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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0005

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Links sehen wir Justinian, den Wiederhersteller der Kaiserli-
chenMachtin JtaliennebendemBischofFalcovonToulouse,
und hinter ihnen Rahab, welche gleichsam die Magdalene
des alten Bundes ist. Rechts sitzen die erhabenen Gestal-
ten von Bonaventura, Albertus Magnus und Thomas von
Aquino. Die erste Gruppe ist den Sphären des Neptnn
und der Venus, die zweite dem Sonnenhimmel entnommen.
-— Gleichzeitig war bei Bismeyer und Kraus noch ein
anderer kleiner Karton ausgestellt, der besonders deshalb
interessirte, wcil er der Entwurf zu einem der letzten Ge-
mälde war, das der jüngst verstorbene Emanuel Lcutze
vor seiner Uebersiedelung nach Amerika hier vollendete,
eine Scene aus Thomas Moore's Gedicht „Paradies und
Peri" darstellend. Ein größerer Studienkopf desselben
Meisters befindet sich ebenfalls seit längerer Zeit auf dieser
Ausstellung. Beide Arbeiten sind verkäuflich, was wir
nicht unerwähnt lassen wollen, um etwaigen Wünschen,
die nach Leutze'schen, in Deutschland so seltenen Werken
laut werden könnten, einen Fingerzeig zu geben. — Von
den Schöpfungen lebender Künstler ist ein Historienbild
von Moritz von Beckerath anzuführen, welches den Tod
des jungen Herzogs Ulrich von Würtemberg in der Döf-
finger Schlacht behandelt. Schwungvolle Komposition
und ein ächt historischer Styl, der freilich mitunter gesucht
bizarr erscheint, waren auch diesem Werke des talentvollen
Schülers von Kehren nnd Schwind eigen, welches in
koloristischer Beziehung einen außerordentlichen Fortschritt
bekundet. Großes Aufsehen erregte ein Altargemälde
von Professor Adolf Tidemand, weil dieser als Genre-
maler so hervorragende Künstler sich darin zum ersten
Mal auf einem Gebiete zeigte, welches ihm bisher völlig
fremd war. Jn liebenswürdiger Bescheidenheit soll sich
der treffliche Meister lange gesträubt haben, den ihm von
der Dreifaltigkeitskirche zu Christiania gewordenen Auf-
trag anzunehmen, bis es dem wiederholten Drängeu
seiner Landsleute endlich gelungen, ihn zur Ausführuug
zu bewegen, die nun aber auch in vieler Beziehung zu
loben ist. Das Gemälde, in einer Höhe von 12^/z und
einer Breite von 7^/z Fuß, zeigt die Taufe Christi im
Jordan; wir sehen den Heiland mit über der Brust ge-
kreuzten Armen im Flusse stehen, während Johannes, der
mit dem rechten Bein auf einem Felsstein kniet, aus einer
Muschel in der hocherhobenen Hand das Wasser auf das
demüthig gesenkte Haupt des Gottmeuschen träufeln läßt.
Ueber Beiden schwebt in einem Lichtstrahl die weiße Taube
als Symbol des heiligen Geistes. Die Situation ist
einfach und würdig aufgefaßt und besonders die markige
Gestalt des Täufers meisterlich behandelt. Ein idealerer
Ausdruck im Kopf des Erlösers möchte vielleicht wün-
schenswerth erscheinen, wie wir uns überhaupt dessen
Erscheinung großartiger und erhabener vorstellen. Der
Künstler beabsichtigte aber vielleicht das Menschliche mehr
als das Göttliche hervorzuheben, und wenn wir das Be-

rcchtigte einer solchen Auffassung zugeben, dürfte wohl
kaum etwas an dem Werke zu bemäkeln sein, da es in
malerischer Wirkung, breiter Behandlung und leuchtcnder
Farbe zu dem Besten gehört, was in den letzten Jahren
hier geschaffen. Auch die laudschaftliche Umgebung ist
vorzüglich; wir sreuen uns, daß Tidemand's oft schwan-
kende Gesundheit die Vollendung eines so hervorrageudeu
Bildes gestattete.

Von tüchtigen Genrebildern führen wir das „Wunder-
thier" von Hiddemann und den „Kursaal" von Nor-
denberg an, von welchen besonders ersteres ungemein
gefiel. Es behandelt in trefflicher Charakteristik eine Ge-
sellschaft schwarzwälder Bauern, die über die Künste eines
Affen ihr Staunen auf die verschiedenste Weise äußert.
Auf dem Gebiet der Landschaft haben wir mehrere Ge-
mälde namhaft zu machen, die aus der großen Menge der
Durchschnittsbilder vortheilhaft heraustreten, so die
große „Westfälische Gegend" von Ed. A. Jreland, die
„holländische Haide" von Lommen, der „Norwegische
Wasserfall" von Herzog, der„deutsche Wald" von Felix
Kreutzer, die „Parthie aus Ober-Bayern" von Bern-
hardy, der „Wald bei Nenenburg" von Lot und
kleinere Bilder von Maurer, Hilgers, von Perbandt
und Aug. Weber. Die „Weinprobe im Klosterkeller"
von A. von Wille kann ebenso gut als Architektur- wie
als Genrebild lobend erwähnt werden, während Emilie
Preyer mit ihrem „Stillleben" ihrem berühmteu Vater
ebenbürtig nachstrebt. Von auswärtigen Kunstwerkcn
machte der „spanische Lanzenfechter beini Stiergefecht" von
I. L. Gsrome viel von sich reden; wenn wir auch der
Naturwahrheit und der vollendeten künstlerischen Durch-
sührung dieses Bildes die unbegränzte Bewundcrung
zollen müssen, so können wir uns doch in keiner Weise für
den Gegenstand interessireu. Wir bedauern vielmehr, daß
der Künstler seine glänzende Begabung an der Wieder-
gabe eines langweiligen Cirkus verschwendet hat. —
Josef Kehren und Albert Baur hatten einige große
Zcichnungen nach den Alfred Rethel'schen Fresken im
Aachener Kaisersaal ausgestellt, die als Nietenblätter des
rheinisch-westfälischen Kunstvereius in Holzschnitt ver-
vielfältigt werden sollen und mit verständnißvoller Be-
rücksichtigung dieses Zwecks als äußerst gelungen zu rühmen
waren. Auch zwei römische Landschaften, die Albert
Hertel gezeichnet, und ein in Kreide ausgeführtes Damen-
portrait von Josef Scheurenberg sind als verdienst-
liche Arbeiten anzuführen.

Vermisrhtc Ännstnachrichten.

* Dürcr's Trinmphwage» und sein Antheil am Trinmph-
znge Kaiser Maximilian's I. Unter diesem Titel veröfsentticht
unser verehrter Mitarbeiter Dr. M. ^hausing an der Shitze
des vor Kurzem erschimenen 6. Heftes der „Mittheilnngen der
k. k. Central-Kommission zur Erfvrschung der Baudmkmale"
eine Abhandlung, die neues Licht itbcr die genannten Kunst-
 
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