Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

DOI Artikel:
Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0083

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
82

daraus zu entfernen nnd es durch Wegnahme der Glas-
Wand und -Thür mit dem gleich breiten, ebenfalls schon
als Durchgang eingerichteten (und dafür nnr mit allzu-
werthvolleu Skulpturen. wie dem betenden Knaben, der
Bronzesigur von ibanten u. s. w., ausgestatteten) Ueber-
gange zu vereinigen. Gott bewahre!

Die Kommission findet, daß „seine räumliche Er-
weiterung zu einer Nothwendigkeit (!) wird", und es des-
halb mit je eincm rechts und links anstoßenden Komparti-
mente zu einem einzigen Oberlichtraum (natürlich mit Ge-
mälden) zusammenzufügen ist.

Also ein Saal einerGemäldegalerie, dessen Dimensio-
uen den aus der Rotunde Eintretenden nach rechts und links
in die folgenden Bilderräume weisen, scheint der Kom-
mission der „ästhetischen Bestimmung als vorbereitendei
Naum für den Eintritt in ein neues bedeutendes Gebäude",
das in der kurzen Dimension des Saales gegenüberliegt,
und dessen Eingang sie selbst, um das Blendlicht abzu-
sperren, mit Vorhängen zu verdecken vorschlägt, vortreff-
lich zn entsprechen! Sie bedarf für ihr „ästhetisches"
Gefühl nach der ersten kolossalenErweiterung des „Durch-
ganges" in der Rotnnde noch eines zweiten, breit ausla-
denden Ranmes, vermuthlich um noch einmal frei und
tief Luft zu holen, Levor sie sich in den Strudel der ästhe-
tischen Genüsse im neuen Museum stürzt.

Die zwei zu beiden Seiten folgenden Kompartiments
sollen dann auch zu je einem gemeinsamen Raume mit
Oberlicht zusammengezogen werden, um eine „angemessene
Vermittelung —

jNatürlich! Alles nur zur größeren Verschönerung des
Schinkel'schen Baues!)

„zwischen dem größeren Uebergangssaale und den ältercn
kleincn Kompartimenten" herbeizuführen. Denn nach
Osten hin bleiben dieselben ja mit ihren ursprünglichen
Fenstern erhalten, und von den beiden ersten Komparti-
menten von Westen her heißt es: Es würde zwar „auch hier
dic Vereinigung zu einem einzigen Raume unzweifelhaft
j! und dennoch nicht?!) den Gemälden eine vollkommnere
Beleuchtung verschaffen, als es mit Beibehaltung ihrer
jetzigen Größe möglich ist; die Mehrheit der Kommission
glaubt aber diesen Vortheil aufgeben zu sollen: um" —
man wird versucht zu ergänzen: um beidenParteien den
Mund zu stopfen; in der That heißt es aber, wovon es
werth ist Akt zu uehmen, weil dadurch eiu Hauptein-
wand gegen die veränderte Raumeintheilung im Princip
als berechtigt und unanfechtbar ancrkannt wird —: um
„keinerlei Einbuße derbisherigen Bildwände zu erleiden".

Es wird nämlich hieran das trügerische Nechen-
exempel geknüpft, daß nach den Vorschlägen der Kom-
mission acht Fensterwände für Bilder gewonnen werden,
uud durch Beseitigung von vier Zwischenwänden acht aus-
drücklich als „eben so große" bezeichnete Wandflächen ver-
loren gehen.

Das ist nun aber, wie der flüchtigste Blick in die
Galerie oder auf den flüchtigsten Grundriß lehrt, ziem-
lich weit davon entfernt richtig zu sein; denn die
Fensterwände sind nur achtzehn Fuß lang, die Quer- i

wände aber beinahe zweiundzwanzig Fnß, was, den
Ueberschuß der Länge nur zu 3^/z Fuß angenommen, bei
sechzehn Fuß hoher Bilderzone für jedeWand einen Aus-
fall von 56 Quadratfuß, bei acht Wänden also ein —
schwerlich blos übersehenes — Deficit von 448 Qua-
dratfuß ergiebt!

llnd büßte nicht eine „Sachverständigcn"-Kom-
mission schon allen Glauben ein, wenn sie so etwas zu
„übersehen" im Stande wäre? An andere Gründe der
Aussagc wagen wir aus naheliegenden Gründen natür-
lich garnichtzu denken. Jedenfalls wissen wir, was von
dem „sachverständigen" Gutachten zu halten ist, das an
diese Scheinrechnung die Versicherung zu knüpfen kein
Bedenken findet:

„Es entsteht also (!!) kein Verlust an nutzbarer
Wandfläche für die Sammlung; vielmehr wird dieselbc
eher noch vermehrt durch die Beschaffung größerer Räume,
in denen es sehr wohl (?!) statthaft ist, die Aufhängung
der Gemälde bis zu einer Höhe von achtzehn Fuß anzu-
ordnen."

Das ist thatsächlich falsch, mindestens den Vcr-
hältniffen unaugemcssen geurtheilt. Wcnn Bilder höher
hinauf hängen als sechzehn Fuß, so wird allerdings
häufig (bei sehr großem llmfange der Bilder und min-
destens lebensgroßem Maßstabe der Darstellungen) ein
weiterer Abstand, als die Kompartiments des Berliner
Museums ihn zu nehmen gestatten, für den Beschauer
wünschenswerth. Nicht aber berechtigt umgekehrt ein
größerer Raum einfach zum Höherhängen der Bilder,
sondern man darf damit, will man den Bedürfnissen
einer kunstgeschichtlichen Sammlung genügen (und neben-
bei im vorliegenden Fall Schinkel's ausdrücklichen, von
der höchsten Einsicht geleiteten Willen respektiren), nur
bis zu einer gewissen Gränze gehen, jenseits deren die
Bilder aufhören niit ihrer Jndividualität zu wirken und
anfangen, lediglich Dekorationsstücke zu werden, einer
Gränze, die nicht im Mindesten von der Größe eines
Bildersaales, sondernlediglichvonder absolutcnLeistungs-
fähigkeit des menschlichen Auges abhängig ist.

Mit Rücksicht darauf aber muß Schreiber dieses, der
sich eiues Auges von vorzüglicher Schärfe und ausge-
zeichnetem Akkommodationsvermögen erfreut, nach seiner
Erfahrung bei Studien in einer großcn Anzahl dentschcr
und ausländischer Galerieu jene von Schinkel und
Waagen angenommene und in der Berliner Gemälde-
sammlung bisher inne gehaltene Gränze als die äußerste
zulässige erklärcn, und er schließt sich sogar entschieden
dcnjenigen an, die, wie Waagen in seincm Gutachten
nnttheill, gewisse Bildcr in solcher Höhe der Beurtheilung
schon für entrückt erachtcn.*) Es sind dies die Bilder aus

*) Mit diesem Urtheil stimmt die Anordnung, welchc
Hansen in seinem Entwnrfe der Wiencr Mnseen vorgc-
schlagen hat, »ollkommen überein; er statuirte nur eine 15
Fuß hohe Behängfläche. A. d. Herausg.
 
Annotationen