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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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11

und Wasser bei schwerem Regenhimmel, links oben die
Ruine, vorn ein helles Licht. Der Baumschlag erinnert
an Bilder Andreas Achenbach's aus fruherer Zeit, und
stimmungsvoller kann kaum ein Ruhsdael'scher Himmel sein
als dies trübe Gewölk, welches träge über den Bäumen
hängt. — Wer so etwas nicht in sich fühlt, der kann's frei-
lich nicht erjagen. Denkt aber ein Solcher, der's zu fnhlen
glaubt, einem solchen Bilde gegenüber an das „Refüsirt",
so möchte er gern bis in die letzten Gründe dieser Maß-
regel dringen, und Jeder würde sicher der Jury sehr dank-
bar sein, wollte sie nachträglich in einem Kommentar die
Zurückgewiesenen über ihre Fehler aufklären. Unser Auge
entdeckt wirklich hier die Mücken nicht, die das Sieb des
höchsten Kunsturtheils nicht passiren laffen durfte; wohl
aber schaut ihm ungesucht dort in der Akademie noch man-
ches Kameel entgegen. — Doch zurück zu Sachse, wo uns
noch eine außerordentlich schön und groß komponirte „Land-
schaft" von Max Schmidt crfreute. Da istwirklich idealer
Schwuug; man denkt an keine bestimmte Gegend mehr,
nnd doch liegen diesen schönen Mittelgründe so naturwahr
vor uns; Ziegen und Menschen in südlicher Tracht ziehen
unter schönen Bäumen vorüber; aus dem Ganzen ruht
eine friedevolle Stimmung, die das strenge Gefüge der
Linien sanft durchbricht. Schade, daß der Mittelgrund
nach hinten zu allzu blau gehalten ist; an einigen Stellen
ist die Farbe offenbar nachträglich gedunkelt und in's
Grünliche geschossen.

Znm Schlusse noch wenige Worte über den neuge-
gründeten „Norddeutschen Kunstverein." Seinen
Statuten nach will er eine Mittelstellung einnehmen
zwischen dem „Vereine der Kunstfreunde für Prcnßen",
welcher nur werthvolle Kunstwerke ankaufte und als Ge-
winne in gcringer Anzahl unter die große Zahl der Locse
vertheilen mußte, und der größeren Menge solcher Ver-
eine, welche ihre Mitgliedcr oft, aber herzlich wenig ge-
winnen lassen. Der jährliche Beitrag der Mitglieder ist
auf 10 Thlr. Gold festgesetzt. Da der Verein ebenfalls
eine permanente Ansstellung zu veranstalteu gedenkt,
so wird das Publikum bald im Stande sein, sich übcr den
Fortgang des Unternehmens zu unterrichlen.

DreZden, im Okteber.

6. Am 27. September ist die dieSjährige Kunstaus-
stellung geschlosseu wordcn. UnsercAusstellungen haben
die Eigenthümlichkeit, daß sich ihre Physiognomien fort-
während änderu, Bilder kommen, während andere gehen,
und so sind denn, meinem früheren Bericht noch einige
bemerkenswerthe Wcrke nachzutragen, welche noch in den
letzten Tagen der Ausstellung eintrafen. Dahin gehört
eiurechtlebcndiges, geschickt gcmaltes Bild von E. Häber-
lin in Stuttgart, welches die Gcschichtc der Weiber von
Schorndorf behandelt. Ferner eiue Landschaft von C.
W. Müller, ein poetisch empfundenes, schön gestimmtes

Nachtstück aus der römischen Campagna, welches für die
hiesige Galerie angekauft worden ist. Ebenso ist noch ein
Portraitmedaillonvon Gustav Kietz hervorzuheben. Das-
selbe fesselte das Jnteresse der Ausstellungsbesucher nicht
nur durch seine gediegene Ausführung, sondern anch durch
die dargestellte Persönlichkeit. Es war dcr Charakterkopf
des verstorbenen Dichters Otto Ludwig, den Kietz mit
großer Liebe in frischester Portraittrene wiedergegeben
hat. Bei der Preisvertheilung der k. Akademie der bild.
Künste haben die Landschaftsmaler Paul Mohn und
Albert Venus mit Rücksicht auf die von ihnen ausge-
stellten Gemälde den großen Preis dcs Reisestipendiums
erhalten. Beide sind Schüler Ludwig Nichter's. Zur
Bewerbuug um das Reisestipendium für das nächste
Jahr sind, laut Bekanntmachung des akademischen Rathes,
die Kupferstecher an erster Stelle berufen. — Neben der
großen Ansstellung fand in den letzten Monaten, gelegent-
lich eines Bibel- und MissionSfestes, auch eine Aus-
stellung von Gegenständen kirchlicher Kunst hicr
statt. Dieselbe war vom Verein für kirchliche Kunst ver-
anstaltet. Mehr nur von eiucm improvisirten Charakter
und ohne gerade sehr umfangreich zu sein, bot die AuS-
stellung doch manches intercssante Werk älterer nnd nenerer
Zeit. Am besten war das Paramentenfach vertreten; eiue
tüchtige Kraft ist demselben neuerdings in Eugen Beck in
Herrnhut erwachsen, wie eine Neihe trefflicher Zeichnnngen
und nach seinen Entwürfen ausgeführter Stickereien be-
kuudete. Beck, ursprünglich Topfer, ist als Künstler An-
todidakt und zeigt, viclleicht infolgc dessen, eine frische
Ursprüuglichkeit und große Naivetät der Empfiudung und
Erfindung. Dabei mit einem ebenso feinen wie lebendigen
Stilgefühl begabt, leistet er Vorzügliches. Seine Zeich-
nungen werden in Wien, Berlin und allen Orten ver-
langt und das Paramentenfach scheint gegenwärtig auf
ihm vorwicgeud zu beruhen. Unter den architektonischen
Arbeiten zeichnete sich eiu Entwurf zu einer gothischen
Kirche vou Prof. Friedrich Schmidt in Wicn ans. -—
Unlängst hat auch die Terassentreppe einen Theil
ihres neuen plastischcn Schmuckes erhalten. Bekannt-
lich sind die „vier JahreSzeiten" in vier von Johannes
Schilling ausgeführten Gruppen dazu bestimmt. Der
„Abend" und die „Nacht" sollen die untern, der „Morgen"
und der „Tag" die obcrn Postamente der Treppe schmücken.
Die beideu erstgenannten, für dcn Fuß der Treppe be-
stimmten Gruppen sind gegenwärtig aufgestellt worden
und erweisen sich von allen Seiten sehr wirkungsvoll.
Lange Zeit hat hier kein Kunstwerk das große Publikum
so gepackt, wie diese Gruppen, welche in dcu ersten Tagen
von früh bis spät von allerhand Volk mulagert waren.
Atlgemein verständlich durch das allgemein Menschliche
der Motive, welche, iu lcbensfrischer Form edel durchge-
führt, das Erkaltcnde der Allegorie nicht aufkommen
lassen, übten sie diese Wirkung auf leicht erklärliche Weisc.
 
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