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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 6.1825

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https://doi.org/10.11588/diglit.13083#0261
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Nr. 62,

Kunst-Blatt.

Donnerstag, den 4. A n g u st 1325.

Ucker Millingcn's Monuments of Grecian art.

Ancient unediled Monuments of Grecian art frotn collec-
tions in various countries principally in Great Britain,
iiluslrated and explained by James Millingen iäsq.
London. Number I —4. 1822. 60 S. Mit 24 -Supfcrtl.
Number 5. 8 S. 4 K.

(Fortstyung.)

In ber folgen den Tafel lZ, einem Vasenbild des Hrn.
Durand zu Paris, sieht Hr. Millingen mit Recht in der
langbekleidecen Frau mit Stirnbmde, Schaale und Spie-
gel eine Aphrodite und in den mannweiblichen Jüng-
lingen, die sie tragen, mit Recht Eroten, wobei) an or-
phische und ppthagorische Lehre, wie an den häufigen Ge-
brauch der Vasen von Puglien und Basilicata erinnert
wird. Seltsam daß er sich nicht scheut, jene Mystiker
für sich zu benutzen, um bald darauf die Eroten in der
Bedeutung vvn Mpsteriengenicn zu läugnen! Daß Genius
kein griechisches Wort sep, ist sreylich wahr, aber von
Mysteriendämoncn hat man doch wohl auch in gutem Grie-
chisch sprechen können, ja von mystischen Eroten. Jndeß
versichert der Vf. überdiefi, ähnliche Cvinpositivn ko'.nme
selten oder nie in Bezug auf Mysterien vor; dieser Aus-
spruch eines mit Recht angesehenen Vasenkenners ist zu
nachdrücklich ausgesprochen, um nicht auch die klarste An-
schauung des ersten besten Vasenwerks zum Schweigen zu
bringen, lieber die Namen der Eroten wird bemerkt,
Eros und Anteros .(Liebe und Gegenliebe) könnten es
nicht wohl sepn, eher Gamos (Hochzeit) und Hvmenäos
(Vermählung), oder, was wohl wahrscheinlicher, Eros
und Himervs (Liebe und Sehnsucht). Es liegt nahe, da-
gegen anzuführen, wie der mächtige Alleinherrscher Eros
in jeder andern Gesellschaft als der hier allerdings schwer
auzunehmenden des Anteros herabgesezt erscheint: am
nächsten liegt es wohl, an die Begleiter zu denken, die
ihm Skopgs gab, an Pothos und Himervs (Verlangen
und Sehnsucht).

In der bereits aus d'Haucarville 11- 126 bekannten,
jezl dem drittischen Museum.gehörigen Vorstellung vom ,

Tode der Prokris ist es von neuem ein Vogel mit Men»
schengesicht, der Hrn. Millingen's Erklärung stört. Die
übrigen Figuren der Bildes sind verständlich und kaum
Erechtheus, der Vater der sterbenden Prokris zu be-
zweifeln oder genügender zu erklären. Desto größer ist
die Schwierigkeit, welche der erwähnte über der Sterben-
den schwebende Vogel verursacht. Ob die Meynung,
jener Vogel sep Nephele, die trügerische Geliebte des
Eephalus, eine Figur, die selbst, wenn jener Vogel Wind
uckd Wolke vorstellen könnte, doch hier nothwendig als
menschliche und menschenähnliche Figur erscheinen müßte,
irgendwo Bepfall finden würde, steht zu bezweifeln. An-
drerseits wagen wir nicht eine anderweitige Deutung mit
einiger Sicherheit vorzutragen; bep dem Herausgeber-
jedoch, der ja die Vögel mit Menschengcsichtern aus
ägyptischen Bildern als scheidende Seelen selbst anfübrk,
hoffen wir den in seiner Bildung den Sirenen ganz ent-
sprechenden Vogel allerdings für die scheidende Seele
deuten zu können, die etwa als Vogel gebildet ist, wie
die Mania auf römischen Monumenten, und mit Men-
schengesicht, wie jene den Lebendigen nachstellenden Frauen
mit Vogelleibern. Allerdings will Hr. Millingen Figuren,
wie die adlerähnliche Flötcnbläserin bep d'Haucarville l.
99 nur für fratzenhafte Verzierungen gelten lassen; doch
wird er bep näherer Prüfung schwerlich verkennen, >vie
wenig mit solcher Beschreibung der Figur statt einer Deu-
tung gethan sep, neben der denn auch wohl Löwe, Bock
und Hirsch, die den Vogel bep d'Hancarville 11. 86 be-
gleiten, statt für die genannten Thiere, für bloße Fratzen
gelten müßten. Was sollte auch vollends bep einer sol-
chen Betrachtungsweise aus dem Stiere mit Menschen-
gesicht werden, den Hr. Millingen als Gegenstand alter-
thümlicher Verehrung nicht läugnen kann, und der ihm
als heiliges, aber namenlos einherschwankendes, Erd-
oder Flußsymbol mit bedeutsamem Zusatz des Menschen»
gesichtes die obige Vcrmuchung unterstützen muß, statt
wie sonst für Bacchus Heben zu gelten! Ans die Vase
zurückzukommen, so gestehen wir an die von uns vorgc-
schlagene Erklärung einer über der Sterbenden flatternden
Seele Glauben zu hege», dabep aber an der Ungewöhn-
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