Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

DOI Artikel:
Ein Akt des Vandalismus
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0042

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
41

Kanzleiluft »m die alten Heldengestalten, die in verdnn-
kelten Farben verwittert auf die schreiblustigen Beamien
hinabschauen. Jch kann mich der Meinung nicht entschlagen,
daß dies unglückliche Vorkommniß in der geringen Beach-
tuug, die den Gemälden von den in den betreffenden
RLumen verkehrenden Personen geschenkt worden sein
mag, seinen Hauptgrund haben dürfte.

Hoffen wir, daß der Rhein. Westfälische Kunstverein
für die in seinem Auftrage in der Aussührung begrifsene
Ausschmückung des Landgerichtssaales in Elberfeld, in der
heutigen Generation ein würdigenderes und theilnehmen-
deres Publikum finden werde; mögen die Knnstvereine
insgesammt aber vor Ausführung derartiger größerer
Bildwerke sich des künstlerischen Verständnisses und der
daraus folgenden sorgsamen Pflege derselben bis zu einem
gewissen Grade versichert wissen.

Korrespondenzen.

München, Endc Novembcr.

8—-t. Sehr inannigfaltig sind die Erzeugnisse der
MünchenerKunst, die aufden letzten Vereinsausstellungen
zu sehen waren. Ein Werk vor allen hatte einen Zulauf,
wenigstens des männlichen Publikums, wie wir ihn in
jenen Ränmen noch nie gesehen hatten. Es war H. Ma-
kart's florentinisches Bordell, wozu er den Stoff aus
Boccacio entnommen; es zeigte dem Beschauer in drei
Abtheilungen (Eintritt, Orgie und die Folgen), wie eine
Schaar Männer vor dem Tode durch die Pest sich noch
eininal gütlich thun will. Natürlich gingen die Ansichten
über den Kunstwerth weit auseinander, da der Eine mehr
die Malerei, der Andere die Form, der Dritte die sittliche
Tendenz ins Auge faßte. Auf der einen Seite möchten wir
nicht so sehr die malcrischen Vorzüge des Bilves erheben
und auf der andern nicht so sehr den Jnhalt verunglimpfen,
denn wir finden das Kunstwerk als solches nicht so bedeu-
tend, aber auch das Gegenständliche an und für sich nicht
so tadelnswerth. Haben ja auch die Alten dergleichen
gemalt, aber freilich mit einem Stil, der uns den Jnhalt
übersehen ließ. Der erfindungsreiche Künstler wird sicher-
lich sich bemühen, eine bessere Formenkenntniß sich an-
zueignen, als er sie bis jetzt hat. Es wäre das Gegen-
theil in seinem Jnteresse sehr zu beklagen. Auch eine
Soldatenscene von E. Adain wurde gerühmt; wir haben
dieselbe leidernichtgesehen. A.Bolanachi's brennendes
Schiff, woraus sich die Mannschaft auf Booten zu retten
sucht, war eine unerfreuliche Leistung; vor dem Jrrwege,
auf Kosten der Form und Farbe einen oberflächlichen
Schein hervorzurusen, dem so viele jüngere Taleute ver-
fallen sind, möchten wir dringend warnen. Denn wohin
soll es mit der bildenden Kunst kommen, wenn man gerade
ihr Prinzip, die Anschaulichkeit, mißachtet? Auch der
talentvolle Porträtmaler W.Leibl, dessen erste Leistungen

zu nicht gewöhnlichen Erwartungen berechtigten, bewies
mit dem Kopfe einer alten Frau keinen Fortschritt, doch
ziehen wir seine Malerei immer noch den etwas fahlen
Bildnissen K. Haider's vor. H. Schneider's Rococo-
herr, welcher vor dem Besuche (vielleicht in Herzensange-
legenheiteu, worauf der am Boden liegende Strauß deuten
könnte) den Staub von seinen Hosen klopft, war recht
ansprechend in Zeichnung und Farbe. Zu den Genre-
bilderu müssen wir auch Andreas Müller's sogenannte
Susanna rechnen, in Wirklichkeit ein die Schönheit ihres
Leibes auf ekelhafte Weise entblößendes Frauenzimmer.
Prosaischere Titel führten B. Adam's Esel im Stalle
und zwei Hirschjagden; wir ziehen sie aber nichts desto
weniger einer solchen Susanna vor. Auch die drei Füchse
von W. Wex verdienen Anerkennung. Von den Land-
schaften schien uns dic beste das Winterbild H. Höfer's,
der Chiemsee,'gut in der Anordnung, fleißig in der Zeich-
nung, lobenswerth in der Perspektive. Diese Vorzüge
wurden uns ganz besonders klar, als wir das Bild mit
der WinterlandschaftA. Stademann's verglichen. Hol-
ländische Marine bei stillem Wasier von Wagner-
Deiues gehörte gleichfalls zu den besten, wenn auch die
Behandlung etwas kräftiger und die Lichtwirkung weniger
zerfähren hätte sein können. L. Meixner hat in seiner
Mondscheinlandschaft einen Fortschritt gegen srüher ge-
macht, während Stange's Palast im Mondschein noch
ganz in des Künstlers alter Manier gemalt war. Außer-
dem haben wir noch I. G. Steffan's anerkennenswerthes
Rhonethal, Friedrich Mayer's FaltschauerFall inSüd-
tirol, A. Steinach's Winterlandschaft in denAlpen und
Leonh. Fanstner's Herbstlandschaft zu erwähnen. Auch
mehrere lobenswerthe Architekturstücke hatten sich einge-
funden, so Gärtner's Klosterküche, S. Quaglio's
Partie aus der Lorenzkirche zu Nürnberg und F. Jodl's
Grabkapelle Max' II. in der Theatinerkirche zu München,
die letztern beiden Aquarelle. Drei Kupferstiche, sämmt-
lich in Linienmanier, waren als Vereinsgeschenk vorge-
schlagen, den ersten hatte Fr. Ziinmermann nach Th.
Schütz' Abschied aus dem Elternhanse, den zweiten
A. Volkert nach Michelangelo's Christus am Kreuz,
dendritten Hr. Preisel nach K. v. Euhuber's versäum-
ter Essenszeit gefertigt. Die ersteren waren recht fleißige
Arbeiten, doch gefiel uns der letzte wegen seiner freieren
Wirkung besser. Auch die Plastik war vertreten. Wir
bemerken verschiedene kleine Genrefiguren von A. v. Wahl,
das Marmorrelief eines Kopfes von Fr. Brugger, der
junge Bacchus in Gips von Fr. Kirchmayer, der ele-
mcntare und der technische Unterricht vou Wagmüller,
welche letztere Figuren zu sehen wir leider verhindert waren,
die eherne Büste des Historikers Häusser von K. Knoll
und die in Holz geschnitzte Weinprobe von Martin Hey-
mann, die nicht ohne Vorzüge war, aber kraß in's Ma-
lerische fiel. Die Architektur war wenigstens durch den
 
Annotationen