nur Lob eingetragen hätte — nein! man schien dort deter-
minirt sich den Ideen der Publikation durchaus zu widersctzen,
weil man wahrscheinlich „das Licht" scheut. Nach solchen Anzeichen
ihrer Politik und ihres Eifers für die Kunst können wir wohl
mit Ncwleafe sagen: the curse of the Institute is its Coun-
cil ? Sticht weniger merkwürdig scheint nun auch die Art und
Weise, wie diese abschlägige Antwort auf die Offerte des Herrn
Weale ohne alle Erklärung gegeben wurde; von einem öffent-
lichen Institut hat man bei solchen Verweigerungen aber ein
Recht, den Grund solcher positive» Verweigerungen zu fordern.
»The Uuilder,« ein architektonisches Blatt, das sich in dienst-
fertigen Kritiken über Bauwerke ausläßt und ein großer Proueur
des Instituts ist, erwähnte nur das Faktum der Verweigerung
ohne weiteren Kommentar.

Nachrichten vom Juni.

Akademien und Vereine.

München. Wciitl uns Die Kunstgeschichte lehrt, daß heroor-
leuchtende Blütheepocheii der Kunst die Höhenpunktc politischer Macht
eines Volkes oder Staates bezeichnen, so will die Gegenwart, in
der wir so gern den Aufschwung unserer Nation zu neuer Größe
erblicken, dieser Lehre sich nicht ganz bereitwillig fugen. Wir schen
die Knust, diese edelste Schriftführerin der Geschichte, weit entfernt
von den Vorsitzenden berufen oder durch Zuruf der Versainnilnng an
die ihr gebührende Stelle gebracht zu werden, genöthigt, ihr Daseyn
den Machthabern selbst ins Gedächtniß zu rufen. Der erste Künsiler-
vercin, welcher daran dachte, sich für die Kunst beim deutschen Par-

lament zu verwenden, war der von Düsseldorf. Ihn, schlossen sich
diejenigen von Hannover, Berlin und (irre ich nicht) von Dresden
an. München lehnte anfangs den Antrag auf Betheiligung ab,
weil man hier der Meinung war, der Zeitpunkt, in welchem erst
das Gebäude einer neuen ReichSverfaffnng anfgeführk werde und die
Gemüther mit den großen Rechtsfragen und der Roth des Landes
beschäftigt sehen, wäre nicht geeignet, eine thätigc Theilnahme an
der Kunst bei den Lenkern der öffentlichen Angelegenheiten zu ge-
winnen. Inzwischen that selbst die Akademie in Berlin einen ent-
schiedenen Schritt bei der pretlßischen Regierung (s. Kunstblatt
Nr. 32), die Sorge derselben auf die wesentliche», jetzt besonders
gefährdeten Interessen der Kitt,st ztl richten, und von Düsseldorf und
von Hannover ergingen neue Anfsordernngen nach München, der
Sache aller deutschen Künstler sich anznschließcn. In einer allge-
meinen Künstlcrversammlnng unter dem Vorsitz des Malers Schön
wurde auf den Antrag von E. Förster, Hasenclever u. A. vornehm-
lich in Hinsicht auf die Pflicht der Freundschaft, die Knnstgenofsen
im Norden tticht vereinzelt handeln zu lassen, beschlossen, sich in
gleichem Sinne mit einer Zuschrift an das Parlament zu wenden
und ein Ausschuß zur Entwerfnng derselben erwählt (Schön, Beer,
Prof. Lange, Widnmann, Teichlein, Heinlein und Förster), In
dcni Ausschuß kam man überein, den Antrag an das Parlament
möglichst allgemein, namentlich die Anforderung z„ stellen, daß den
Einzelstaaten Aufgaben gegeben würden, wie sie i» Bayern ohnehin
seit einem Mcnscheualter bereits gelöst wäre» (wobei man freilich
übersah, daß man nicht für die Kunst in Bayern, sondern in Deutsch-
land daS Work ergriff); dagegen aber in einem Begleitschreiben an
die Abgeordnctcti von München heu Antrag näher zu motiviren und
auf den Bau eines deutschen Parlamenthauses und eines obersten
Gerichtshofes, als durch die Verhältnisse und das Bedürfniß dar-
gebotcnc Anhaltpnnkte zur Bcachtnttg der Kunst hinznweisen. In
einer zweiten allgemeine» Vcrsatiunliitig der Künstler von München
! ward Zuschrift und Begleitschreiben einstimmig angenommen und
geht »nn mit den Unterschriften fast sämmtlicher hiesiger Künstler
nach Frankfurt ab. Die Zuschrift an das Parlament lautet:

„Hohe Versaninilnng! Seit Jahrhunderten behauptet das Vater-
latid durch seine Intelligenz einen hohen, ruhmvollen Rang unter
den gebildeten Nationen des Erdkreises. Deutsche Kunst und Lite-
ratur verbürgten die Ehre des deutschen Namens auch zu einer Zeit
noch, da derselbe keinen politischen Klang mehr halte, — Mit dem
Frühling des Jahres 1848 begann jene deutsche Intelligenz eine
ihrer würdige Staatßform zu entfalten; die konstituirende Versamni-
lung wird tnt Augenblick der Neugestaltung Deutschlands die Wah-
rung und Entwickelung der Rechte jener altbewährte» Schildträgcrin
deutscher Ehre, Kunst und Wissenschaft nicht vergessen. Die deutsche
Ktinst ist Nationalsache. Sie hat ihre Wurzeln in der hohen gei-
stigen und gcmüthlichen Begabting der Nation. Gestützt auf diese
Wahrheit stellt der Künstlerkreis in München in, Einklang mit
seinen anderweitigen deutschen Kunstgenoffen an eine hohe Versamm-
lung die Bitte: DaS Parlament möge der deutschen Kunst fortan
den Namen »HD die Rechte^ einer Nationalangelegenheit förmlich
zuerkenncn und somit die Sorge für dieselbe in das Bereich der
seiner Berathnng und Beschlußfassung unterworfenen allgrmcineti
deutschen Angelegenheiten anfnehmen. — Ein freies, starkes und
einiges Deutschland wird diesen, Beschlüsse jede mögliche Folge geben.
Die Kunst war, ist und wird dem deutschen Volke heilig sey».
Wofür Deutschland fühlt, dafür handelt sein Parlament!" (Folgen
die Unterschriften.) cf.

LRllsccn und Saininkunge».

Acgcnsbllrg. Nunmehr ist auch Luthers Büste in der Walhalla
ausgestellt worden. Sie ist ein Werk des Professors Nietschel in
Dresden. Die Büste befindet sich in der Mitte zwischett denen von
Hans Holbein und von KoperniknS.

Denkmäler.

Hang. Am -t. Juni wurde dahier da- Standbild Wilhelm I.
in Gegenwart des Königs feierlich enthüllt. (S. Nr. 31 S. 135
und Nr. 35 S. 140.)

Paris. Dem in dem Jnnianfstand bei der Ucbung seiner
heiligen Pflicht von einem Insurgenten tödtlich verwundeten und
bald hienach verschiedenen Erzbischof von Paris, Herrn v. Affrc,
wird ein Denkmal errichtet. (Unter den verschiedenen Vorschlägen
hat die Nationalversammlung dafür entschieden, daß dem Erzbischof
in der Kathedrale von Notre Dame ein Monument gesetzt lind ein
Betrag von 50,000 Fr. dafür bestimmt werde.)

Unter Mitwirkung von lkr. Ernst Förster in München und Or. Franz Kugler in Berlin, und unter Verantwortlichkeit der

I. G. Cotta'scheu Buchhandlung.
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