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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Das deutsche Gewerbemuseum zu Berlin, [3]
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Ein Akt des Vandalismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0041

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Elementen bis zu der Bielgestaltigkeit der geometrischen
Ornamente verfolgte, dann das strnctursymbolische Or--
nament der griechischen Kunst und ihre späteren Umgestal-
tungen charakterisirte. An die gothische Kunstperiode schloß
sich die Erklärung der aus technischeu Motiven entstande-
nen Ornamente. Es wurden sodann die Hauptzweige
aller jetzt gebräuchlichen technischen Vorgänge historisch
verfolgt und die Einwirkung der Technik auf die Umge-
staltung eines nnd desselben Musters fortlaufend gezeigt.

Mit der Behandlung des orientalischen Ornaments
wnrde die Besprechung der Farbenlehre verbunden.

Jn diesem Quartal werden wieder vier Cyklen von
je acht Vorlesungen stattfinden nnd zwar

1) Prof. vr. Rosenthal, Electricität nnd ihre An-
wendnng auf Gewerbe (Telegraphie, Galvanoplastik, Ver-
goldung) mit Versnchen.

2) vr.Bischof, chemische Technologie (Fabrikation
der Thon-, Porzellan- und Glaswaaren) mit Versnchen.

3) vr. Lessing, die Entwickelnug des Ornaments
mit Benntzung der Sammlungen des Museums.

4) Director Langhoff, ChemiederHanswirthschafl.

Eine Gypsgießerei, welche Stndiemnaterial fiir

auswärtige undZweig-Schulen beschaffen soll, ist bereitsim
Gange. Die vorzügliche von Beuth geschaffene Samm-
lung architectonischer Ornamente in der Gewerbe-Akademie
bietet hierzu ein reiches Material, und wird binnen Kur-
zem ein Verzeichniß der Abgüsse versendet werden können.

Das Gewerbe-Museum darf sich bereits einer regen
Theilnahme des dabei interessirten Theils der Bevölke-
rung erfreuen. Natürlich ist es noch zu neu und zu wenig
mit besonderen Anziehnngsmitteln versehen, um einen
sehr zahlreichen Besuch aus den weiteren Kreisen des Pu-
blikums erwarten zu dürfen. Die Hauptaufgabe beruht
ja auch fürerst in der Heranbildung der Schüler, welche
das theoretisch Gegebene in das praktische Leben einzufüh-
ren haben, und gerade nach dieser Richtung hin hat das
Museum eine sehr gesunde Grnndlage. Die Klassen sind
zum Theil aus der Unterrichtsanstalt des großen Berliner
Handwerkervereins herübergenommen, welcher den ganzen
künstlerischen Unterricht seiner Mitglieder in dis Hände
des Museums gelegt hat. Dieser Verein, welcher 3000
Mitglieder zählt und alle Zweige des Berliner Handwer-
kerstandes umfaßt, stellt eine Vermittelung unseres Mu-
seums mit den arbeitenden Klassen her, wie sie wünschens-
werther nicht gedacht werden kann, und die jede Gefahr
der Jsolirung von dem neuen Jnstitute fern hält. Wie
die Arbeiter ihm mit Vertrauen entgegenkommen, so haben
die Künstler und Gelehrten mit voller Liebe sich des wich-
tigen Werkes angenommen. Es ist hier nicht der Ort die
aufopfernden Leistungen der Herren Gropius, Ewald,
Sußmann uud des gesammten Directoriums, welche sich
freiwillig der Arbeiten der ersten Aufstellung unterzogen,
eingehend zu erörtern, aber ihre Thätigkeit ist zu eng mit

dem Wcrdeu des Museums verknüpft, als daß ihre Namen
nicht hier genannt werden müßten.

Wir dürfen hosfen, daß diesclbe thatbereite Liebe zn
dem Unternehmen fortdauern wird und daß wir balv wie-
der an dieser Stelle von neuen Fortschritten desselbeu
werden berichten können.

Em Älrt des Van-alismus.

Barmen, im December.

N. Zu meinem Bedauern muß diese Korrespon-
denz, wohl die erste, welche Sie aus dem Wupperthale
erhalten, Jhnen statt von künstlerischen Anregungeu und
Bestrebungen von einer traurigen Thatsache berichten, die
gerade deshalb in die Oeffentlichkeit gebracht zu werden
verdient. Jm Jahr 1840 schrieb der Rheinisch-Westfä-
lische Kunstverein in Düsseldorf eine Konkurrenz aus für
Ausmalung des Elberfelder Rathhanssaales, welche er
im Verein mit der Stadt Elberfeld für die Summe von
9000 Thlr. unternommen hatte. Die Malfläche, 4 Fnß
hoch nnd 198 Fuß lang, zog sich fast unmittelbar unter
dcr Decke an den Wänden her. Gegenstand derselben
waren „historische und symbolische Darstellungen des öffent-
lichen Lebens der Deutschen von der frühesten Zeit an."
Die Preise gewanuen I. Fay (lebt in Düsseldvrf),
H. Plüddcmann, L. Clasen und C. Mücke. Für die treff-
liche Ausführung der Aufgabe bürgen die Namen der
Künstler, zeugen die kurzen Bemerkungen, die sich hier-
über in deren Lebensabrissen vorfinden*). Die Gemälde
wurden eine Zierde der Stadt, fanden in die Reisebücher
mit Recht ihre Aufnahme und wurden in Folge dessen
vielfach von Touristen besichtigt, bis in den funfziger Jah-
ren ein unerhörter Vandalismus sie zum großen Theilc ver-
nichtete. Die Frau dcs damaligen Schließers fuhr beim
Hausputze, durch geistige Getränke aufgeregt, mit dem in
Wasser getauchten Besen über die prächtigen Gemälde hin
und zerstörte in wenigen Augenblicken die Arbeit langer
Jahre. Noch sieht man die Bogen, welche dcr von einer
Furie bewegte Besen über die Bilder hin beschrieben hat.
Jn den nächsten Jahren wurde über die Rcstauration,
deren Umfang aus dem dafür erforderlichen Betrag
von 3000 Thlr. hervorgehen dürfte, berathen, bei dessen
Höhe jedoch einstweilen von einer solchen abgesehen. So
blieb die Sache ruhen, oder vielmehr die einmal stattge-
fundene Zerstörung nahm in Folge der Vernachlässigung
der Pflcge des Saales, aus dem die Sitzungen der Stadt-
verordneten bald verlegt wurden, nur noch zu, bis man
vor zwei Jahren die Gemälde aufgab und den geräumigen
Saal in einen Korridor mit vier anliegendcn Ränmen ver-
wandelte. So weht denn nun der Hauch bureaukratischer

») Vergl. Conversationslexikon für bild. Kunst, unter
Elberfeld. Bd. III. S. 39 l. U. d. R.
 
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