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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Die Eröffnung des neuen Museums in Weimar
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0180

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179

Verzierung der Wäude ladet zum Genuß der „Odyssee"
ein, die Fr. Preller's kunstreiche Hand hier in Farben
nachgedichtet. Zur Vervollständigung des aus den Kar-
tons bekannten Kompositionscyklus sind noch Sockelbilder
hinzugetreten, welche die Ereignisse auf Jthaka während
der Abwesenheit und nach der Rückkehr der Helden
schildern und nach Art griechischer Vasenbilder roth auf
schwarzen Grund gemalt sind.

Von der Prellergalerie ging der Zug zum westlichen
Oberlichtsaal, in welchem, sowie in den anstoßenden
Kabinetten. die Sammlung alter Bilder aufgestellt ist,
welche neben manchen guten Originalwerken des 16. und
17. Jahrhunderts (I. de' Barbari, Cranach, Ruisdael,
W. v. d. Velde, besonders gut vertreten) mehrere vorzüg-
liche Kopien klassischer Bilder (u. A. das Spasimo von
Schlesinger's Hand) enthält und mit der Zeit hoffentlich
eine Bereicherung erfahren wird.

Den Schluß der Feierlichkeit bildete eine kurze An-
rede, welche der Großherzog an die auf seinen Wunsch
amTrcppenaufgang versammelteu, anBau, Ausschmückung
und Einrichtung des Museums betheiligten Personen
richtete, um ihnen in schlichten Worten seinen Dank für
das wohlgelungene Werk anszusprechen.

Nach der Feier empfing der Großherzog im Schlosse
eine Deputation der städtischen Behörde, welche ihren
Dank für die Vollendnng des Baues (der Großherzog
spendete außer Preller's Wandgemälden dazu über 70,000
Thlr. aus Privatmitteln) aussprach. Prof. Preller
wurde durch das Comthurkreuz, Architekt Zitek durch
das Ritterkreuz des Falken-Ordens, Architekt Stegmann
durch die goldne Verdienstmedaille ausgezeichnet, außer-
dem empfing Preller das Ehrenbürgerrecht der Stadt
Weimar.

Ueber das Gebäude, dessen stattliche Renaisfance-
Formen in Ouaderbau, schon vom Bahnhofe aus sicht-
bar, den Ankömmling zum Besuche einladen, sowie über
die darin aufbewahrten Kunstwerke giebt der als Fest-
gabe erschienene Katalog des Museums ausführliche Aus-
kunft. Anßer den bereits orwähnten Kunstwerken ent-
hält dasselbe .noch eine Kupferstich- und kunstgewerb-
liche Vorbildersammlung. Geöffnet ist cs während der
Sommermonate täglich, mit Ausnahme des Montags, und
zwar Sonntags, Feiertags und Mittwochs mit freiem
Eintritt.

Nordameriklmisches Kunstleben.

Boston, im Mai 186S.

Vor mir liegt ein ganzes Dutzend Auktionskataloge
und dennoch kann ich Jhnen fast nichts über Verkäufe
berichten, denn die meisten der Bilder wurden von den
Händlern wieder eiugekauft und blieben nach den Auktio-
neu ruhig an Ort und Stelle hängcn. !Von einem Neu-

Zorker Kunsthändler, der eine besonders wichtige Anktion
veranstaltet hatte und den ich brieflich um Mittheilung
der Preise der wirklich verkauften Bilder bat, erhielt ich
statt dieser die folgende Antwort, welche freilich manches
Wahre enthält: „Jch halte es für keine gute Politik, in
auswärtigen Zeitungen hiesige Preise für Kuustobjekte zu
berichten, da unser Papierdollar augenblicklich einen un-
sicheren Werth hat, den fremde Künstler nicht vollständig
begreifen. Jhre Jdeen über den Werth ihrer Werke hierorts
sind durch die Berichte über die Anzahl der Dollars, welche
während der Zeit der hohen Kurse dafür bezahlt wurden,
so gestiegen, daß ein fast gänzliches Aufhören der Jmpor-
tationen die Folge davon gewesen ist, denn ihre in Gold
zahlbaren Preise sind jetzt selten in Papier zu erreichen.
Wenn Sie daher Verkaufsberichte hinausschicken, ohne eine
ausreichende Erklärung der Papiergeldfrage beizufügeu —
und diese scheinen die Künstler nicht verstehen lernen zn
können — so verschlimmern Sie nur die jetzt schon be-
stehende nnglückliche Sachlage." Jch empfehle den Herren
Künstlern den Jnbalt des Vorstehenden zur Beherzigung.

Die Kunsthandlungen haben in letzter Zeit nicht sehr
viel gebracht. Am bedeutendsten war die 34. Specialaus-
stellung der Herren De Vries, Jbarra L Co., meistentheils
aus französischen Bildern bestehend. Jch hebe hervor ein
schönesGemäldevonBouguereau: „Arkadien" (Schäfer
und Schäferin mit ihrem Kinde spielend), das leider immer
noch zu dem geforderten Preise von 3500 Dollars —
keinen Käufer hat finden können; Toulmouche: „Der
Kuß der Mutter", zu 2000 Dollars ausgeboteu, später
auf Auktion zu 975 Dollars verkauft; eiu kolossales Blu-
menstück vou Gustav Doro: „Eine Gartenecke" (Gras
und Feldblumen, unter denen Schmetterlinge spielen) —
eine künstlerische Extravaganz, die nun schon seit Jahren
in Amerika betteln geht; ein kleines und feines Bildchen
von P. D. Edmond Castan: „Die Blinde" (eine alte
Bettlerin, ihre blinde Tochter führend); endlich das Bild
eines ungarischen Malers Madarasz: „Dobozy, eine
Episode aus dem Einfall der Türken in Ungarn im Jahre
1526", welches roh gemalt, wie es ist, hauptsächlich durch
das unheimliche Dämmerlicht, das über den gransigen
Vorfall hingegossen ist, eine merkwürdige Wirkung ausübt.
Rechts im Vordergrunde flieht der ungarische Held, seine
Frau, welche er eben erdolcht hat, um sie vor türkischer
Gefangenschaft zu retten, als Leichnam im Arm haltend;
von allen Seiten sprengen in der Ferne die türkischen
Reiter über die Pußta einher, die sich in weiter Aus-
dehnung vor dem Beschauer hinzieht. Das Ganze ist in
einem graubraunen unbestimmten Tone gehalten, dem sich
selbst das rothe Sammetkleid der Frau, das Blau der
Kleidung des Mannes unterordnen muß. Darüber lastet
ein schwerer Himmel, der aber am Horizont durchbrochen
und von einem grellgelben Streifen begrenzt ist, so daß
die Objekte der Ferne in hellen Streiflichtern erglänzen.
 
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