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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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"Die französische Gesellschaft für Kupferstich"
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Verschiedenes / Inserate
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geschloffcn und auch die nationalen Momente sind dem
höheren Gesichtspunkte untergeordnet. Wenn es in den
Statuten auch nicht bemerkt ist, so zeigt doch die Praxis,
das; die Gesellschaftihr Augemerk vor AllemaufWiedergabe
klassischer Meisterwerke gerichtet und moderne, insbesondere
aber lebende Künstler vollständig von der Konknrrenz aus-
geschlossen hat. Diese Beschränkung ist von so tiefgreifen-
der Bedeutung, daß sie wohl eine ausdrückliche Formu-
lirung verdient hätte; theils um die Gesellschaft vor jedem
Mißbranch zu schützen für den Fall, daß einmal weniger
würdige Männer an ihrer Spitze ständen als gegenwärtig;
theils weil Zeitgenossen unmöglich ein ganz unbefangenes
Nrtheil iiber die Werke gleichzeitiger Künstler haben können.
Mit Bestimmtheit können wir nie voraussehen, wie viel
des Guten der wechselnde Geschmack und der freiere Ueber-
blick künftiger Zeiten an gepriesenen Kunstwerken der
Gegenwart übrig läßt. Müssen daher einmal Anstren-
gungen gemacht werden zur Beschäftigungdes Kupferstiches,
dessen Denkmäler ja unvergänglich siud, so gebietet schon
die Klngheit, sich an die ewigen Muster klassischer und
historisch bedeutender Epochen zu halten.

Die Betonung dieser praktischen Frage entspringt dem
naheliegenden Gedanken, daß es wohl an der Zeit wärc,
auch in Deutschland etwas zur Hebung, Erhaltung, Net-
tnng des Kupferstiches zu thun. Wir haben keine Chalco-
graphie des Louvre, keine Hauptstadt, die Kupferstechern
Aufträge ertheilt, — um so dringender ergeht die Auffor-
derung an das deutsche Volk, in die Bresche zu treten.
Hier haben nun die überrheinischen Nachbarn ein Beispiel
gegeben, dessen Nachahmuug uns mehr ehren wird, als die
ihrer Modetrachten und Kugelspritzen. Wenn es bei uns
zn Lande noch an Theilnahme für den Kupferstich, an
Verständniß für seine Bedeutung fehlen sollte, so kann
man dem niit Thatsachen besser zn Hilfe kommen als mit
Worten. Durch die lange Versänmniß sind allerdings der
gntcn Kräfte immer weniger geworden. Diese Noth aber,
weit entfernt abzuschrecken, muß vielmehr gerade ein Sporn
'sein, dieselben nicht ganz aussterben zu lassen. Mit dem
Jnteresse des Publiknms, mit der Werthhaltung ihrer
Arbeit werden auch die Kräfte wieder wachsen. Auf so
viele deutsche Knnstvereine, photographische und andere
industrielle Gesellschaften, mnß es doch wohl möglich sein,
Eine deutsche Gesellschaft für Knpferstechkunst, Einen
deutschen Kupferstichverein zu gründen und lebendig zu
erhalten.

Die Gründung einer solchen, ganz Dentschland und
Ocsterreich gemeinsamcn Gesellschaft ist gerade für die
Pflege des Kupferstiches lcichter durchführbar als für einen
anderen Kunstzweig. Dazu bedarf es keiner Centralisirung,
der Stich ist an keinen Raum gebunden, jedes Blatt hat
Flügel; dagegen sind die Galerien, Museen und Privat-
sammlungcn der verschiedensten deutschen Städte voll der
werthvollstcn Knnstschätze, die nur zum kleinsten Theil ^

würdig reproducirt sind. Da blühen die schönsten Auf-
gaben und Arbeit vollauf, deren stete Ueberwachung leicht
am anderen Orte durch Probedrucke besorgt werden können.
Keller in Düsseldorf, Mandel in Berlin, Thäter in
München, Schäfser in Frankfurt a. M., Jacoby in Wien
u. A. mögen sich zusammen thun, um die Grundzüge eines
solchen Vereines zu berathen. Bei Zugrundelegung des
trefslichen französischen Programmes kann leicht durch
abweichende Bestimmungen der Verschiedenheit unserer
Lage Rechnung getragen werden; so z. B. branchten wir
gar keine periodischen Versammlungen dcr Mitglieder und
ließe sich vieles im brieflichen Verkehre ordnen. Politische
Grenzen und Parteiungen aller Art können dem Unter-
nehmen unmöglich Eintrag thun, wenn es mit aller
Entschiedenheit die Nichtung auf den Kunstzweck einschlägt
und alle außerhalb des ästhetischen Gesichtskreises gelegenen
Motive vollständig verläugnet. Auf dieses erste Postulat
einer solchen Richtung müssen wir hier zum Schlusse noch-
nials znrückkommen. Es kann ja nicht oft genug wieder-
holt werden; denn die Kunst ist, so wie die wahre Wissen-
schaft, eine stolze Schöne; sie verlangt, daß man ihr un-
bedingt, ohne Nücksicht auf opportune Nebenzwecke huldige.
Sie heischt weder Almosen, noch will sie zum wohldra-
pirten Deckmantel persönlicher, politischer oder ökono-
nüscher Absichten dienen. Freilich lohnt sie ihren Getreuen,
die ihren absoluten Werth anerkcnnen, mittelbar auch in
jenen Beziehungen; wer aber auf dem Felde der Kunst
nur säet, um auf ihr fremden Gebieten zu ernten, dem
reift keine Frucht, ihm kehren die Musen den Rücken.

Korrespondenz.

Düsseldorf, Sliifang Oktober.

L. Unscre Permanenten Kunstausstellungm boten
in den letzten Wochen ungleich weniger neue Werke als
in den vorangegangen. Doch befanden sich unter den
ausgestellten einige von höchstem Jnteresse, die, wenn auch
nicht neu, so doch der Mehrzahl der Beschauer hier noch
unbekannt waren. Wir meinen vor allen den großen
Karton aus Dante's Paradies von Peter von Cornelius
zu einem der Deckengemälde für die Villa Massimi.
Derselbe besindet sich hier im Besitz einer verwittweten
Frau Or. Wolter, die, wie wir hören, nicht abgeneigt ist, ihn
zu verkaufen. Wir hoffen daher, daß unsere städtische Ga-
lerie oder eine andere öffentliche Sammlung die Gelegen-
heit nicht vorübergehen lassen werde, ein Werk des uncr-
reichten Altmeisters deutscher Kunst zu erwerben, in wel-
chem dessen eminente Begabung auf's Herrlichste zu Tage
tritt. Großartigkeit und erhabene Einfachheit des Stils
wie der Linienführung, gcistvolle Auffassung und wahrhaft
künstlerische Durchbildung bis zu dein scheinbar Nebensäch-
lichen lassen bei längerer Betrachtung immer neue Vor-
züge erkcnncu. Die Komposition zerfällt in zwei Gruppen.
 
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