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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Die neuesten Ausgrabungen in Süd-Rußland
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IV. Jahrgailg.

Äriträge

sind an vr. C.V.Liiyow
(Wien, Theresianumg.
25)od.andieBerlngsl).
(LeiP)ig, Kö'nigsstr. 3)
zu richten.

3. Miir).

Nr. 10.

Iirsrrate

a 2 Sgr. für die drei
Mal gespallene Petit-
zeile werden vonjeder
Buch- und Kunsthand-
lung angenommen.

I8«g.

Bciblatt z»r Zeitschrist sür bildciide Kiuist.

Vrrlag von E. A. Lremsnn in Teipztg.

Am I. und 3. Freltage jedes Monats erschcint cme Nummer von in der Regel einem Quartbogen. Die Abonnenten der „Zeitschrift für bildende Knnst" er-
halten diesBlatt xrut.i«. Apart bezogen lostet dasselbel'/zThlr.ganzjährlich. Alle Bnch- undKunsthandlungen wieallePostämternehmenBestellungenan.

Jnhalt: Dic neuesten Ausgrabungen in Siid-Rustland. — Dcr Umbau I
deS Schinlel'schcn Museums in Berlin. Forts. — Korrespondenzen
tBiünchcn, Düsseldorf, Offenbach, Bremen). — Kunstliteratur uud
Kunsthandcl. — Kunstvereine, Sammlungen und Ausstellungcn. —
Zeitschriften. — Jnserate.

Die neuesten Äusgrabnngen in Süd-Rnliland.

St. Pctersburg, Ende Januar 138g.

Bekanntlich besitzt kein Museum der Welt eine so
reiche Auswahl vortrefslich erhaltener Erzeugnisse griechi-
scher Kleinplastik und Vasenmalerei aus der besten Zeit,
dem 4. und 3. Jahrhundert, wie die hiesige kaiserliche
Eremitage. Die ans den skythischen und griechischen
Grabhügeln im südlichen Rußland, in der Nähe der
alten griechischen Kolonien Panticapaeum (Kertsch), Theo-
dosia und Phanagoria an's Licht geförderten Kunstschätze
bilden in der That, sowohl in kultur- und knnstgeschicht-
licher als auch in rein ästhetischer Hinsicht, eine der herr-
lichsten Zierden unserer Sammlung. Hier kann man sich
so recht davon überzeugen, wie es keine Phrase ist, wenn
man dieGriechen ein durch und durch künstlerisch angelegtes,
vom reinsten Kunstgefühl durchdrungenes Volk nennt;
tragen doch die hier besindlichen, vor mehr als zwei Jahr-
tausenden denTodten mit in's Grab gegebenenGegcnstände
griechischer Knnst und griechischen Künsthandwerks: Stirn-
binden, Ohrgehänge, Halsketten, Armbänder, Ringe,
Vasen, Statnetten, u. s. w. meist das Gepräge höchster
Kunstblüthe.

Von großer Bedeutnng für die Kunstwissenschaft ist es,
daß die Ausgrabungen in Süd-Rußland unter streng
wissenschaftlicher Leitung durchaus systematisch betrieben
werden und daß für die baldmöglichste wissenschaftliche
Verwerthung derselben in gehöriger Weise Sorge getragen
wird. Jch erinnere nur an das im Jahre 1854 erschienene,
mit vortrefflichen Abbildungen ausgestattete Prachtwerk:
„/Inticjnites ctn Lospiiore dinunoricn, oonssrvöes nn

Unsso Imp6rint äs t'btrmitnAS, onvrn^s pnblis pnr
orärs äs 8n Llasostä I'btwpsrsnr" und die seit 1859 er-
scheinenden (tomptss rsnäns äs In OoMmission Im-
xsrints LrstisoloAicjns, in denen der berühmte Archäologe
Stephani seiue geistvollen Forschungen verössentlicht.

Die Ouelle, welcher die herrlichen Schätze entströmen,
ist noch keineswegs verstegt. Vor einigen Tagen hatte ich
Gelegenheit, die neuesten, dem Publikum noch nicht zu-
gänglichen und noch nicht veröffentlichten Funde in Augen-
schein zu nehmen. Der Hanptfnnd besteht aus Gegen-
ständen, welche im Sommer des verflossenen Jahres aus
einem Grabhügel auf der Halbinsel Taman zu Tage ge-
fördert wurden. Früher schon sind in demselben Hügel,
welcher an Ort und Stelle bolsoliLfa blisniiiL (der große
Zwilling) genannt wird, drei andere Grabgewölbe ge-
öffnet nnd ausgebeutet worden. Das neuentdeckte Grab
war das einer Frau, was durch die in demselben gefundenen
goldenen Schmuckgegenstände hinlänglich bewiesen ist.
Unter den letzteren ist von hervorragender Bedeutung ein
kragenförmiger Halsschmuck. Auf demselben ist in voll-
endeter Weise eine Herde dargestellt; es kann wohl gar
kein Zweifel darüber bestehen, daß diese Arbeit aus der
besten Zeit der griechischen Knnst staimnt. Außer diesem
sind noch zwei andere sehr geschmackvolle Colliers zn er-
wähnen. Acht einander vollkommen gleich sehende goldene
Greifenköpfe in Rundwerk sind nicht minder schön gear-
beitet als die Thiere auf jenem Collier. Ein reicher
goldener Kopfschmuck bildet in feiner Weise Haarlöckchen
nach. Von vortrefflicher Arbeit sind mehrere kleine
ebenfalls goldene Figuren, Satyrn und Mänaden in
den aufgeregtesten Stellungen. Ferner erwähne ich
eines Ohrgehänges, eines spiralförmigen Armbandes,
zweier eben solcher Ringe, zweier Ringe mit Steinen, von
denen der eine ofsenbar aus Persien stammt, so wie einer
Menge goldener Knöpfchen und Plättchen. Auch Bruch-
 
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