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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Clauß, C.: Der Verkauf der v. Quandt'schen Gemälde-Sammlung in Dresden
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0052

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51

werthes der Ruine zu pflegeu." Die großherzogliche Ver-
waltung ist in anerkennenswerther Weise dem Verein ent-
gegengekommen und statt, wie wohl anderswo, sich die Ein-
mischung zu verbitten und auf die freiwillige, darum aber
auch so leicht nebenwillige Hülfe bei der „richtigen Be-
handlung" scheel zu sehen, hat die einschlägige Behörde
die Ansichten von Ausschußmitgliedern zu Rarhe gezogen
und versprochen, dieWünschedesVereins zuberücksichtigen.

Die Hauptaufgabe dcs Vereins wird natürlich Geld-
aufbringen, Diskutiren und Ueberwachen sein; es versteht
sich, daß bei einer so ungemein schwierigen kiinstlerischen
Aufgabe, wie sie das Heidelberger Schloß bietet, die ein-
heitliche Leitung von Seiten eines bedeutenden, wissen-
' schaftlich gebildeten Künstlers das Wichtigste bleibt. Uebri-
gens muß man der bisherigen Verwaltung das Zeugniß
geben, daß, „unterstützt von den uns zu Gebotestehenden
wissenschaftlichen und technischen Kräften, bisher nichts
vou uns versäumt worden ist."

Jnteressant ist, soll jedoch diesmal nicht weiter erör-
tert werden, wie sich sogleich im Jnnern des Vereins eine
zur Lebenslust und Regsamkeit nöthige und in der Natur
der Sache liegende Art von Parteiung hinsichtlich der
Behandlung der Ruine ergeben hat. Man könnte sie
kurz nach Baum- und Bausreunden unterscheiden; indem
i die Einen mehr vom Malerisch-Romantisckien ausgehen
nnd das Romantische hauptsächlich in der üppigen Vege-
tation sehen, die Andern das Architektonisch-Schöne und
Wirksame dort, wo wirkliche Kunst und nicht bloßes
Maurerhandwerk vorliegt, als Hauptsache hinstellen, der
anch nöthigenfalls ein Baum und Schlingpflanzenbehang
sich fügen muß. Es versteht sich, daß es gut ist, wenn
die konservirende Partei scharf aufmerkt und sich tüchtig
sür ihre Principien wehrt. Ein Baum ist leicht gefällt,
aber schwer zu ersetzen, nnd was steht, läßt sich beurtheilen,
aber um sich die Ansicht zu vergegeuwärtigen, die etwa
nach dem Fällen cines Baumes oder einer Baumgruppe
sich zeigt, dazu gehört eine große malerische Kraft der
Phantasie. Architekt, Architekturmaler, Landschaftsmaler,
Vorzeitspfleger, Schwärmer und Liebhaber aller Art
werden noch genug Lanzen gegen einander einzulegen
haben, wenn erst die Bahn sreigegeben ist.

Als Princip muß wohl im Ganzen festgehalteu werden:
Vegetation — abgesehen, wo sie von absolut zerstörender
schädlicher Einwirkung auf wichtige Bautheile ist, — wo
nur gewöhnliches Handwerk in der Ruine vorliegt, so viel
wie möglich gepflegt. Dort wo Kunsthandwerk oder Kunst
sich zeigt, ist sie bis auf den schönen allgemeinen und
Farbenkontrast von Stein und grünem Laub kurz zu
halten. Nie darf sie hier derart überdecken oder verstecken,
daß man nicht mehr weiß, ob man etwa nur einen Busch
oder einen überwachsenen Schutthügel oder eine rohe
Mauer vor sich hat. Hier, wie überall in der Kunst,
muß die ordnende Hand eingrcifen. Ein gutes Beispiel

kleiner Art zeigte sich an dem Brunnen im Schloßhof, der
so überwachsen war, daß Niemand erkennen konnte, daß
unter dem wuchernden Gestrüpp eine Fontainen-Ruine
sich barg. Ein mich begleitender, berühmter Landschafts-
maler, der zum ersten Mal den Schloßhof sah, fragte
ganz erstaunt, wo der schöne und so malerische Brunnen
geblieben wäre, den er aus Abbildungen kannte, und war
förmlich entrüstet, als er denselben hinter dem wirren Ge-
rank entdeckte. Ein Paar Sckmh breit Gezweige mit der
Scheere herausgeschnitten zeigen jetzt den Brunnen, ohne
Schaden für die Romantik des Wucherns der Vegetation,
oder richtiger: jetzt erst in der Romantik, denn nicht der
grüne Wirrwarr war romantisch, sondern die Architektur
mit dem Grün; erst der Kontrast giebt sie. Eine ähnliche
Frage könnte in ein paar Jahren das Stück vom gespreng-
ten Thurm geben. Die Hauptsache ist, dessen kolossale
Größc zu zeigen und darin die Wuth nnd Größe der Bar-
barei rc. Nun aber — Bäume, welche mit ihrem Wipfel
auf den Hauptaussichtsplätzen die Ansicht beschränkten und
zum Theil im Sommer versteckten, sind entfernt*) — ist
dieses kolossale Getrümmer von der Seite einer Haupt-
ansicht überwachsen; zum Theil mit kleinen Stämmchen
bestanden, was ihm in der Seitenansicht ällerdings nicht
schadet. Müßte aber nicht, nach dem Princip des möglichst
Charakteristischen, dieser Trümmerblock, der nicht allein
nach dem Malerischen sondern hauptsächlich als geschicht-
liche Erinnerung zu behandeln ist, von dem Ueberwuchern
frei gehalten werden? Jch muß bekennen, daß ich für
diese Ansicht wäre und den nackten Block charakteristischer
fände, als wenn er noch so schöne Bäumchen auf seiner
Spitze und seinem Rücken tragen würde.

Sehen wir von einer allgemeinen, mit großen Mitteln
verhältnißmäßig schnell durchgeführten Restanration ab,
wie sie Wolfgang Müller im Sinn hat und bleiben wir
bei dem bisherigen Modus, so möchte ich dafür einen oder
den andern Vorschlag machen. Zuvor will ich erwäh-
nen, daß bei einer Diskussion über eine Verbesserung der
jetzt bekanntlich abscheulichen Pflasterung des Hofes sich
eifrige Stimmen dafiir erhoben, daß man bei einer Neu-
pflasterung den zur Nuine stimmenden Charakter wahre,
d. h. das Neue so gut wie möglich daran verstecke; eine
, neue Plattenbelegung werde nicht stimmen, man solle den
entstandenen Rasen schonen. Vortrefflich würde die völ-
lige Plattenbelegung zu dcn Renaissancebauten deS unteren
Hofes stimmen; wenn sie hergestellt würde, gerade wie sie
gewesen, desto besser; die Neuheit und erste Grellheit der
Farbe könnte man mit einer Feuerspritze und ein Paar
Tonnen Farbenwasser bald dämpfen, wie man diesin Paris

H Diese Maßregel der Behörde wurde ebcnfalls ange-
^ griffen. Auch hier kann ich das Urtheil jenes Landschasts-
! malers, der sich gewiß anf Bäume und auf schöne Beduteu
! verstand, für die Maßregel anführen.
 
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