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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Semper, H.: Moderne Skulpturwerke und Restaurationsarbeiten in Siena, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0058

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IV. Jahrgang.


Gertrüge

sind 6N vi'. C.v. Lritzow
(wien, Theresiannmg.
25)od.andieBerlngsh.
(Leipsig, Kö'nigsstr. 3)
zu richten.

15. Iamiar.

Nr. 7.

Insrmte

n 2 Sgr. für die drei
Mal gespaltene Petit-
zeile werden vonjeder
Vuch- und Kunfthand-
lung angenommen.

1369.

Beiblatt zur Zeitschrist sür üildende Knnst.

Vrrlsg von L. A. Leemsnn in TciNZiA.

Am 1. und 3. Frcitage jedes Monats crschemt eiire Nummer von in der Regel einem Quartdogen. Die Abonnenten der „Zeitschrift für biidende Kunst" er-
haiten diesBiatt xrntis. Apart Lezogen kostet dasselbelfhThir.ganzjähriich. Alle Buch- undKunsthandiungen wieallePostämternehmenBestellungcnan.

Jnhait: Modernc SIuiPturwerke und Restaurationsarbeiten in Siena.
— Korrespondenz (St. Petersburg). — Nekrologe (Max Lohde.
CharicS-Emiie Wattier, August Gcist). — Personainachrichten. —
Kouknrrenzen. — Kunstvereine, Sammiungen und Ausstellungen.
— Kunstunterricht. — Kuustiiteratur uud Kunsthandei. — Vermischte
Kunstnachrichten — Zeitschriften. — Jnseratc.

Moderne Sknlpturwerke nnd Nestnurations-
arbeiten in Siena.

Jm Spätherbst 1868.

Was sich von Siena's augenblicklicher Kunstthätigkeit
berichten läßt, bezieht sich hauptsächlich auf Skulptur unb
zumal Nestauration alter bildnerischer Werke. Wenn auch
diese Restaurationslust durch deu Aufwand, womit ihr
Genüge geschieht, den Beweis liefert, daß trotz aller
finanziellen Nöthe des Königreichs gar manches Mnnici-
pium noch eine volle Kasse aus den glänzenden Zeiten
seiner Blüthe herübergerettet hat: so schlummert andrer-
seits in dem Bedürfniß der Jtaliener, Kunstwerke neu
und nuverstümmelt genießen zu müssen, der Keim zu
einer gefährlichen Ausartung ihres natürlichen Schönheits-
gefühles, wodurch das letztere oft in Barbarei umschlägt.

Fontegaia und Dom, das sind die Namen, die den
Besucher Siena's zuerst an sich locken. Der Brunnen
Fontegaia liegt am nördlichen Sanm des weiten Platzes,
der, im Halbkrcis von palastartigen Bauten umgeben,
kesselförmig sich senkt und im Süden durch den pitoresken
Palazzo pnbblico mit dcm lanzenartig emporstrebenden
Thurm abgcschlossen wird. Die ganze Anlage scheint fast
auf den Fundamenten des Theaters der römischen Kolonie
Senae aufgeführt worden zu sein. Nicht allen Lesern ist
vielleicht die Entstehungsgeschichte der Fontegaia bekannt,
die hier dcshalb in Kürze folgen möge. Der Architekt
Agostino di Giovanni von Siena, der den schönen gothi-
schen Palazzo Sansedoni baute und auch am Palazzo pub-
blico beschäftigt war, stellte 1339 die Wasserleitung der
Fontegaia her und begann auch, znsammen mit Maestro
Agnolo den Brnnuen sclbst, doch volleiiiwte er ihn nicht,

nnd derselbe blieb, wahrscheinlich wegen der gleichzeitigen
politischen Unruhen in Siena bis zum 15. Jahrhundert lie-
gen, da Quercia seinen Ruhm zu verbreiten begann. Diesem
wnrde am 21. Januar 1409 für 2000 Goldgulden die
Arbeit überlragen. 1416 mußte er eine neue pracht-
vollere Zeichnung für den Brunnen machen - und bekam
deshalb auch 1419, als die Arbeit vollendet war, mehr
als man ursprünglich verabredet hatte, nämlich 2280
Goldgulden. Die Steinmetzenarbeit am Brunnen wurde
seinen Gehülfen Ansano di Matteo und Jacopo di Luca
übertragen, während Jacopo della Ouercia mit Francesco
die Valdambrina zusammen die Ornamente, ganz allein
die Figuren herstellte.

Leider steht die Fontegaia des Giacomo della Quercia
jetzt nicht mehr an ihrem Platze, sondern nachdem man sie
Jahrhunderte lang durch Regen und Brunnenwasser hat
verwittern lassen, ohne Ausbessernngen zu tresfen, entschloß
man sich in neuester Zeit dieselbe zu restauriren, d- h.
man rasirte sie und gab dem Künstler Tito Sarocchi
den Auftrag, sie möglichst getreu zu reproduciren. Selbst-
verständlich aber glaubt ein moderner Künstler bei solchen
Gelegenheiten, manche Dinge besser machen zu müssen,
als es die guten Alten wußten. Jmmerhin ist das Werk
keinem Pfuscher in die Hände gefallen und verfehlt auch in
seiner modernen Wiedergeburt den monumentalen Eindruck
nicht.

Die Anlage des Brunnens besteht in einem länglichen
Viereck von massiven marinornen Brüstungen, dessen Lang-
seiten dem Platze zugewandt sind. Der Neigung des letzte-
ren entsprechend, senken sich auch die Seitenmauern des
Brunnens nach vornehin ab, so daß die vordere Lang-
seite nur kniehoch ist und auch tiefer liegt als die hintere,
mannshohe. Jnnerhalb dieser Brüstungen geht noch un-
gefähr 1 Vs Meter tief unter das Erdnivcau das ebenfalls
mit Marmor bckleidete Wasserbecken. Der Siil des
 
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