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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 9.1828

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https://doi.org/10.11588/diglit.13086#0092
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82

lieber die Dresdner Kunstausstellung
im August 1827.

Von Amalie v. Helvig.

(Fortsetzung.)

Zwischen diesem, dem landschaftlichen Fache entschie-
den zugewendeten Streben, bemerkte ich mit Freude die
mehr historische Richtung zweyerSchüler des Prof.Hart-
mann, Hottenroth und Zimmermann, wovon der
erste den Moment dargestellt, wo die verirrte Erminia
zu deiMKörbe flechtenden, von Kindern umgebenen Alten
unerwartet herantritt, der zweyte aber. zwei) Porträts
kunstvcrwandter Jünglinge mit ihren Mappen und Crayons
zu einer so natürlich gestellten;, als gemächlichen Gruppe
vereinigt hat. Mochten doch solche Gegenstände im-
mer mehr von angehenden Künstlern gewählt werden, so
würde der Beschauer zu lebhafter Theilnahme aufgeregt,
nicht aber durch das Ueberschwängliche der meisten Aus-
gaben und deren mangelhafte .Ausführung abgewendet
werden.

Daß auch das lobenswerthe Alte, und zwar von rei-
feren Künstlern wieder hervorgesucht wird, zeigte sich hier
doppelt erfreulich in der wacker» Kopie, die Hr. Faber,
Mitglied der Akademie, nach der Arbeit eines in Dres-
den früher viel beschäftigten Künstlers vollendete, von
welchem sich unter dem Beynanun Canaletto in der
Doublettensammlung auf der Brühlschen Terrasse höchst
interessante Gemälde finden. Das von Faber kopirte stellt
den Markt von Pirna, und zwar von der Seite dar, wo
der darüber emporragende Berg und dessen Gebäude gerade
dem Beschauer gegenüber sichtbar sind.

Scharf belehrend stach die einfache Wahrheit dieses
Gemäldes gegen seine unbestimmteren Umgebungen ab,
indem das Auge hier wirklich das Sonnenlicht auf den
hohen Giebeln einerseits, so wie hinwiederum die tiefen
Schlagschatten der andern Häuserreihe auf dem Straßen-
pflaster zu erblicken glaubt, und bey dem alterthümlich
runden Brunnen gern verweilt, um den sich die Menge,
des erfrischenden Wassers bedürftig, sammelt. Für den-
jenigen, welcher sich dem Fache der Landschaftmalerei)
widmet, beut die zahlreiche Sammlung dieses einen Mei-
sters ein so gehaltvolles Studium, daß ohne den Besuch
der Gallerie schon der Salon der Dvubletten einen Auf-
enthalt in Dresden lohnte.

Mit gleichem Ernst der Wahrheit in der Knnst hul-
digend, zeigt Prof. Dahl in seinen dießjahrigen Arbeiten
zugleich die sinnvolle Wahl bedeutender Gegenstände und
die naive Treue eines Vertrauten der Natur. Hier die

Einfahrt zum Sognefjord gen Bergen, ein Seestück, das
sowohl durch glückliche Beleuchtung der Wellen im Mittel-
gründe höchst eigenthümlich, als in Behandlung des Was-
sers überhaupt, wie der malerischen Felsenufer, vortreff-
lich zu nennen ist; dort das kleine Winterstück mit dem
Portal der alten St. Olofs Kirche in Bergen; dann die
ärmliche Häuslerwohnung auf einer Anhöhe der Gränze
zwischen Schweden und Norwegen; jedes den Beschauer
ganz in das Bild versetzend, ohne kleinlich beengende
Mühewaltung, noch Haschen nach Effekt. Diese weise
Zurückhaltung schien mir aus Dahl's sammtlichen Gemäl-
den dießmal als Zeugniß für einen gereiften Geschmack
zu sprechen, dem Iugendgesühle unbeschadet, das aus sei-
nen Arbeiten wie ein durchsichtiger Quell hervorbricht und
uns in die klare Tiefe unverkünstelter Empfindung blicken
läßt. Diesen Charakter trägt besonders eine Gebirgs-
parthie aus dem Fortunsthale in Bergen, wo der tiefe
Grund in aller Frische der Färbung vor uns liegt, wie
der dichterische Ausdruck vom „schmaragdenen Grün der
Wiesen" ans dem Norden seinen Ursprung herzuleiten
scheint, wo in nie betretenen Schluchten sich der einfarbige
Teppich des feinsten Grases ausbreitet, meist, wie hier
auf unseres Künstlers Tafel, vom rauschenden Erlenbache
durchschnitten, der in seinen schnellem Krümmungen dort
und hier hell beleuchtet silbern aufblizt, indeß von hohen
Felswänden ernst graue Schatten herabsinken, und das
Auge nur auf der Höhe derselben die kleinen, von be-
schränkten Matten umgebenen Hütten entdeckt, wo die
Bergbewohner sich oberhalb jenen tiefliegenden Wiesen an-
siedeln, die der nordische Winter durch Schnee und Eis
unzugänglich macht.

Neben: diesem ernsten Sommerbilde seines rauh schö-
nen Vaterlandes, scheint Dahl mit Vorliebe ein anderes,
den Winter in seiner klaren Strenge darstellend, vollendet
zu haben. Die Luft darin ist heiter, wie fast immer in
dieser Jahreszeit, nur am Horizonte schwebt, von der
Sonne niedergedrückt, ein lichter Nebelstreif. Im Vorder-
gründe zur Rechten des Beschauers ragt ein hoher Bauta-
stein, wild und unbehauen, aus nur eben gefallenem Schnee
hervor, der auch in den Vertiefungen des Steines recht
eigentlich hingewehet liegt. Die braunen Gräser, welche
hie und da noch am Boden hervorblicken, deuten auf den
ersten Winterfrost, und man fühlt es, daß die stille, kalte
Luft über dem von Felsen begränzten, zur Linken sichtbaren
Landsee des Wassers lezte Warme, als leichten Nebel aus-
dünstend, in sich zieht. Der Uebergang zum Gefrieren des
Wasserspiegels ist trefflich und unverkennbar für jeden aus-
gedrückt, welcher solche Momente in der Natur aufmerk-
sam beobachtet hat.

(Der Beschluß folgt.)
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