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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Meyer, Bruno: Der Umbau des Schinkel'schen Museums in Berlin, [2]
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9i

Bezügc auf's Klarste hcrauszustellen, und ihren Zweck
erreicht, berührt nicht im Mindesten unangenehm, würde
aber schou in zwei- oder dreimal so grvßen Sälen uner-
träglich für den Anblick sein und einer architektonisch
strengeren weichen müssen.

Nicht minder wichtig aber ist es, daß erfahrungsgemäß
die Unterbringung disparaten Stoffes auf Wänden, die
man doch von mauchen Punkten aus gleichzeitig übersieht,
keine genügende Trenuung bewirkt, um die unwillkürliche
Vermischung der verschiedenen Eindrücke zu verhindern.
Als Beispiel mag die lange Galerie des Louvre angeführt
werden, in der zu keiueswegs in unserm Sinne anspre-
chender Wirkung die deutschen Schulen den altniederländi-
schcn, die holländischen Meistcr dem Rubens gegenüber-
häugen u. s. w. Uebrigens soll ja ästhetisch der Saal cine
Einheit scin, nicht eine Waud, in der Ausstaitung mit
irgeud welchen Objekten, Kunstwerken, Möbeln u. s. w.,
eben so wie es widersinnig sein würde, die vier Wände
eines Saales in verschiedenen architektonischen Charakteren
anszubilden. Kleine Kompartiments, Abschläge gleichsam
von einem großen Saale, machen in der Beziehung na-
türlich keine solchen Ansprüche, sie sind bescheidener, ordncn
sich ganz den aufgestellten Kunstwerken unter, uud sind
daher den Anforderungen ciner historisch geordneten Ge-
mäldegalerie, namentlich von dem Charakter der Berliner,
angemessener, als großc nnd selbst mittlcre Säle. Groß
gcnug für die nöthige Distanz zum Ueberschauen dcr um-
fangreicheren und mehr auf Fernwirkung berechncten Werke
müsscn sie sein (und siud die Bcrliner Kabinete); was
darüber ist, das ist zum Mindesten Luxus, meist gar vom
Uebel. —

Nach der vorausgcschickteu, durch den lctzten Exkurs
hoffentlich nicht in Vcrgessenheit gerathenen Beleuchtung
der projektirtcn größeren Räume bilde man sich ein Urtheil
über „die Ueberzeugung sämmtlicher Kommissionsmitglie-
der, daß in ihncn dic Betrachtung und Würdigung aller
Meisterwerke der Galerie gegen früher wesentlich gewinnen
wird" —

sDas richtet sich gcgcn die scinsinnigc Beinerkung
Schuaase's über dicglücklicheJsolirung dcs Beschauers
nüt seiner Betrachtung in dcr Bcrliner Galerie, beson-
ders bci den ältcrcu Gemälden, eine Benierkung, die na-
türlich so leichten Kaufcs nicht abzuthnn ist.j
„ uud sie zugleich eiueNothweudigkeit snatürlich! wie iiniuer!)
siud, um cndlich cinmal Gelegeuheit zu haben, auch größere
Bilder aufhängen uud aus angemessener Eutferniing be-
trachten zu könncn."

Das ist vortrefflich! Da stehen wohl einige Dutzend
riesiger Nnbens, Velasguez, Veronese n. s. w. in den
Döpöts? Aus zarter Rücksicht sind wohl die herrlicheu
nihthologischcn Fresken Luini's, dic viel klciner sind,
als manche trefslich zn sehendc Bilder in der Galeric,
lieber einstweilen im Kupfcrstichkabinet den Blicken (des
Publikunis wenigstens) ganz cntzogcn? Deswegen ist

wohl der jetzt aus dem Amte scheidende Generaldirektor
so zurückhaltend mit bedeutenden Ankäufen für die Ge-
mäldegalerie gewesen und hat seiner Zeit gar keinc Anstal-
ten gemacht, das neuerdings (durch Woltmann, Holbein II,
452 ff.) historisch beglaubigte, aber schon damals. von
Waagen erkannte Original der Holbein'schen Ma-
donna mit der Familie des Bürgermeister Meyer, jetzt
in Darmstadt, das erste Bild der deutschen Renaissance-
kunst, der Berliner Galerie zu erwerben?

Was soll man zu solchen Spiegelfechtereien sagen?
Und auf wstches Publikmn sind sie berechnet? —

Durch die Summe all dieser „Nothwendigkeiteu", zu
denen noch die allerdings durch Oberlicht bedingte Er-
höhung der kouservirten Querwände kommt, wird nun
aber nach der Kommission die nur einigermaßen gleichmä-
ßige Erwärmnng der einzeluen Nämne zur Unmöglichkeit.
Ueberdies geht der bisherige Eindrnck eines einzigen großen
Saales, den man, wenn auch unbewußt, empfand salso
doch ls, durch Erhöhung der Zwischenwände völlig verloren
seine schöne Empfehlunglj, und es bleibtfür den Beschauer,
wenn dcr Anschluß der Wände an die Decke nicht erfolgt,
die architektonische Ausbildung der einzelnen Räume ein
eben so nnschönes als unerklärbares Räthsel." —

Merkwürdig! Der Schinkel'sche Bau scheint für die
ihm wohlwollend zugedachte Berschönerung schon in der
Anlage verdorben. Doch kann der Kommission vielleicht
von ihren Befürchtungen geholfen werden. Die Galerie
des Grafen Raczynski in Berlin ist in einem großen
Saale untergebracht, der durch eine fast bis zur Decke
ansteigende Wand in zwei Kompartiments getheilt ist.
NichtSdestoweniger ist der Eindrnck cines einheitlichen
bedeuteuden Nanmes unbeeinträchtigt.

Die Umwandlung des Nordsaales macht daher (!)
auch eine Aenderung der Heizung „unerläßlich" s—noth-
wendigj, die außerdem durch die Nücksicht auf die Bilder
und dieBcsucher der Sammlung „aufdas Dringeudste (!)
gebvten" ist. Auf Grund dessen wird „einstimmig" (!)
um Einführung einer Warm- oder Heißwasserheizung an
Stellc der bisherigen Luftheizung gebeten.

Dies aus den Wolkeu gefallcne Projekt ist seiner
Zeit schon genügend gewürdigt. Hier nnr die Bemerknng,
daß es thatsächlich unrichtig ist, nnd dahcr wohl schwerlich
„nur eine Stinime darübcr" sein wird, daß die Lnft-
heizung die Bilder beschädigt, die Besucher belästigt und
die Räume nicht gut erwärmt. Jn letzterer Beziehung
ist zu bemerken, daß es allerdings nicht angenehm ist,
einer Ausstrvmungsöfsniing dicht gegenüber zu stehen,
daß sonst aber die Nämne behaglicher und namentlich
gleichmäßiger erwärmt sind, als die des neuen Musenms
durch seinc Wasserheizung. Auch in diesem Punkte kann
übrigens die oben erwähnte Privatgalerie zur Beruhigung
dienen. Trotz der hohen Zwischenwand sind dnrch einc
Ausstrvmuligsöffnung beide Kompartimente ansreichend
und gleichmäßig erwärmt. Jedenfalls würde eS viel
leichter und schr viel wohlseiler sein, in jedem ncu ab-
 
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