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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 7.1826

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https://doi.org/10.11588/diglit.13084#0251
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ihren Namen nicht schreiben konnten, als das Kreuz-
zeichen, welches andere, statt des Namens, Urkunden
unterschrieben, und daher die Bemerkung des Vers.,
welche er noch S. izo macht, daß er oftmals zur Be-
scheinigung von solchen Merken unter Urkunden, die in
seiner Gegenwart vollzogen wurden, gerufen worden sey.

Nach dem, was wir vorstehend entwickelt und be-
merkt haben, ergibt es sich von selbst, was für einer
Mepnung wir über die S. iüü befindliche Ansicht des
Verf. sind, wenn er von den durch ihn mitgetheilten
Zeichen sagt: „sicherlich waren dieselben aus heidnischen
Zeiten übrig geblieben; es sey, daß man dieselben zu er-
halten wünschte, wegen der großen und wundervollen
Kraft solcher Züge; oder es sey, daß einige Familien
gewohnt waren, durch diese Charaktere sich in öffentlichen
und besonderen Handlungen zu unterscheiden; oder es
sey endlich, daß man dadurch das Gedächtniß einer prie-
sterlichen Abkunft glaubte zu sichern und fortzupflanzen.
Allemal zeugen dieselben von einem sehr hohen Alter-
thum."

Gänzlich der Meynung entgegen, hier etwas Uraltes
zu sehen, finden wir nur etwas beträchtlich Altes'zwar,
aber nichts Heidnisches und von allen obigen Vermutbun-
gen hat nur eine für uns Grund: die Unterscheidung ei-
niger Familien durch solche Zeichen, in öffentlichen und
Privat-Handlungen. So fällt denn auch für uns jede
Vergleichung mit den einzelnen runischen Schriftzeichen
weg, so wie die Folgerungen wundersamen Zusammen-
hanges der alten Völker, der freylich, wenn jene Zeichen
heidnischen Ursprungs, von äußerster Wichtigkeit wäre.

Als Anhang findet sich die Nachricht eines Herrn
H. W. Tydemann, der im Jahre 1824 zu Enkhuisen,
an der Außenseite eines Gasthofes, der früherhin, seiner
Erbauung nach, als Aufnahmeort für arme Fremdlinge
gestiftet war, acht ähnliche Zeichen in Backsteine gedrückt
und in der Mauer selbst stehend, in der Gegend der
Fenster, fand. Die Art, wie diese Zeichen gefertigt und
angebracht sind, stimmt ganz mit der überein, welche in
der Altmark beobachtet worden ist und wovon die Abbil-
dungen sich in der ersten Lieferung der bereits angeführ-
ten Merkwürdigkeiten der Altmark finden. C. van der
Hoof nimmt, in seiner Chronik von Enkhuisen, den Bau
dieses Gasthofs in der ersten Hälfte des fünfzehnten
Jahrhunderts an, in dem Orte selbst will man aber be-
haupten, er sey nicht älter als zwischen iZyo und i5yr.
Gleiche Ansicht, gleiche Entstehung dieser Zeichen, wie
die andern mitgetheilten, kann man nicht verkennen, sie
sollen unstreitig Personen bezeichnen und geboren zu dem
merkwürdigen Zeichen- und Buchstabengebäck in Ziegel-
erde, wie wir es bis hoch in Preußen hinauf finden.
Was wollen aber diese acht Zeichen an dem Gasthofe?
Acht Baumeister können doch dadurch nicht angezeigt wer-

den? Hier muß ich glauben, daß es die Merke von acht
frommen und achtbaren Bürgern sind, welche den Bau
leiteten und die dazu nöthigen Gelder hergaben und die
sich in diesen einfachen, nun ihrer Deutung nach ver-
gessenen Zeichen ein. Andenken stiften wollten.

Zulezt theilt Hr. Tydemann noch zwey Buchhändler-
stöcke, d. h. Buchhändlerzeicheu, wie sie am Schluffe der
Inkunabeln und ältesten Drucke stehen, mit und eröffnet
dadurch wieder den Blick auf ein neues Feld solcher Zei-
chen. Uns gehören sie natürlich zu der Abtheilung der
Kaufmannszeichen; denn die Buchhändler druckten sie ge-
wiß nicht blos in die Bücher, sondern ließen sie auch
wohl auf ihre größer« und kleinern Bücherballcn zeichnen,
die sie zum allgemeinen Meßverkehr gen Frankfurt am
Main sendeten, oder, außerhalb Deutschland, in ihrem
eigenen Lande vertrieben. Auch diese Buchhändlerzeichen
sind höchst wichtig und bedeutend; wir wissen bis jezt
so wenig davon, daß das, was wir darüber erhielten,
kaum zu rechnen ist. Möchte doch mein Freund, der
Herr Geheime Oberfinanzrath Svtzmann zu Berlin
seine reichen, belehrenden Sammlungen, die er gemacht
hat, recht bald öffentlich mittheilen.

So haben wir denn zwar in dieser Abhandlung keine
Runenschrift vorgeführt erhalten, wie Hr. Westendorp
glaubte und die freylich für die Niederlande, und das ge-
sammte Deutschland von der allerhöchsten Wichtigkeit ge-
wesen wäre, aber wir haben die sichere Kunde einer im
späteren Mittelalter sehr ausgebreiteten Zeichensprache
empfangen, die noch für lange Zeit Stoff zu wichtigen
Untersuchungen geben kann. Mögen diese im Laufe der
Tage so weit gedeihen, daß jede, noch obwaltende Zwey-
deutigkeit und Dunkelheit schwindet.

Büsching.

Aus Rußland.

Der englische Historienmaler Hr. Dawe hatte das
Glück von Kaiser Alexander I. den Auftrag zu erhalten,
die Bildnisse sämmtlicher russischen Generale zu malen,
die an den denkwürdigen Feldzügen in den Jahren i8ir,
1813 und 1814 Theil genommen. Dieser ehrenvolle
Auftrag ist auf das vollkommenste und die strengsten
Forderungen des Kenners befriedigend von dem genialen
Künstler ins Werk gerichtet worden, der jedoch diesem
bleibenden Denkmale seines seltenen Talentes und seiner
vollendeten Kunstfertigkeit, unstreitig durch das von ihm
nach dem Leben gemalte Bildniß unseres verewigten
Kaisers die Krone aufgesezt hat; — durch das Bildniß
Aleranders, der als Heerführer in jenem heiligen Kriege
glänzte, alles durch sein erhabenes Beyspiel begeisterte,
sich durch feine mit Sanftmut- gepaarte Charakter-
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