Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

DOI article:
Clauß, C.: Der Verkauf der v. Quandt'schen Gemälde-Sammlung in Dresden
DOI article:
Verschiedenes / Inserate
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0053
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
52

so wohl versteht, und auck ohue dies, in Jahr und Tag
oder etlichen Jahren würde Alles nach Wnnsch aussehen.
Die schönen Nenaissancebauten vertragen nicht nur, son-
dern verlangen solcken Untergrund; man vergesse nicht,
daß nian sich hier nicht in einer alten Ritterburg befindet,
sonvern in einem Schloß, in dem an und für sich schon
Altes und Neues zusammensteht und seinen eigenthüm-
lichen Efselt macht. Der Rasen thut da blitzwenig zur
Romantik, die für Gebäude des 16. uud 17. Jahrhunderts
im Nenaissancestil eine andere ist als für einen Wacht-
Thnrm des 13. Kein Mensch findet an der nördlichen
Altane die Steinplatten nicht im Stil passend zur Rnine.

Doch ich wollte ja einen Vorschlag für die allmähliche
Restauration machen. Meiner Ansicht nach würden
Klugheit nnd Schönheitsgefühl gebieten anzufangen
beim Brückenhäuschen. Den langweiligen Fackwerk-
stock herunter von seinem Unterbau! Mit ein paar Tan-
send Gulden diesen Eingang im Stil restaurirt! Das
ganze Gefühl deS Beschauers wird verLndert werdcn,
wenn er beim ersten Eintritt nicht die dürftige Wohnungs-
Alltäglichkeit zu durchwandeln braucht und stilvoll em-
pfangen wird. Wäre keine Fachwerkwohnung da, so wäre
es auch gut; so wäre es eine echte Ruine; jetzt aber steht die-
ser Lappen gar zu häßlich zum Kleid, darauf er sitzt. Er ist
geschmackloser nicht denkbar für einen Bau, welcher die
reisende Welt zu sich lockt.

Bon hier aus schreite mau mit völliger Restauration
links im Hofe vor. Jch bin überzeugt, daß ausgestellte
Büchsen am Schloß ein gutes Resultat geben würden,
besser nock feste Kreuzersammlungen in der Pfalz,
falls man einmal durch cine schöne Restauration die
Liebe zum Werk gesteigert hätte und zeigen würde, daß
man Tüchtiges beschaffen will. Für das ganz Ruinen-
hafte dürfte ohne große Nücksicht auf den früheren Zu-
stand ein großer Mcister planen; an die fchöuen Bau-
thcile müßte Keiner die Hand weiter als zur vollständigsten
Erhaltung anlegen dürfen; Theile wie der gesprengte
Thurm u. A. dürften natllrlick nicht restaurirt werden,
weil da der historische und romantische Werth als Ruine
weitaus den jeder Nestauration überwiegt. Von diesem
Prinzip aus sind wir auch gegen eine vollständige Er-
neuerung des ganzen Baues nach allen seinen Theilen;
ein großer Künstler würde selbst die Ruinen, welche als
solche bleibcn, einzustimmen wissen, oder er wäre kein
großer 'Künstler. Jm innern Schloßhofe aber, um das
zu betonen, ist nichts, was nicht restaurirt werden könnte,
abgesehen vom Otto-Heinrichs- und Friedrichs-Bau, wie
sich von selbst versteht, sogar nach nenen stilgemäßen Ent-
würfen. Und wirklich künstlerisch entworfen und ansge-
führt, würde selbst beim vollständigen Ansbau anch der
größte Romantiker sich uoch zufrieden geben.

Lassen Sie mich noch kurz hinzufügen, daß der neue
Ausbau der gothischen Petrikirche — künstlerisch vortrcfs-

lich und beispiellos billig in der Ausführung — schon ge-
wirkt hat. Auch dabei wurden anfangs viele gegnerische
Stimmen lant, als man Hand an das alte häßliche, ge-
brochene Dach legte, das über den gothischen Mauerbau
gestiilpt worden war. Die Petrikirche wird jetzt auch in-
wendig restaurirt. Es hat diese künstlerische That der
evangelischen Gemeinde die Katholiken angeeifert; jetzt
wird auch der Thurm der Michaeliskirche, gleich jenem
der Petrikirche bisher in Dachhöhe nnvollendet, ausge-
fllhrt. Sonst ist noch aus architektonischem Gebiete zu
erwähnen, daß Herr Architekt Bluntschli hier den An-
fang gemacht hat, Sgraffito zur architektonischen Deko-
ration zn verwenden.

Stockholm, im Deceml'kr.

O. Am 30. November, dem 150. Todestage des
schwedischen Soldatenkönigs, wurde die ucue Statue
Karls XII. von Molin nnter großen Feierlichkeiten ent-
hüllt. Die Statue stellt den Kvnig in leichter Bewegung
vor, indem er mit dem gehobenen linken Arme und der
Hand ein „Vorwärts" ausspricht und in der Nechten das
Schwert hält. Die Aufgabe war eine schwierige, da
der Künstler auf alles drapirende Beiwerk verzichten
mnßte und die schwedische llniform vom Anfange des
18. Jahrhunderts so wenig wie irgend eine llniform dank-
bare plastische Motive darbot. Jedoch ist es dem Künstler,
der dem deutschenPublikum durch seineherrlichen „nordi-
schen Gladiatoren" („Bältespännare") bekannt ist, ge-
lungen, ein plastisches Werk von großem und wahrem Esfekt
hervorzubringen. Die neue Statue ist in Stockholm in
der königl. Münze unter Leitung des Herrn Herold aus
Nürnberg gegossen worden. Ein eigenthümlicher Zufall
wollte, daß sich auf den vier Mörsern, welche die Statue
umgeben, der Name Herold wiederfand, indem diese,
welche Karl selbst auf seinen Zügen erobert hat, wirklich
von dem llrgroßvater des jetzt lebenden Gießers gegossen
sind.

Die neue Statne steht auf dem Platze Karls XIII.,
welcher jetzt, seitdem auch Karl XII. seinen Standort hier
gefunden hat, den alten Namcn „Königsgarten" wieder
erhalten wird. Der König hat Molin zum Kommandeur
des Wasaordens und Herold zum Nitter desselben Ordens
ernannt. Nachdem die eigentliche Enthüllungsfeier beendigt
war, kamen ani Abend 800 Studenten von Upsala mit
dem Bahnzuge und brachten dem Bronzekönig einen im-
posanten Fackelzug. Gleich nach der Erhüllnng defilirten
die in Stockholm stationirten Trnppen.

Wahrscheinlich werden später anf demselben Platze,
der eine bedeutende Ausdehnung hat und jetzt bepflanzt
wird, auch die Fontäne von Molin (Aegir und seine
TLchter besuchen den Stromgott — cine Anspielnng anf
Stockholms Lage zwischen Binnensee nnd Meer) sowie
 
Annotationen