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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Die neuesten Ausgrabungen in Süd-Rußland
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Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0091

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stücke von Bronzegefäßen, eine Neihe kleiner Gefäße aus
Thon, die Kapsel zu einem Spiegel, rc. wären noch zn
nennen. Besonders merkwürdig aber ist eine bedentende
Anzahl von meist gut erhaltenen obscönen Terracotta-
Statnetten, die sich auf den Dionysos-Kultus beziehen.
Die kleinen Gestalten sind in ihrer Garstigkeit vortrefslich
gearbeitet: hier trägt ein untersetztes Männchen einen
Anderen, der ofseubar schwer betrunken ist, heim; der
Ausdruck der Gesichter ist höchst charakteristisch, die Hand-
lung lebhaft; dort steht Silen, den kleinen Bacchus, der
leider im Laufe der Jahrtausende den Kopf verloren hat,
auf dem linken Arme; in der rechten Hand hält er eine
Taube. Eine dritte Statuette stellt ein sitzendes, bekränztes
Kerlchen dar, das, wie es scheint, ein Tympanon in der
Hand hält. —

Außer diesem Hauptfunde sah ich Gegcnstände, die
neuerdings einem skytischen Grabe entnommen worden.
Es sind die goldenen und bronzenen Verzierungen des
Geschirres von sechs Pferden. Vor Allem nennenswerth
sind zwei mit Reliefdarstellungen versehene längliche
goldene Platten, die die Köpfe zweier der Pferde schmückten.
Dazu gehört ein ebenfalls goldencr Ohrschmuck: Platten,
welche der Form des Pferdeohres nachgebildet sind. Alles
griechische Arbeit. Auch das Bruchstück einer Verzie-
rung aus Holz, das sich ganz schwammig anfühlt, hat
die Jahrtausende überdauert.

E. D.

Der UmblNl des Zchiilkel'schen Mllseums in
Serlin.

kFortsctzung).

Da gegen die veränderte Ranmtheilung, den Kern-
punkt der ganzen Streitfrage, — dcnn gegen Oberlicht
in gewissen Theilen der Galerie ist noch Niemand anfge-
trcten, — neben dem Verlust an uutzbaren Wandslächen
dic gefährdete historische Anordnung der Galerie den
Haupteinwand abgiebt, für diesen Gesichtspunkt aber das
Verständniß in auffallendem Grade, selbst in Kreisen und
bei Personen, bei denen man es nicht vermuthen sollte,
verschlossen ist, so mag es gestattet sein, darauf an dieser
Stelle etwas näher einzugehen.

Es ist aus jeder Art von historischer Betrachtung
bekannt, daß, je größer derKreis der in's Auge zu fassenden
Erscheinungen bemessen wird, in demselben Grade die
Schwierigkeit lichtvoller Anordnung derselben wächst. Je
weniger Verschiedenartigkeit die Thatsachen trennt, nm
so besser gruppiren sie sich, um so einheitlicher stellt sich
ihre Gruppe mit charakteristischem Gepräge dar. Hat
man also, auf unseren Fall angewandt, beschränkte Bilder-
räume, die nur die Repräsentanten einer räunilich nnd
zeitlich eng begranzten Kunftrichtung aufuehmen, so läßt
sich von jeder ein abgerundetes, durch »ichts FremdartigeS

beeinträchtigtes Bild hcrstellen, was für die Gewinnung
eines objektiven Urtheils und eines koncentrirten Ein-
druckes von unschätzharem Werthe ist. Wird der Kreis
der gleichzeitig dargebotenen Kunstwerke erweitert, so nimmt
je mehr und mehr der Gesammteiudrnck das Verwirrende
der eiuander durchkreuzenden und unterstützenden Stre-
bungen in der Geschichte selber an, auS denen den leiten-
den Faden herauszufiuden und darzulegen Aufgabe der
historischen Betrachtung, in einer Gemäldegalerie der histo-
rischen Anordnung ist.

Will man sich hiervon eiuen recht deutlichen Begriff
machen, so vergegenwärtige man sich die äußersten Ex-
treme, eine Sammlung der Werke eines Künstlers, cincn
Raffaelsaal, ein Thorwaldsen-Musenm u. s. w., auf der
einen Seite, cine Altes und Neues umfassende, in einem
Ranm vertheilte Liebhabergalerie auf der anderen. Jene
wird den Künstler und scinc Knnst in individuell abge-
schlossener Gestaltnng vor unsereu Blicken gleichsam ent-
wickeln; in dieser wird das vsrmittelte historische Bcr-
ständniß für die anfgestapelten Kunstwerke gleich Null
sein, so werthvoll und gsnußreich auch die einzclnen Stücke
und ihre Betrachtung seiu mögen.

Wie große, wie viele Bilder umfassende Säle für eine
bcstimmte Sammlung zulässig oder wünschenswerth stnd,
um sie thunlichst dem ersten, nicht dem zwciten Beispiele
anzunähern, läßt stch nur mit Jiücksicht auf die Zusammen-
setznng jeder einzelnen Sammlung feststeUen. Die Berliner
hat anerkanntermaßen ihre Stärke in der gleichmäßigen
Verbreitung über alle möglichen Schulen und Meister.
Bei ihrcm an sich schon geringeu Gesammtnmfange hat sie
aber begreiflicherwcise vonjederKnnstrichtung nicht allzuviel
Bilder aufzuweisen; cs werden daher für sic kleinc Räumc
das Empfehlenswertheste sein, wcnn es sich darum handelt,
sie möglichst übersichtlich kunsthistorisch anznordnen.

Denn man darf keineswegs mit der Kommission glau-
bcn, daß „durch eine verständige Anordnung an den ein-
zelnen Wänden (größerer Näume, die einen noch vielartigcn
Stoff umfassen,) sich die gewünschte Sondcrung ungemcin
(!) leicht herstellen lasse". Dem steht nämlich zweicrlei im
Wege.

Erstlich tritt, je größer der Raum wird, nm so gebie-
terischer dieser selbst in den Vordergrund und heischt Be-
rücksichtigung. Es ist nicht im Entferntesten bloße Ncdens-
art, daß in großen („würdigen") Sälen die Gemälde znr
Dekoration werden. Eine dominirende Näumlichkeit ver-
langt unbedingtes Nespektiren der räumlichen Verhältnisse,
symmetrische Anordnung der einzelnen Wände, entspre-
chende Ausstattung der einander gegenüberliegenden, Berück-
sichtigung der Größe der Bilder u. s- w.—, Rücksichten, von
denen kleinere Räume, und zwar je kleiner um so mchr
entbinden. Die ganz unregelmäßige Anordnung der Bil-
der auf den Wänden der Berliner Kompartiments, die
kcinen audcrcn Grund und Zweck hat, als die historischen
 
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