Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

DOI Artikel:
Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [1]
DOI Artikel:
Semper, H.: Moderne Skulpturwerke und Restaurationsarbeiten in Siena, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0084

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
83

den cis-und transalpinischen Schulen.bis zum Ende
des 15. Jahrhunders, wie solche fast ausschließlich den
jetzigen Jnhalt der zur Umwandlung bestimmteu Kabi-
uete in der Berliner Gemäldegalerie ausmachen, also in
diesen Sälen verbleibend unter keiner Bediugung vou
dem Danaergeschenk der Kommission, der Ramnerwei-
terung, Gebrauch machen könnten.

An die Möglichkeit aber, die ganze Anordnung der
Sammlung aufzulösen und auf den Kops zu stellen, statt
der Feinheit, italienische und nordische Schulen sich in
den Ausgangspunkten ihrer Entwickelung berühren zu
lassen, wo sie einander am Nächsten standen, etwa mit
den Werken der Hochrenaissance, der Nachblüthe und der
Verfallzeit die neuen „würdigen" Räume zu dekoriren
und die alten Scharteken in die konservirten kleinen
stöcher zu verwcisen, (man verzeihe uns die solchcm
Standpunkte etwa entsprechende Ausdrucksweise) — daran
scheinen selbst die Sachverständigen nicht zu denkcn, denn

die Kommission hält es für angemessen und erforder-
lich, sich gegeu den „Einwurf" zu verwahren, als ob durch
die vorgeschlageneRaumtheilung „derHauptvorzugunserer
Bildergalerie, die lehrreiche und übersichtliche Sondcrung
der einzelnen Schulen nnd damit ihr historischer Nntzcn
(?!) verloren gehe";

und zwar mit dem triftigen und durchschlagenden Argu-
ment:

„Kein einziges Mitglied der Kommifsion vermag
diese Ansicht zu theilen!"

Schade für sie! Wenn man aber so obenhin
urtheilen und mit solchem souveränen Selbstbewußtsein
dasVollgewicht der persönlichen Ansicht wic ein Brennus- !
schwert in die Wagschale der lampfcnde» Meinungen
werfen sieht, so kann man freilich nicht umhin, einmal
gegen bcsseren Brauch nicht Sache gegeu Sache, sondern
Person gegen Person zu stellen.

DieKommission zur innerenEinrichtung desMuseums,
über deren Werk cs jetzt hergeht, bestand aus Schinkel,
Rauch, Friedrich Tieck, Dachling, Wach, Schle-
singer, Waagen uud Wilhelm von Humboldt.

Nun wohlan! Dasjenige Mitglied der hcurigen
Kommissiou trete vor, das Mann gegen Mann durch
bewährte und erprobte Eiusicht und die Legitimation eben-
bürtiger schöpferischer Leistungen sich jenen Namen zu
vergleichen berechtigt zu sein glaubt!

Nicht die vage Behauptung, daß die zu schasseuden
Säle von immer noch sehr mäßiger Größe „kaum mehrere
Schulen aufzunehmen vermögcn" werden, scheint dcr
wahre Grund für die „Ansicht" dcr Kommission zu sein,
sondern, wie bald ziemlich dcutlich crhellt, die geringe
Mühe, die man stch gegeben hat, sich den Wcrth der hier
versuchten historischen Anordnung klar zu machen. Jener
Behanptung selbst aber steht mit viel größcrer Bcrech-

tigung die andere gegenüber, daß selbst so noch kanm das
Historische ganz konscquent und verständlich zu scinem
Rechte komme. —

<Fol'tsch»ng fvlgt.)

Bruno Mcyer.

Moderne Zknlpturwcrke und Uestaurations-
arbeiten in Siena.

Im Spätherbst 1868.

(Schlust.)

Da oben von Beccheroni die Nede war, so sei er-
wähnt, daß von ihm im Jahre 1846zwei Reliefs dcr Geo-
metrie und Arithmetik an der Marmorbrüstung der Cappella
di Piazza in Siena (neben dem Palazzo pnbblico) neu-
hergestellt wurden, und zwar so, daß fast jede Spur der
gothischeu Originale moderner Behandlungsweise weichen
mußte.

Ebensowenig wie diese uudQuercia's Skulpturen von
der Restaurationswuth verschont geblieben sind, ebenso-
wenig ist es der Fall mit den berühmten Marmorplatten,
mit welchen von 1369 an bis 1547 iu unnnterbrochener
Reihenfolge der Fußboden des Domes belegt wnrde.
Hier sei eine kleine Erläutcrung über den Stil derselben
gestattet. Währeud Anfangs die Zeichnungen nach Art
des Niello in dic weiße Marmorplatte gemeißelt und dann
mit schwarzem Stuck auszefüllt wurden, ging man bald
zu eiuer Art Marmorintarsien über, indem man die Fi-
gnren von weißem, den Grnnd von schwarzem Marmor
bildete. Und wie die Jntarsienarbeit in Holz vom ein-
facheren Material verschiedener naturfarbener Holzarten
allmählich zurVerwendung von mannigfaltig künstlich ge-
färbtem Holze überging, so wurde auch zu den Boden-
platten des Domes allmählich verschiedenfarbiger dNarmor
verwandt, um jede feine Licht- und Schattennüance damit
ausdrücken zu könuen, während man sich zu eincr realisti-
schen Farbendarstellung nicht verstieg. Diese letzterc
Technik ist eine Art im Großen angewandter, dagegcn in
Material und Farben beschränkter, sogenanntcr floreuti-
nischer Mosaik, wie ja wiedcrum diese gleichsam iventisck
ist mit der entwickeltercn Holzintarsienarbeit. Der erste
Versuch in der eben geschilderten Technik geschah 1506
durch Paolo Manncci in der Geschichte der „Fortuna",
die Schätze und Geld von verschiedenfarbigem Marmvr
ansstrent. Ebenso sind Schmuck, Gürtel, Gcwandsäume:c.
von buntem Marmor', der Grund schwarz, die Fignren
in der Hauptsache weiß. Zur vollen Entfaltnng aber
brachte das neue Verfahren erst der Maler Domenico
Beccafumi, der anfangs Perugino, dann Michclangelo
zum Lorbild nahm und einer der größten Zeichner war,
die je existirten. An den Marmorplatten im Dom arbei-
tete er von 1517 bis 1547.

Durch die Fnßtritte der Frommen nahnien diese
dNarmorintarsien im Lanfe der Jahrhunderte bedentenden
 
Annotationen